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Ertragsteuerliche Behandlung von gemischt genutzten Gebäuden

Die Fragestellung hinsichtlich der Abgrenzung von beruflicher und privater Sphäre beinhaltet ein hohes Streitpotenzial zwischen der Finanzverwaltung und den Steuerpflichtigen. Diese Abgrenzungsfrage betrifft auch Gebäude, in denen einzelne Gebäudeteile betrieblich, andere jedoch privat genutzt werden. Hierbei wird der Grundsatz der Nichtaufteilbarkeit (z.B. bewegliche Wirtschaftsgüter können entweder ausschließlich Betriebsvermögen oder Privatvermögen sein) durchbrochen, denn bei gemischt genutzten Gebäuden kann eine anteilsmäßige Zurechnung zum Betriebs- bzw. Privatvermögen erfolgen. In diesem Artikel wird die Berechnung des Aufteilungsschlüssels, die Geltendmachung anteiliger Betriebsausgaben, der Verkauf und die Hauptwohnsitzbefreiung aufgegriffen sowie behandelt.

Aufteilung in Betriebs- und Privatvermögen

Die Aufteilung in Betriebs- und Privatvermögen hat grundsätzlich im Verhältnis der unterschiedlich genutzten Gebäudeteile zu erfolgen. Dabei wird anhand der Art der Räumlichkeit sowie der zugehörigen Nutzung (Achtung: separat für jeden Raum!) hinterfragt, ob die etwaige betriebliche oder private Verwendung in demselben überwiegt (mehr als 50%). Kann ein Überwiegen der betrieblichen Nutzung in einem Raum festgestellt werden, so ist dieser – als betrieblicher Gebäudeteil – in die Berechnung des Nutzungsverhältnisses einzubeziehen. Jedoch sind Räume, die gemeinschaftliche Zwecke erfüllen (Stiegenhäuser, Abstellräume, Keller und andere ähnliche Gebäudeteile) für die Ermittlung des Nutzungsverhältnisses irrelevant. Das bedeutet, dass solche Räume keinen Einfluss auf das Aufteilungsverhältnis ausüben. Vielmehr sind dieselben im Verhältnis der anderen Räumlichkeiten, die keinen gemeinschaftlichen Zweck erfüllen, aufzuteilen. Ungenutzte Räume zählen hingegen ohne dies zum Privatvermögen und nehmen somit Einfluss auf das Aufteilungsverhältnis.

Allerdings stellt die ertragsteuerliche „80/20 – Prozent – Regelung“ eine Ausnahme von der bereits oben beschriebenen (nutzungsentsprechenden) verhältnismäßigen Aufteilung dar. Sofern die private oder betriebliche Nutzung unter 20% liegt, so ist diese Nutzung – im Verhältnis zur gesamten Nutzungsfläche des Gebäudes – von untergeordneter Bedeutung. Es kommt im Sinne des Grundsatzes der Nichtaufteilbarkeit zu einer einheitlichen Betrachtungsweise. Mit anderen Worten: (1) ist die betriebliche Nutzung unter 20%, dann liegt zu 100% Privatvermögen vor; (2) ist die betriebliche Nutzung über 80%, dann liegt zu 100% Betriebsvermögen vor. Sofern aber (3) die betriebliche Nutzung zwischen 20% und 80%liegt, kommt die anteilmäßige, nutzungsentsprechende, Aufteilung zur Anwendung.

Private Grundstückveräußerung: Hauptwohnsitzbefreiung als Steuerbefreiung

Das Gebäude muss zunächst eine der Voraussetzungen des § 30 Abs.2 EStG erfüllen. Des Weiteren muss bei gemischt genutzten Gebäuden die Nutzungsfläche zu Wohnzwecken zumindest 66,66% (d.h. 2/3) betragen. Andernfalls verliert das Gebäude die Eigenschaft eines Eigenheims und die Hauptwohnsitzbefreiung kommt auf das gesamte Gebäude nicht zur Anwendung. Das bedeutet, dass die Nutzungsfläche eines gemischt genutzten Gebäudes bis zu 33,33% zur Einkünfteerzielung (zB. betriebliche Nutzung oder Vermietung) verwendet werden kann. Liegt allerdings Betriebsvermögen vor (betriebliche Nutzung des Gebäudes mindestens 20%) und beträgt dieses maximal 33,33%, so kommt die Hauptwohnsitzbefreiung nur auf das Privatvermögen zur Anwendung. Das bedeutet, dass Betriebsvermögen hingegen ohne dies von der Befreiung nicht erfasst wird. Die aufgedeckten stillen Reserven des Betriebsvermögens (betrieblicher Gebäudeanteil) unterliegen somit dem besonderen Steuersatz.

Takeaway

Es bilden sich folgende Konstellationen, die unterschiedliche ertragsteuerliche Auswirkungen haben:

  • Betriebliche Nutzung < 20%
    • Das Gebäude gehört zu 100% zum Privatvermögen.
    • Betriebsausgaben: Aufwendungen, wie zum Beispiel Betriebskosten und die Absetzung für Abnutzung (AfA), können im Ausmaß der betrieblichen Nutzung als Betriebsausgaben geltend gemacht werden (0% – 20%).
    • Verkauf des Gebäudes: Da das Gebäude nicht zum Betriebsvermögen gehört, werden keine stillen Reserven (Differenz zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungskosten) aufgedeckt. Somit entstehen keine betrieblichen Einkünfte aus dem Verkauf.
    • Hauptwohnsitzbefreiung: Die Befreiung kommt auf das gesamte, gemischt genutzte, Gebäude zur Anwendung, da kein Betriebsvermögen vorliegt (Privatvermögen zu 100%). Würde nun ein anderer Gebäudeteil zusätzlich vermietet werden (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung), muss berücksichtigt werden, dass das Eigenheim mindestens zu 2/3 für eigene Wohnzwecke genutzt werden muss, damit die Hauptwohnsitzbefreiung greift.
  • 20% <= Betriebliche Nutzung <= 80%
    • Das Gebäude ist im Ausmaß der betrieblichen Nutzung (20% - 80%) Betriebsvermögen.
    • Betriebsausgaben: Aufwendungen, wie zum Beispiel Betriebskosten und die Absetzung für Abnutzung (AfA), können im Ausmaß der betrieblichen Nutzung als Betriebsausgaben geltend gemacht werden (20% – 80%).
    • Verkauf des Gebäudes: Es werden im Ausmaß der betrieblichen Nutzung (20% – 80 %) stille Reserven des Betriebsvermögens aufgedeckt. Die betrieblichen Einkünfte aus dem Verkauf des Gebäudes werden mit dem Sondersteuersatz besteuert.
    • Hauptwohnsitzbefreiung: Die betriebliche Nutzung darf maximal bis zu 33,33% ausmachen, damit das gemischt genutzte Gebäude nicht die Eigenschaft eines Eigenheims verliert. Auf das Betriebsvermögen, welches zwischen 20% und 33,33% liegt, kommt die Hauptwohnsitzbefreiung dennoch nicht zur Anwendung. Nur die privat genutzten Flächen (Privatvermögen) werden von der Befreiung erfasst. Liegt hingegen die betriebliche Nutzung zwischen 33,33% und 80% kommt die Hauptwohnsitzbefreiung nicht zur Anwendung und der gesamte Veräußerungsgewinn wird besteuert.
  • Betriebliche Nutzung > 80%
    • Das Gebäude gehört zu 100% zum Betriebsvermögen.
    • Betriebsausgaben: Die – durch das Gebäude – veranlassten Aufwendungen können zu 100% geltend gemacht werden. Allerdings muss im Gegenzug für die privat veranlasste Nutzung eine Nutzungsentnahme angesetzt werden, die mit den anteiligen Betriebsausgaben zu bewerten ist. Eine solche Nutzungsentnahme bewirkt, dass Aufwendungen, die durch private Nutzungen entstehen, den betrieblichen Gewinn nicht schmälern können.
    • Verkauf des Gebäudes: Es werden die stillen Reserven zu 100% aufgedeckt. Die betrieblichen Einkünfte aus dem Verkauf des Gebäudes werden mit dem Sondersteuersatz besteuert.
      • Hauptwohnsitzbefreiung: Die Hauptwohnsitzbefreiung kommt nicht zur Anwendung, da das gemischt genutzte Gebäude – aufgrund der hohen betrieblichen Nutzung – die Eigenschaft eines Eigenheims nicht aufweist.
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