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Betriebsübergaben 

Planung ist das A und O

Andreas Kapferer von Deloitte Tirol begleitet Unternehmen bei Umgründungen sowie Betriebsübergaben. Im Experteninterview erklärt er, worauf Unternehmen dabei achten sollten und gibt er einen spannenden Einblick in seinen Beratungsalltag.

Wie unterstützt Deloitte Tirol bei Betriebsübergaben?

Generell arbeiten wir sehr projektbezogen: Die einzelnen Umgründungen oder Umstrukturierungen ergeben sich meistens aus der laufenden Beratung – wenn etwa die Pensionierung bevorsteht, aber das Unternehmen noch nicht übergeben werden soll. In so einem Fall braucht es eine vorbereitende Umstrukturierung. Zu Beginn werden in einer ersten Besprechung die Ziele sowie der Zeit- und Kostenrahmen abgesteckt. Danach wird ein steuerliches Grobkonzept erstellt und mit den beigezogenen Juristinnen und Juristen abgestimmt. Diese arbeiten dann die notwendigen vertraglichen Grundlagen aus, wir prüfen im Anschluss die Vertragsentwürfe. Bei all diesen Schritten halten wir laufend den Kontakt mit unseren Klientinnen und Klienten.

Worauf ist bei einer Betriebsübergabe zu achten?

Prinzipiell gestaltet sich jede Betriebsübergabe anders. Dementsprechend variieren auch die erforderlichen Maßnahmen. Wichtig ist aber in jedem Fall, dass sich die Unternehmen früh genug mit uns in Verbindung setzen, damit genügend Zeit für die Umsetzung bleibt. Denn Übergaben sind sowohl steuerlich als auch juristisch ein sehr breites Feld und genauso vielfältig sind die zu beachtenden Punkte. Deswegen gilt: Planung ist der Schlüssel zum Erfolg.

Zum Unternehmen gehört auch ein Betriebsgebäude – muss hier zusätzlich etwas beachtet werden?

Bei Betriebsgebäuden stellt sich die Frage, ob diese im Zuge der anstehenden Übergabe übertragen werden sollen oder ob diese von der übergebenden Person zurückbehalten und an die Nachfolge vermietet werden. Die Überlassung zur Miete ist etwa in Form einer Kommanditgesellschaft, an welcher der Übergeber oder die Übergeberin noch mit einem Kommanditanteil beteiligt ist, steuerlich problemlos möglich. Im Rahmen einer Betriebsaufgabe ist hingegen zu prüfen, ob die Hauptwohnsitzbefreiung auf das Gebäude zusteht. Diese ermöglich die Privatisierung von Betriebsgebäuden ohne Versteuerung der stillen Reserven, wenn im Gebäude der Hauptwohnsitz besteht.

Was sind die häufigsten Fehler bei Betriebsübergaben in der Praxis?

Wie bereits erwähnt: Gute Planung ist das A und O. Wenn sich die Übergeberin oder der Übergeber im Vorfeld zu wenige Gedanken über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens gemacht hat, führt das oft zu Nachteilen. Ein Beispiel: Die oben erwähnte Hauptwohnsitzbefreiung kann auch dazu genutzt werden, eine bis dahin gewerbliche Vermietung auf eine Apartmentvermietung umzustellen, ohne dass es zu einer Besteuerung der stillen Reserven am Betriebsgebäude kommt. Danach kann die Apartmentvermietung an die Nachfolge übertragen werden. Wenn diese Umstellung jedoch nicht bereits durch die übergebende Person erfolgt und diese den noch aufrechten Gewerbebetrieb überträgt, kann die übernehmende Person die Umstellung in der Regel nicht mehr steuerfrei durchführen – die Chance ist dann leider vertan.

Wann kann eine Änderung der Gesellschaftsform vor einer Betriebsübergabe sinnvoll sein?

Hier gibt es unzählige Szenarien. Am häufigsten resultiert die Änderung einer Gesellschaftsform jedoch aus der Absicht, die Leitung des Betriebes zu übergeben, aber bestimmte Vermögensteile wie Liegenschaften vorläufig noch zurückzubehalten. In diesem Fall bietet sich die Errichtung einer KG an, bei der die übergebende Person als Kommanditist beteiligt bleibt und die Liegenschaft an die Kommanditgesellschaft vermietet, während die Nachfolge als Komplementär die Geschäfte der Gesellschaft führt und Entscheidungen trifft.

Gibt es einen besseren oder einen schlechteren Zeitpunkt, einen Betrieb zu übergeben?

Die Praxis hat gezeigt: die Nachfolgeplanung sollte frühzeitig beginnen – denn die Nachfolgerinnen und Nachfolger brauchen in der Regel eine gewisse Zeit, um in die neue Rolle hineinzuwachsen und können nicht von heute auf morgen die volle Verantwortung übernehmen. Auch wenn die damit einhergehenden Entscheidungen oft schwierig sind, empfiehlt es sich dennoch, bereits frühzeitig die Weichen zu stellen. Bei größeren Familien mit mehreren Kindern wird im Zuge der Regelung der Betriebsnachfolge häufig auch die Aufteilung des restlichen Vermögens vorgenommen. Findet sich familienintern keine Nachfolge, wird eine Veräußerung des Unternehmens notwendig.

Es zeigt sich deutlich: All diese Entscheidungen brauchen einiges an Vorbereitungszeit und Energie, deshalb sollte die Regelung der Unternehmensnachfolge nicht auf die lange Bank geschoben werden.

Betriebsübergaben in Krisenzeiten

  • Inwiefern hat Corona einen Einfluss auf Betriebsübergaben?
    Durch die Pandemie hat sich die Anzahl der Betriebsübergaben insgesamt stark verringert. In stürmischen Zeiten wollen die Unternehmerinnen und Unternehmer offenbar abwarten, bis sich die Situation wieder beruhigt hat. Das ist verständlich, zumal das Ende der Corona-Krise – vor allem im Tourismus – derzeit noch nicht mit der notwendigen Klarheit absehbar ist.
  • Was gibt es in Zusammenhang mit der aktuellen Situation zusätzlich zu beachten?
    Zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-Krise hat die Bundesregierung eine Vielzahl an Unterstützungsmaßnahmen getroffen. Bei Übergaben und Umgründungen ist in diesem Zusammenhang zu prüfen, welchen Einfluss die Maßnahme auf die Anspruchsberechtigung der unterschiedlichen staatlichen Unterstützungen wie Fixkostenzuschuss, Umsatzersatz oder Ausfallsbonus hat. Eine steuerliche Detailprüfung im Vorfeld geplanter Umstrukturierungen ist dabei unerlässlich.
  • Macht es momentan überhaupt Sinn, einen Betrieb zu übergeben?
    Die derzeitige Krise hat dazu geführt, dass so manche Betriebsübergabe aufgeschoben wurde. In Ausnahmefällen – etwa wenn bereits jetzt ein Pensionsbezug der übergebenden Person möglich wäre – kann eine Übergabe trotzdem Sinn machen, um keine Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Hierbei ist allerdings zusätzlich zu den üblichen Prüf- und Bearbeitungsschritten noch die Klärung der Auswirkungen auf die unterschiedlichen COVID-19-Unterstützungsmaßnahmen durchzuführen.

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