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(Steuer)Tipps zum Jahresende für kleine und mittlere Unternehmen - Gibt es Handlungsbedarf für Sie?
Nutzung des Zufluss-Abfluss-Prinzips beim Einnahmen-Ausgaben-Rechner
Mit gewissen Einschränkungen ist es möglich, durch Verschiebung bzw Vorziehen der Zahlung von Einnahmen oder Betriebsausgaben, den Gewinn zu „gestalten“; zum Beispiel Vorziehen von Lieferant:innenzahlungen, Vorauszahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe der zu erwartenden Nachzahlung, Honorarvorauszahlung an den oder die Steuerberater:in, entsprechendes Timing bei der Übermittlung von Ausgangsrechnungen an Kund:innen, um Einnahmen noch ins laufende Jahr vorzuziehen oder ins Folgejahr zu verschieben. Analoges gilt auch für Überschussrechner, insbesondere bei Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung.
Investitionen noch vor dem Jahreswechsel
Für Anlagevermögen, das noch vor dem Jahresende angeschafft und auch in Betrieb genommen wird, ist eine steuerliche Halbjahres-Abschreibung möglich. Wirtschaftsgüter mit einem Anschaffungswert von nicht mehr als EUR 1.000 sogenannte geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG; Anschaffungswert bis 2022 maximal EUR 800) können sofort abgeschrieben werden. Bei bestimmten abnutzbaren Anlagevermögen besteht als Alternative zur linearen Abschreibung auch heuer die Möglichkeit einer degressiven Abschreibung; hierbei ist ein fester, frei wählbarer Abschreibungssatz von bis zu 30 % auf den jeweiligen Restbuchwert (unter Berücksichtigung der Halbjahres-Abschreibung) anzuwenden. Die degressive Abschreibung steht allen Gewinnermittlungsarten, wie auch dem außerbetrieblichen Bereich offen. Gewinnermittler:innen nach § 5 Abs. 1 EStG können die degressive Abschreibung ab 01.01.2023 steuerrechtlich nur dann in Anspruch nehmen, wenn diese auch in der Unternehmensbilanz zur Anwendung gelangt (Maßgeblichkeit des Unternehmensrechts, § 124b Z 356 EStG). Für nach dem 30.06.2020 angeschaffte, hergestellte oder eingelegte Gebäude ist eine beschleunigte Abschreibung vorgesehen; der Abschreibungsprozentsatz kann höchstens das Dreifache des gewöhnlichen Abschreibungssatzes betragen und beträgt im ersten Jahr bis zu 7,5 % bzw 4,5 % im außerbetrieblichen Bereich, im darauffolgenden Jahr bis zu 5 % bzw 3 %; ab dem zweitfolgenden Jahr 2,5 % bzw 1,5 %. Die Halbjahres-Abschreibungsregelung ist dabei nicht anzuwenden, sodass auch bei Anschaffung oder Herstellung im zweiten Halbjahr die volle Jahresabschreibung zusteht.
Überprüfung von Abschreibungserfordernissen
In Vorbereitung auf die Bilanzierung sollte das Anlagevermögen kritisch auf mögliche Abschreibungserfordernisse durchgesehen werden. Dies betrifft sowohl die Werthaltigkeit als auch das Vorhandensein der Wirtschaftsgüter. Bei nicht mehr vorhandenen Wirtschaftsgütern (z.B. Abgang durch Defekt) ist der Restbuchwert auszubuchen.
Keine Gewinnverwirklichung bei unfertigen Erzeugnissen und noch nicht abrechenbaren Leistungen
Unfertige und fertige Erzeugnisse, Waren und noch nicht abrechenbare Leistungen sind in der Bilanz mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten anzusetzen, es unterbleibt somit eine Gewinnrealisierung. Darauf erhaltene Anzahlungen sind nicht ertragswirksam, sondern als Passivposten in der Bilanz zu erfassen.
Bewertung von Forderungen, Rückstellungen
Bestehende Forderungen sind zum Bilanzstichtag zu bewerten. Seit dem Wirtschaftsjahr 2021, ist steuerlich unter bestimmten Voraussetzungen eine pauschale Wertberichtigung von Forderungen zulässig. Unverzinsliche Forderungen sind abzuzinsen. Für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften sind entsprechende Rückstellungen zu bilden. Analog zur pauschalen Forderungswertberichtigung ist auch eine pauschale Bildung von Verbindlichkeitsrückstellungen unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich zulässig. Pauschale Drohverlustrückstellungen und Aufwandsrückstellungen sind nach wie vor ausgeschlossen.
Nutzung des Gewinnfreibetrages
Für natürliche Personen mit betrieblichen Einkünften, die mittels Bilanzierung oder Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erfasst werden, steht ein Gewinnfreibetrag (GFB) zu. Der GFB beträgt ab 1.1.2022 15 % des Gewinns bis EUR 30.000, maximal somit EUR 4.500. Für Gewinne, die diesen Betrag übersteigen, beträgt der GFB 13 % des Gewinns bis EUR 175.000; für darüber hinaus gehende Gewinne beträgt der GFB 7 % des Gewinns bis EUR 350.000; und für darüber hinaus gehende Gewinne beträgt der GFB 4,5 % des Gewinns bis EUR 580.000; für Gewinne darüber steht kein GFB mehr zu.
Bis zu einem Gewinn von EUR 30.000 steht der GFB automatisch zu (Grundfreibetrag); für Gewinne über EUR 30.000 steht der GFB nur dann zu, wenn bis zum Jahresende Investitionen in begünstigte(s) Sachanlagevermögen und/oder Wertpapiere getätigt werden (investitionsbedingter Gewinnfreibetrag).
Begünstigt sind abnutzbare körperliche Wirtschaftsgüter mit einer Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren (ausgeschlossen sind jedoch u.a. gebrauchte Wirtschaftsgüter, PKW/Kombi, GWG) sowie bestimmte begünstigte Wertpapiere, die dem Anlagevermögen mindestens vier Jahre gewidmet werden.
Wird eine Betriebsausgabenpauschalierung in Anspruch genommen, steht nur der Grundfreibetrag zu.
Investitionsfreibetrag (neu ab 2023)
Für nach dem 31.12.2022 angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter besteht die Möglichkeit der Inanspruchnahme des neuen Investitionsfreibetrages (IFB). Dieser ermöglicht eine zusätzliche Abschreibung von 10 % bzw. 15 % bei klimafreundlichen Investitionen der Anschaffungskosten von Anlagegütern, bis zu maximal EUR 1 Mio Anschaffungskosten pro Jahr. Der Investitionsfreibetrag kann als Betriebsausgabe geltend gemacht werden, die Abschreibung wird davon nicht berührt und steht unabhängig davon zusätzlich zu.
Um den Investitionsfreibetrag zu nutzen, müssen die Anlagegüter eine Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren aufweisen und einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte zugeordnet sein. Ausgenommen vom IFB sind insbesondere jene Wirtschaftsgüter, für die bereits der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen wurde, oder Wirtschaftsgüter, die einer Sonderform der Abschreibung unterliegen, außer Fahrzeuge mit einem CO2-Emissionswert von 0 g/km. Auch geringwertige Wirtschaftsgüter, immaterielle Wirtschaftsgüter (außerhalb der Bereiche Digitalisierung, Ökologisierung und Gesundheit/Life-Science), gebrauchte Wirtschaftsgüter und Anlagen die der Förderung, dem Transport oder die Speicherung fossiler Energieträger dienen, sind vom Investitionsfreibetrag ausgeschlossen.
Im Jahr, in dem ein Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt wird, steht die Option offen, den Investitionsfreibetrag (IFB) zu beanspruchen. Bei Wirtschaftsgütern, die auch für den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag qualifizieren, empfiehlt sich ein Vorteilhaftigkeitsvergleich. Bei ausreichender Liquidität ist es steueroptimal, getätigte Investitionen in abnutzbares Anlagevermögen dem IFB zuzuweisen und für den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag zusätzlich in Wertpapiere zu investieren.
Verlustabzüge
Verluste aus kapitalistischen Mitunternehmer:innenbeteiligungen sind bei natürlichen Personen nicht ausgleichsfähig, insoweit dadurch ein negatives steuerliches Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Derartige Verluste sind nur als Wartetastenverluste für künftige Gewinne (oder Einlagen) aus derselben Einkunftsquelle vortragsfähig. Ein oder eine Gesellschafter:in ist als kapitalistischer oder kapitalistische Mitunternehmer:in anzusehen, wenn er oder sie Dritten gegenüber nicht oder eingeschränkt haftet (insb. Kommanditist, atypisch stiller oder stille Gesellschafter:in) und keine ausgeprägte Mitunternehmer:inneninitiative entfaltet (z.B. nicht oder weniger als 10 Wochenstunden in der Geschäftsführung tätig ist).
Vortragsfähige Verluste von natürlichen Personen sind zu 100 % mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte verrechenbar. Verluste von Einnahmen-Ausgaben-Rechnern können zeitlich unbegrenzt vorgetragen werden.
Nutzung der Einkommensteuer-Progressionsstufen
Das steuerpflichtige Einkommen bildet die Bemessungsgrundlage für die Steuerberechnung. Auf das Einkommen wird der Einkommensteuertarif angewendet. Der Tarif ist progressiv gestaltet. Dies bedeutet, dass das Einkommen gleichsam in einzelne Teile zu zerlegen und mit ansteigenden Steuersätzen, beginnend mit 0 % für die ersten EUR 11.693 bis zu 55 % für über EUR 1 Mio hinausgehende Einkommensteile, zu besteuern ist.
Bei der Planung der jährlichen Gewinne bzw des steuerpflichtigen Einkommens sollten „Ausreißer“ nach oben in höhere Progressionsstufen möglichst vermieden werden; dadurch reduziert sich nämlich die durchschnittliche Steuerbelastung bezogen auf einen Mehrjahreszeitraum.
Durch die hundertprozentige Verlustverrechnung (siehe Vorabsatz) können die Vorteile der Steuerfreiheit von Einkommensteilen bis EUR 11.693 bzw der niedrigeren Progressionsstufen des Einkommensteuertarifs nicht voll genutzt werden und dabei gehen dann auch Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen ins Leere. In derartigen Situationen kann es daher geboten sein, das steuerpflichtige Einkommen bis zum Jahresende zu erhöhen (zB. durch Vorziehen von Einnahmen oder Hinausschieben von Ausgaben beim Einnahmen-Ausgaben-Rechner oder Verschiebung von Investitionen ins nächste Jahr).
Spenden aus dem Betriebsvermögen
Spenden an begünstigte Spendenempfänger:innen sind bis zu 10 % des Gewinns des laufenden Wirtschaftsjahres absetzbar. Die begünstigten Spendenempfänger:innen müssen in einer dafür vorgesehenen BMF-Liste eingetragen sein (ausgenommen sind im Gesetz ausdrücklich aufgezählte Empfänger:innen wie z.B. freiwillige Feuerwehren und Landesfeuerwehrverbände); diese Liste ist auf der Homepage des BMF abrufbar. Daneben sind Geld- und Sachspenden in Katastrophenfällen steuerlich ohne Betragsbegrenzung als Betriebsausgaben abzusetzen, wenn sie mit einem Werbeeffekt verbunden sind.
Umsatzsteuer Kleinunternehmer:innenregelung
Die Kleinunternehmer:innengrenze liegt derzeit bei EUR 35.000 (netto, ohne Umsatzsteuer) pro Jahr; bestimmte steuerfreie Umsätze (wie zB. aus ärztlicher Tätigkeit) sind bei der Ermittlung der Kleinunternehmer:innengrenze nicht zu berücksichtigen. Ein einmaliges Überschreiten der Kleinunternehmer:innengrenze in fünf Jahren um bis zu 15 % ist möglich. Die Nutzung der Kleinunternehmer:innenregelung ist insbesondere dann von Vorteil, wenn keine größeren Vorsteuerbeträge aus bezogenen Leistungen angefallen sind bzw künftig anfallen und ihre Kund:innen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.
Registrierkasse
Mit Ende des Jahres ist ein signierter Jahresbeleg auszudrucken, zu prüfen und mindestens sieben Jahre aufzubewahren. Die verpflichtende Überprüfung des Jahresbelegs kann manuell mit der BMF-Belegcheck-App oder automatisiert durch die Registrierkasse (bis spätestens 15. Februar des Folgejahres) durchgeführt werden. Zu beachten ist auch, dass das vollständige Datenerfassungsprotokoll zumindest quartalsweise (und damit auch zum Jahresende) auf einem externen Datenträger zu sichern und ebenfalls mindestens sieben Jahre aufzubewahren ist.
Neue Selbständige – Sozialversicherung – Ausnahme von der Pflichtversicherung
Für „neue Selbständige“ besteht eine Pflichtversicherung in der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft, wenn die Versicherungsgrenze von EUR 6.010,92 im Jahr 2023 überschritten wird. Bei Feststellung der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des Einkommensteuerbescheides wird ein 9,3%-iger Strafzuschlag vorgeschrieben; dieser fällt nicht an, wenn das Überschreiten der Versicherungsgrenze binnen acht Wochen ab Ausstellung des maßgeblichen Einkommensteuerbescheides gemeldet wird.
Kleinunternehmer – Sozialversicherung - GSVG Befreiung
Für Gewerbetreibende und Ärzt:innen besteht bis zum 31.12.2023 die Möglichkeit der rückwirkenden Ausnahme von der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG. Die steuerpflichtigen Einkünfte dürfen maximal EUR 6.010,92 betragen und der Jahresumsatz darf nicht über EUR 35.000 liegen.
Antragsberechtigt sind Unternehmer:innen, die in den letzten 60 Kalendermonaten vor Beginn der Beantragung nicht mehr als 12 Monate nach dem GSVG oder FSVG pflichtversichert waren. Für Personen, die das 57. Lebensjahr vollendet haben, gibt es in Abhängigkeit vom Alter Erleichterungen bei den Voraussetzungen. Ausnahmebestimmungen bestehen weiters auch während des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld oder bei Bestehen einer Teilversicherung während der Kindererziehungszeit, sofern monatliche Einkünfte von maximal EUR 500,91 und monatliche Umsätze von maximal EUR 2.916,67 vorliegen.
Wurden unterjährig bereits Leistungen aus der Krankenversicherung bezogen, so gilt die Befreiung für die Krankenversicherungsbeiträge erst ab Einlangen des Antrages bei der Sozialversicherung (bis 31.12.2023).
Betriebsausgabenpauschalierung für Kleinunternehmer:innen
Kleinunternehmer:innen (bis zu einer Umsatzgrenze von netto EUR 40.000, bis 2022 EUR 35.000) können im Rahmen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung von der Pauschalierungsmöglichkeit für Kleinunternehmer:innen Gebrauch machen, wenn sie Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder gewerbliche Einkünfte erzielen. Ausgenommen von dieser Regelung sind Gesellschafter:innen-Geschäftsführer:innen, Aufsichtsratsmitglieder und Stiftungsvorstände. Auch Unternehmer:innen, deren Umsätze von der Umsatzsteuer unecht befreit sind (zum Beispiel Ärzt:innen), können diese Option nutzen. Dies wurde nun mit dem Abgabenänderungsgesetz 2023 klarstellend gesetzlich aufgenommen.
Die pauschalen Betriebsausgaben können mit 45 % (max EUR 18.900) bzw. bei Dienstleistungsbetrieben mit 20 % (max EUR 8.400) von den Betriebseinnahmen abgezogen werden. Zusätzlich sind die gezahlten Beiträge zur Pflichtversicherung, das Arbeitsplatzpauschale und 50 % der Kosten für betrieblich genutzte Netzkarten für den öffentlichen Verkehr absetzbar. Der Grundfreibetrag steht auch bei dieser Pauschalierung zu. Ob diese neue Kleinunternehmer:innen-Pauschalierung im Vergleich zur vollständigen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder zur Basispauschalierung steuerlich vorteilhaft ist, ist immer im Einzelfall zu beurteilen.