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Tipps und Tricks für die Liquiditätssicherung

Jeder Unternehmer freut sich, wenn das Bankkonto des Unternehmens einen angenehmen Finanzpolster aufweist. Doch gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann die Finanzreserve schnell aufgebraucht sein. In diesem Fall müssen Unternehmer schnell handeln und die dringend notwendige Liquidität sichern.

Generell wird unter Liquiditätssicherung die Fähigkeit verstanden, fällige Verbindlichkeiten zu jedem Zeitpunkt bedienen zu können. Dies kann zum Beispiel über das Halten von ausreichend Bar-Beständen oder aber die Vereinbarung von Kontokorrentrahmen erfolgen, die im Bedarfsfall ausgeschöpft werden können.

Wie können Unternehmer jetzt konkret Ihre Zahlungsfähigkeit erhalten und sichern?

Kurzfristige Liquiditätsplanung

Der erste Schritt für Unternehmer, die proaktiv Liquiditätssicherung betreiben wollen, ist die Analyse der Ist-Situation. Ausgehend vom aktuellen Bankstand empfiehlt es sich, eine kurzfristige Liquiditätsplanung zu erstellen. Diese soll sämtliche erwarteten Ein- und Auszahlungen berücksichtigen und möglichst realitätsnah sein. Für die nächste Woche sollte die Planung auf Tagesbasis, für die nächsten vier bis sechs Wochen auf Wochenbasis und für einen darüberhinausgehenden Zeitraum auf Wochen- oder Monatsbasis erstellt werden. Dabei gilt: Je besser die Datenbasis, desto verlässlicher ist die Aussage der Planung. Eine solide Liquiditätsplanung zeigt einem Unternehmer sehr rasch auf, ob in der nahen Zukunft eine Liquiditätslücke zu erwarten ist, wie groß diese Lücke sein wird und wie rasch dafür eine Lösung gefunden werden muss.

Reduktion der Kapitalbindung

Ein erstes Instrument für die nachhaltige Verbesserung der Zahlungsfähigkeit ist die verbesserte und bewusstere Steuerung des Nettoumlaufvermögens (Working Capital Management). Jedes Mal, wenn ein Unternehmer eine Rechnung legt und hierbei ein Zahlungsziel (zB 30 oder mehr Tage) gewährt, ist das nichts anderes als ein kleiner Kredit, der an die Kunden vergeben wird. Dies führt dazu, dass dringend be- nötigte Liquidität gebunden ist.

Dieses gebundene Kapital kann freigesetzt werden, indem die Dauer zwischen Leistungserbringung und Rechnungslegung reduziert wird und folglich rasch Rechnungen gelegt werden. Zudem können die gewährten Zahlungsziele verkürzt werden und bei verspäteten Zahlungen rascher der Mahnprozess gestartet werden. 

In diesem Zusammenhang sollten Unternehmer die ihnen eingeräumten Zahlungsziele möglichst ausreizen oder sogar um eine Verlängerung ansuchen.

Schließlich kann der Geldbestand optimiert werden, indem weniger Vorräte auf Lager gehalten werden oder, so es möglich ist, gänzlich auf Just-in-time Lieferungen umgestellt werden.

Kurzfristige Liquiditätssicherungs- maßnahmen

Während die bewusste Steuerung des Nettoumlaufvermögens einen nachhaltig positiven Effekt auf den Kapitalbestand hat, führt der Verkauf von Umlauf- oder Anlage- vermögen zu einem kurzfristigen, positiven Einmaleffekt auf den Geldbestand.

Im Zusammenhang mit dem Umlaufvermögen könnten zum Beispiel nicht mehr benötigte Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen verkauft werden. Zudem können auch Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, die zum Beispiel ein langes Zahlungsziel aufweisen, gegen einen kleinen Abschlag auf die Forderungshöhe an eine Factorbank bzw. eine Factoringgesellschaft abgetreten bzw verkauft werden (Factoring). Dadurch fließt der geschuldete Geldbetrag sofort ins Unternehmen und das Eintreten des Zahlungsziels muss nicht mehr abgewartet werden. Zudem kann ein stilles Factoring vereinbart werden, bei dem der Schuldner nicht über den Verkauf der Forderung informiert wird. Der Schuldner bekommt damit die vermeintlichen Zahlungsengpässe des Unternehmers nicht mit.

Zusätzlich kann Liquidität durch den Verkauf von Anlagevermögen freigesetzt werden. Am einfachsten und unproblematischsten ist der Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen, also Vermögensgegenstände, die nicht für
die eigene Leistungserstellung benötigt werden. Etwas komplizierter ist der Verkauf von betriebsnotwendigem Vermögen. Hierzu bieten sich Sale-and-Lease-Back Konstruktionen an, die zu einem kurzfristigen Liquiditätsanstieg führen. Dabei wird in einem ersten Schritt (sale) ein Vermögensgegenstand aus dem Eigentum des Unternehmens (zB ein Bürogebäude oder eine Produktionsmaschine) an eine Leasinggesellschaft verkauft, wodurch sofort der Kaufpreis als zusätzliche Liquidität ins Unternehmen fließt. In einem zweiten Schritt (lease-back) vermietet die Leasinggesellschaft den Vermögensgegenstand an das Unternehmen zurück. Zu beachten ist, dass in der Folge regelmäßige Zahlungen für den Vermögensgegenstand fällig werden (Leasingraten), die ohne Sale-and-Lea- se-Back nicht anfallen würden.

Identifikation und Reduktion von Fixkosten

Klarerweise kann die Liquiditätssituation auch über die Reduktion von Kosten verbessert werden. Dabei sollten Unternehmen alle Ausgaben senken, aufschieben oder stoppen, die nicht unmittelbar der Weiterführung des Betriebes dienen. Beispiele hierfür sind die Reduktion von nicht unmittelbar notwendigen Reise- oder Marketingausgaben, die Verschiebung von Investitionen oder die Einbehaltung von Gewinnausschüttungen und Gesellschafterauszahlungen. Ergänzend dazu kann auch die Stundung von fälligen Zahlungen wie Kredittilgungen oder Steuerzahlungen zu einer vorübergehenden Verbesserung der Liquiditätssituation beitragen.

Bei Stundungen ist zu erwähnen, dass diese nur einen vorübergehend positiven Effekt auf die Zahlungsfähigkeit haben.

Zu beachten ist nämlich, dass gestundete Zahlungen lediglich aufgeschoben sind und zu einem späteren Zeitpunkt sehr wohl zu bezahlen sind.

Überbrückungsfinanzierung und Umschuldungen

Des Weiteren kann die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens auch durch die Kapitalzufuhr von außen erhöht werden. Hierbei kann sowohl auf Instrumente der Fremd- als auch Eigenfinanzierung zurückgegriffen werden. Neben der Erhöhung von bereits bestehenden Kreditlinien haben Unternehmen die Möglichkeit einen Überbrückungskredit bei einer Bank zu beantragen. In der Regel handelt es sich dabei um eine äußerst kurzfristige Form der Kapitalüberlassung (in der Regel wenige Monate). Wie bei vielen anderen Krediten auch, verlangen Banken dafür häufig Sicherheiten in Form von Hypotheken oder Pfandrechten an Immobilien, Grundstücken, Forderungen oder Fahrzeugen. Sind im Unternehmen keine Sicherheiten mehr vorhanden, werden häufig Sicherheiten durch die Gesellschafter oder Dritte verlangt. Häufig verlangen Banken für die Gewährung von Krediten eine solide Liquiditätsplanung und eine plausible integrierte Planungsrechnung bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Cashflow-Rechnung für die nächsten 1 bis 3 Jahre.

Darüber hinaus können die Eigentümer des Unternehmens auch Einlagen leisten oder ein Gesellschafterdarlehen geben. Alternativ kann auch ein neuer Partner mit an Board geholt werden, der im Rahmen einer Kapitalerhöhung liquide Mittel zuschießt.

Conclusio

Ein Engpass bei den liquiden Mitteln kann bei jedem Unternehmen rasch zur Zahlungsunfähigkeit und damit potentiell auch in eine Insolvenz führen. Wir wollten Ihnen daher mit den oben beschriebenen Vorschlägen zeigen, wie Sie proaktiv eine so lebensbedrohliche Situation für Ihr Unternehmen frühzeitig erkennen und auch vermeiden oder beheben können. Wir haben dabei bewusst keine COVID-19 spezifischen Instrumente wie Kurzarbeit, Fixkostenzuschuss oder AWS Garantien erwähnt, damit unsere Empfehlungen und Vorschläge auch auf zukünftige Unternehmens- und Wirtschaftskrisen anwendbar sind. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen ein zu jeder Zeit angenehm gefülltes Bankkonto!

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