Pressemeldungen

Deloitte Studie zum Weltfrauentag

Weiter Weg zur Geschlechtergleichstellung in Österreichs Unternehmen

  • Schleppender Fortschritt: Gleichstellung gewinnt leicht an Bedeutung, aber jedes zweite Unternehmen hat noch keine entsprechenden Ziele vereinbart
  • Konkrete Angebote: Zeitliche und örtliche Flexibilität, Teilzeit-Führung sowie Job Sharing sind die häufigsten Maßnahmen in den Betrieben
  • Unterschiedliche Wahrnehmung: Männer nennen individuelles Handeln als Grund für fehlende Gleichstellung, Frauen sehen Verantwortung bei Politik und Wirtschaft
  • Zukunftsberufe: Insbesondere in der Technik braucht es mehr weibliche Role Models

Beim Thema Gleichstellung der Geschlechter hat die heimische Wirtschaft noch viel Aufholbedarf. Wie eine aktuelle Deloitte Umfrage zeigt, hat die Bedeutung von Gleichstellung in den Unternehmen in den letzten Monaten zwar leicht zugenommen, die Differenz bei Chancengerechtigkeit und Einkommen ist aber nach wie vor groß. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind gleichermaßen gefordert, einen langfristigen Wandel zu bewirken.

Wien, 29. Februar 2024 – Das Beratungsunternehmen Deloitte erhebt jährlich zum Weltfrauentag den Status quo von Geschlechtergleichstellung in der österreichischen Wirtschaft. Das Ergebnis der diesjährigen Umfrage unter mehr als 250 Führungskräften sowie 500 Angestellten: In mehr als der Hälfte (53 %) der befragten Unternehmen wurden laut den Führungskräften noch keine kohärenten Gleichstellungsmaßnahmen in den Unternehmenszielen verankert oder umgesetzt.

„Die Gleichstellung gewinnt in den Unternehmen zwar an Bedeutung, im Jahr 2024 sollten wir aber schon viel weiter sein und das Tempo ist definitiv zu langsam“, betont Elisa Aichinger, Partnerin bei Deloitte Österreich. „Vor allem kleine Betriebe haben – auch aufgrund fehlender personeller Ressourcen – oft nur wenige Schritte gesetzt. Dabei könnten gerade KMU stark von einem höheren Frauenanteil profitieren und damit beispielsweise dem Arbeitskräftemangel entgegenwirken.“

Wirksame Maßnahmen für mehr Gleichstellung wären aus Sicht der Angestellten die flexible Gestaltung von Arbeitszeit und -ort, Angebote zur Kinderbetreuung sowie eine grundsätzliche Veränderung der Unternehmenskultur.

 

Bloßes Angebot von Maßnahmen nicht ausreichend

Ein Blick auf die tatsächlich ergriffenen Maßnahmen zeigt: Die Möglichkeit zu flexiblen Arbeitszeiten und ortsunabhängigem Arbeiten gibt es bereits bei 87 % der Unternehmen. Auch Führung in Teilzeit und Job Sharing werden von fast der Hälfte (45 %) angeboten. Die Krux dabei: Diese Maßnahmen sind nur dann wirksam, wenn sie von beiden Geschlechtern in Anspruch genommen werden. „Solange weiterhin hauptsächlich Frauen Führungspositionen in Teilzeit bekleiden, verteilen sich unbezahlte Kinderbetreuung und Erwerbseinkommen nicht ausgewogen auf die Geschlechter. Damit werden bestehende Ungleichheiten weiter einzementiert“, so Aichinger.

Fest steht: Frauen sind in den obersten Führungsebenen unterrepräsentiert. Immerhin jedes zweite Unternehmen plant das in den kommenden Jahren zu ändern. Gleichzeitig klagen aber 13 % über einen Mangel an qualifizierten Frauen für die Besetzung von Spitzenpositionen. „Wenn man bedenkt, dass schon seit Jahren mehr Frauen als Männer Universitätsabschlüsse erlangen, ist das verwunderlich. Diese Diskrepanz gilt es beim Einstellen neuer Führungskräfte vor allem seitens der Personalverantwortlichen genau zu hinterfragen“, ergänzt Elisabeth Hornberger, Diversity-Expertin bei Deloitte Österreich.

 

Strukturelle Versäumnisse versus Eigenverantwortung

Bei der Frage, wer die Hauptverantwortung für eine gleichberechtigtere Arbeitswelt trägt, gehen die Meinungen der Geschlechter auseinander. Für die Männer ist vorrangig das individuelle Handeln (36 %) entscheidend, die Frauen sehen eher Politik (35 %) und Unternehmen (42 %) in der Verantwortung. „Männer bekommen die Benachteiligung auf struktureller Ebene einfach weniger zu spüren, dementsprechend fehlt ihnen das Bewusstsein für die zugrunde liegenden Ursachen“, erklärt Elisabeth Hornberger dieses Ergebnis.

 

Technische Berufe als Chance für Frauen

Messbar ist die Ungleichheit jedenfalls am Gehalt. Laut Umfrage liegt die Lohnlücke – neben konservativen Rollenbildern oder dem Ausfallsrisiko durch Schwangerschaft und Kinderbetreuung – auch in der bevorzugten Jobwahl begründet. Denn gerade in gut bezahlten technischen Berufen sind Frauen die Ausnahme. Die männlichen Studienteilnehmer machen dafür in erster Linie fehlendes Interesse und zu wenige Absolventinnen verantwortlich. Frauen sehen eher fehlende Vorbilder, konservative Rollenbilder und Vorurteile seitens der Führungsebene als Hürden.

„Unsere Studie macht einmal mehr deutlich: Frauen werden durch schlechte Rahmenbedingungen und verstaubte Rollenbilder viele Steine in den Weg gelegt. Das gilt es dringend zu ändern – auch um beispielsweise mehr Frauen in technische Berufe zu bringen“, resümiert Elisa Aichinger. „Künftig braucht es dafür zum einen sichtbare weibliche Role Models und zum anderen die Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Nur so können alte Muster endlich aufgebrochen werden.“

War der Artikel hilfreich?