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Keine USt-Befreiung für Unterbeteiligungen von Kreditverträgen?

Im polnischen Vorabentscheidungsersuchen SKAS (C-250/21) soll der EuGH die Frage klären, ob die Steuerbefreiung für die Gewährung, Vermittlung und Verwaltung von Krediten auch auf den im Ausgangsverfahren beschriebenen Unterbeteiligungsvertrag Anwendung findet. Die Generalanwältin hat in ihren Schlussanträgen vom 12. Mai 2022 festgestellt, dass Leistungen im Rahmen eines Unterbeteiligungsvertrages keine steuerfreie Kreditgewährung darstellen. Die finale Entscheidung des EuGHs bleibt noch abzuwarten.

In the Polish request for a preliminary ruling SKAS (C-250/21), the ECJ seeks to clarify whether the tax exemption for the granting, intermediation as well as administration of loans also applies to the sub-participation agreement described in the main proceedings. In her Opinion of 12 May 2022, the Advocate General stated that services provided under this sub-participation agreement do not constitute a loan that is exempt from tax. The final decision of the ECJ remains to be seen.

Ausgangsverfahren

Im Ausgangssachverhalt hat ein polnischer Investmentfonds einen Unterbeteiligungsvertrag mit einer Bank (= Originator) abgeschlossen. Bereits bei Vertragsabschluss hat der Unterbeteiligte an die Bank einen Betrag im Voraus gezahlt, um dieser Liquidität zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug verpflichtete sich die Bank alle Einnahmen aus den im Unterbeteiligungsvertrag spezifizierten Forderungen (= Darlehensforderungen gegenüber dem Hauptschuldner) an den Investmentfonds abzuführen. Während die Darlehensforderungen rechtlich im Vermögen der Bank verblieben, sind die jeweiligen Cashflows sowie das damit verbundene Kreditrisiko vertraglich auf den Investmentfonds übergegangen. Nach Ansicht des Investmentfonds ist die im Rahmen des Unterbeteiligungsvertrages bereitgestellte Liquidität als Kredit oder Gelddarlehen zu behandeln. Lediglich hilfsweise bestünde die Hauptfunktion in der Absicherung des Kreditrisikos der Bank, so dass die Leistungen im Rahmen des Unterbeteiligungsvertrages insgesamt unter die Steuerbefreiung für die Gewährung von Krediten zu subsumieren seien.

Die polnische Finanzverwaltung kam zum Ergebnis, dass die betreffenden Dienstleistungen nicht als steuerbefreite Dienstleistungen eingestuft werden können. Das vorlegende polnische Gericht vertrat hingegen die Ansicht, dass in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zwar kein Zweifel daran bestehe, dass die Dienstleistungen des Investmentfonds ein Finanzierungsinstrument darstellen, die konzeptionell einem Darlehensvertrag vergleichbar seien. Im Unterschied zu einem Darlehensvertrag weise der in Rede stehende Unterbeteiligungsvertrag jedoch bestimmte Merkmale auf, die diesen von einem Darlehensvertrag unterscheiden, wie zB der Umstand, dass die zugrundliegenden Darlehen im Vermögen des Originators verblieben und dass der Unterbeteiligungsvertrag klar die Quelle bestimme, die zur Befriedigung des Unterbeteiligten (= Investmentfonds) verwendet werde. Außerdem habe letzterer im Fall des Zahlungsausfalls des Hauptschuldners im Hinblick auf die weiteren fälligen Beträge keinen Anspruch gegen den Originator. Das Verfahren wurde ausgesetzt und an den EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Schlussanträge der Generalanwältin

Die Generalanwältin beschäftigt sich zunächst mit der Frage, ob dem Grunde nach ein steuerbarer Leistungsaustausch vorliege, der gegen Entgelt erbracht wird. Sie verwies dabei auf die EuGH Rsp in MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring (C 305/01) und GFKL Financial Services (C 93/10). In der Rsp MKG entschied der EuGH, dass die Leistungen iZm dem Ankauf von Forderungen unter Übernahme des Ausfallsrisikos als „Einziehung von Forderungen“ nicht steuerbefreit sind. In der Rsp GFKL Financial Services kam der EuGH zum Ergebnis, dass der Kauf zahlungsgestörter Forderungen unter einem ihrem Nennwert liegenden Preis keine entgeltliche Dienstleistung sei, wenn der Kaufpreis den tatsächlichen Wert der Forderung im Zeitpunkt der Übertragung widerspiegelt. Die Generalanwältin hob hervor, dass ein Vergleich mit GFKL Financial Services nicht zulässig sei, da im Rahmen des Unterbeteiligungsvertrages keine zahlungsgestörten Forderungen angekauft werden und es zu keinem Gläubigerwechsel komme. Weiters verpflichte sich der Unterbeteiligte, das Risiko des Zahlungsausfalls des Hauptschuldners zu übernehmen, ohne einen Rechtsanspruch gegen die Bank als Gläubiger des Hauptschuldners zu haben. Daraus leitet die Generalanwältin ab, dass die Bank einen Vorteil erhalte, der über den bloßen Nennwert der Forderung hinausgeht. Es liegt daher nach Ansicht der Generalanwältin eine spezifische Dienstleistung vor, die gegen Entgelt erbracht wird und damit umsatzsteuerbar sei.

Die weitere Prüfung des BFG im fortgesetzten verwaltungsgerichtlichen Verfahren beschränkte sich nunmehr auf die Anforderung an „Spezifität und Wesentlichkeit“ bzw vielmehr konkret - in Ausführung der engen Vorgaben des EuGH - auf die Frage der „Ausschließlichkeit“, dh ob die ausgelagerten Dienstleistungen ausschließlich für die spezifische Verwaltung von Sondervermögen erbracht werden:Im Hinblick auf die konkrete Vorlagefrage führt die Generalanwältin einleitend zunächst aus, dass für die Befreiung eines Umsatzes als steuerfreie Kreditgewährung zwei kumulative Elemente gegeben sein müssen: das Kapital und die Vergütung für die Überlassung des Kapitals. Der im Ausgangsverfahren zu Grunde liegende Umsatz ist nach Ansicht der Generalanwältin komplex und habe verschiedene Elemente, insbesondere die Überlassung von Kapital an den Originator und die Übertragung des Risikos des Kreditausfalls vom Originator an den Unterbeteiligten. Nach Ansicht der Generalanwältin kann zwar in der Überlassung des Kapitals des Investmentfonds bei Abschluss des Unterbeteiligungsvertrages eine Kreditgewährung erblickt werden. Allerdings gehe der objektive Zweck des Umsatzes über die reine Finanzierung des Originators hinaus, da aus dessen Blickwinkel der Unterbeteiligungsvertrag ein Mittel zur Übertragung eines Kreditrisikos darstelle. Die Generalanwältin kommt in weiterer Folge zum Ergebnis, dass aufgrund des zweifachen Zweckes des in Rede stehenden Umsatzes (Finanzierung und Verwaltung Kreditrisiko) zwei untrennbare Hauptleistungen vorliegen, die umsatzsteuerlich nur als Ganzes berücksichtigt werden können. Die Übernahme des Kreditrisikos, die – vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht – wesentlicher Bestandteil des Umsatzes des Investmentfonds sei – ist nach Ansicht der Generalanwältin nicht als steuerfreie Kreditgewährung zu werten.

Fazit

Die von der Generalanwältin vertretene Rechtsansicht ist auf den ersten Blick überraschend. Obwohl ein Element der Unterbeteiligung darin besteht, dass sich die Bank im Falle des Ausfalls des Hauptschuldners in gewisser Weise schützen kann, besteht die Hauptleistung des Unterbeteiligten wohl darin, der Bank einen „Vorschuss“ zu leisten bzw anders ausgedrückt, eine Vorabfinanzierung zur Verfügung zu stellen. Ob es sich bei dieser sehr engen Auslegung der Kreditbefreiung um eine neue Tendenz in der Rechtsprechung handelt oder diese lediglich den konkreten sachverhaltsspezifischen Umständen geschuldet ist, ist noch nicht bestätigt. Die jüngste Rechtsprechung zum Anwendungsbereich der Umsatzsteuerbefreiung für Kreditbefreiung (siehe Franck C-801/19) deutete bis dato auf einen breiteren Anwendungsbereich. Das EuGH-Urteil wird mit Spannung erwartet.

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