Mit 1.1.2023 hat der Gesetzgeber die Anwendungsmöglichkeit der Dreiecksgeschäftsregelung ausgeweitet. Bisher waren Dreiecksgeschäfte nur mit 3 beteiligten Unternehmern aus drei verschiedenen Mitgliedsstaaten möglich. Die Dreiecksgeschäftsregelung ist als Vereinfachung für den Erwerber, also den mittleren Unternehmer gedacht. Ihn sollen keine umsatzsteuerlichen Pflichten im Bestimmungsmitgliedsstaat treffen. Nunmehr besteht die Möglichkeit aus einem Reihengeschäft mit mehr als drei Beteiligten ein Dreiecksgeschäft – sozusagen – herauszuschälen. Voraussetzung für diese Möglichkeit ist unter anderem jedoch, dass
- der Lieferer oder der Erwerber den Gegenstand zum Abnehmer befördert oder versendet
- der Abnehmer Unternehmer ist, der für Zwecke der Umsatzsteuer im Bestimmungsland erfasst ist und
- die Steuer für die anschließende Inlandslieferung vom Abnehmer geschuldet wird.
Die neu geschaffene Möglichkeit, bei einem Reihengeschäft mit mehr als drei beteiligten Parteien die Dreiecksgeschäftsregelung zu nutzen, hilft umsatzsteuerliche Registrierungen im Ausland zu vermeiden und führt so zu administrativen Erleichterungen.
Das Herausschälen eines Dreiecksgeschäfts soll anhand folgender Beispiele gezeigt werden:
Beispiel 1:
Rechnungslauf: DE -> AT1 -> AT2 -> IT
Warenbewegung: DE -> IT; der Transport wird von AT1 organisiert und AT1 verwendet sowohl gegenüber DE wie auch gegenüber AT2 seine deutsche UID-Nummer. AT 2 verwendet seine österreichische UID-Nummer, während IT unter seiner italienischen UID-Nummer auftritt.
Lösung 1:
Als bewegte Lieferung ist die Lieferung von AT1 an AT2 anzusehen (§ 3 Abs 15 Z 1 lit b UStG). Der Lieferort für AT1 liegt somit dort, wo die Beförderung oder Versendung beginnt, dh in Deutschland.
Die Lieferung von DE an AT1 ist der bewegten Lieferung vorgelagert. Der Lieferort für DE liegt ebenfalls dort, wo die Beförderung oder Versendung beginnt (§ 3 Abs 15 Z 3 UStG) und ist somit in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig.
AT2 hat einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Italien (Art 3 Abs 8 erster Satz UStG) und führt eine Inlandslieferung an IT in Italien aus (§ 3 Abs 15 Z 4 UStG). Darüber hinaus hat AT2 einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Österreich, da AT2 seine österreichische UID-Nummer verwendet.
Ein Dreiecksgeschäft kann hinsichtlich der Lieferungen von AT1 -> AT2 -> IT isoliert werden:
- AT1 führt auf Grund der Verwendung seiner deutschen UID-Nummer eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung in Deutschland aus.
- AT2 (Erwerber) hat auf der Rechnung an IT auf das Vorliegen eines Dreieckgeschäfts und auf den Übergang der Steuerschuld hinzuweisen. Damit geht die Steuerschuld für seine Inlandslieferung auf IT über.
- Darüber hinaus ist das Dreiecksgeschäft durch AT2 in seiner österreichischen Zusammenfassenden Meldung zu erklären. Der innergemeinschaftliche Erwerb auf Grund der Verwendung der österreichischen UID-Nummer gilt damit als besteuert. Der innergemeinschaftliche Erwerb in Italien ist durch die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung steuerfrei.
- AT2 hat somit keine umsatzsteuerlichen Verpflichtungen in Italien
- IT führt die Steuer für die Inlandslieferung im Rahmen seiner Steuererklärung ab.
Wird auf das Herausschälen des Dreiecksgeschäfts verzichtet, führt dies zu umsatzsteuerlichen Verpflichtungen von AT2 in Italien. AT2 muss in Italien einen innergemeinschaftlichen Erwerb besteuern und zu diesem Zweck in Italien in das Veranlagungsverfahren.
Beispiel 2:
Rechnungslauf: DE -> AT -> IT1 -> IT2
Warenbewegung: DE -> IT2; der Transport wird von AT organisiert und AT verwendet sowohl gegenüber DE wie auch gegenüber IT1 seine österreichische UID-Nummer. IT1 tritt unter seiner italienischen UID-Nummer auf.
Lösung 2:
Als bewegte Lieferung gilt die Lieferung von DE an AT (§ 3 Abs 15 Z 1 lit a UStG). Der Lieferort für DE liegt somit dort, wo die Beförderung oder Versendung beginnt, dh in Deutschland.
AT hat einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Italien (Art 3 Abs 8 erster Satz UStG) und führt eine Inlandslieferung an IT1 in Italien aus (§ 3 Abs 15 Z 4 UStG). Darüber hinaus hat AT einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Österreich, da AT seine österreichische UID-Nummer verwendet.
Ein Dreiecksgeschäft kann hinsichtlich der Lieferungen von DE AT IT1 isoliert werden:
- DE führt eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung in Deutschland aus.
- AT1 (Erwerber) hat auf der Rechnung an IT1 auf das Vorliegen eines Dreieckgeschäfts und auf den Übergang der Steuerschuld hinzuweisen. Damit geht die Steuerschuld für seine Inlandslieferung auf IT1 über.
- Darüber hinaus ist das Dreiecksgeschäft durch AT in seiner österreichischen Zusammenfassenden Meldung zu erklären. Der innergemeinschaftliche Erwerb auf Grund der Verwendung der österreichischen UID-Nummer gilt damit als besteuert. Der innergemeinschaftliche Erwerb in Italien ist durch die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung steuerfrei.
- AT hat somit keine umsatzsteuerlichen Verpflichtungen in Italien
- IT1 führt die Steuer für die Inlandslieferung im Rahmen seiner Steuererklärung ab und liefert nach italienischem Recht steuerpflichtig an IT2.
Wird auf das Herausschälen des Dreiecksgeschäfts verzichtet, führt dies zu umsatzsteuerlichen Verpflichtungen von AT in Italien. AT muss in Italien einen innergemeinschaftlichen Erwerb besteuern und zu diesem Zweck in Italien in das Veranlagungsverfahren.