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ESG beim Unternehmenskauf
Das Thema Nachhaltigkeit beziehungsweise ESG (Environmental, Social, Governance) ist im Moment allgegenwärtig – auch unter dem Gesichtspunkt, dass große Kapitalgesellschaften ab dem Geschäftsjahr 2025 eine Berichtspflicht in Sachen ESG erfüllen müssen. Das Thema ESG fokussiert sich inhaltlich auf die Planung, Implementierung und Durchführung von nachhaltigen Unternehmensstrategien in den Bereichen Ökologie (Environmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung bzw. -organisation (Governance). Sowohl durch Gesetzgebungsinitiativen - wie die schon in Kraft getretene EU-Taxonomie-Verordnung oder den Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive - CSRD) – als auch durch Forderungen von Kapitalgebern rückt die ESG-Berichterstattung neben der klassischen Unternehmensberichterstattung zunehmend in den Vordergrund.
Der steigende Stellenwert von ESG-Faktoren hat nicht nur wesentliche Auswirkungen auf das Berichtswesen und das operative Geschäft eines Unternehmens, sondern gewinnt auch im Zuge von Unternehmenskäufen an Einfluss, da diese Faktoren nicht nur ganze Branchen und deren Geschäftsmodelle, sondern auch die zukünftige, individuelle Entwicklung von Unternehmen maßgeblich beeinflussen können.
Um diese Entwicklungen abschätzen zu können und in weiterer Folge auch Chancen und Risiken frühzeitig zu erkennen, kommt es bei Unternehmenskäufen neben der klassischen Due-Diligence in den Bereichen „Technik“, „Finanz“, „Steuern“, „Recht“ und „Strategie“ auch vermehrt zu ESG bezogenen Due-Diligence-Prüfungen, deren Ergebnis maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensbewertung, den Kaufpreis, die Finanzierung einer Transaktion und die Post-Merger-Integration haben können.
Die ESG-Due-Diligence aus Käufersicht
Die ESG-Due-Diligence versucht im Zuge eines Unternehmenskaufes ein vollumfängliches Bild aller wichtigen ESG-Faktoren des Zielunternehmens darzustellen und umfasst dabei grundsätzlich eine sorgfältige Prüfung aller ESG-Chancen und ESG-Risiken („Red Flags“) eines Targets. Dies ist deshalb erforderlich, da das Nichterkennen von wesentlichen ESG-Risiken unter anderem zu finanziellen Einbußen für den Käufer durch fehlerhafte Bewertungen, die Notwendigkeit der nachträglichen Beseitigung von Missständen, potenziellen zukünftigen Haftungen oder Reputationsschäden führen kann. Um möglichst alle diese „Red Flags“ zu erkennen, muss eine ESG-Due-Diligence weit über die gängigen ESG-Standards und ESG-Ratings hinaus gehen und ist der potenzielle Käufer daher auf interne Daten des potenziell zu erwerbenden Unternehmens angewiesen. Aus diesem Grund findet die Prüfung zumeist auch erst in einem fortgeschritteneren Stadium eines Kaufprozesses statt.
Relevante Themenfelder und Analysen
Im Zuge eines solchen Due-Diligence-Prozesses bedarf es nach einem ersten Screening von ESG-Ratings- und Nachhaltigkeits-Reports einer Identifikation der für das Unternehmen relevanten Themenfelder. Diese sind nicht einheitlich und können mitunter nach Branche, dem Marktumfeld und der unternehmensspezifischen Situation stark differieren. Erst nach Festlegung der auf das Unternehmen angepassten Analysekriterien können passende Untersuchungen durchgeführt und ESG-Schlüsselindikatoren auf Basis von internen Daten des möglichen Kaufobjekts abgeleitet werden. Folgende - beispielhafte - Bereiche können beurteilt werden: Ermittlung des CO2 Ausstoßes, Einhaltung von Arbeitsrechten, Einhaltung von Datenschutzrichtlinien, etc. Einzelne Aspekte aus den drei Bereichen können durchaus Korrelationen aufweisen. Daher kann nur eine vollumfängliche ESG-Due-Diligence Auskunft über den Status Quo in Bezug auf die Nachhaltigkeit eines Unternehmens geben. Aufgrund der Vielfältigkeit der zu erstellenden Beurteilungen und der individuellen Situation jedes Unternehmens empfiehlt sich bei einer ESG-Due-Diligence ein interdisziplinäres Expertenteam hinzuzuziehen.
Auf Basis der getätigten Analysen und erlangten Erkenntnisse wird eine Risiko- und Chancenbeurteilung (ESG Risk & Opportunity Assessment) abgeleitet, um kostenrelevante Haftungsrisiken, Reputationsrisiken sowie Wertschöpfungsmöglichkeiten aus zu erwartenden zukünftigen Entwicklungen identifizieren zu können. All dies hat im folgenden auch Auswirkungen auf die Unternehmensbewertung und kann als Argumentationsgrundlage für Preisverhandlungen dienen. Eine exakt durchgeführte ESG-Due-Diligence schützt nicht nur Überraschungen nach einer Transaktion, sondern vereinfacht auch die Post-Merger-Integration.
Auswirkungen auf Bewertung und Finanzierung
Die Ergebnisse der Risiko- und Chancenbeurteilung beeinflusst die anschließend an die Due-Diligence-Prüfung durchzuführende Unternehmensbewertung und somit in weiterer Folge die Kaufpreisermittlung. Die Erkenntnisse über den Einfluss von ESG bezogenen Themen auf zukünftige Erträge und Kostenstrukturen fließen direkt in die Bewertungsmodelle ein. Es kann zum Beispiel durch die Realisierung neuer Wertschöpfungsmöglichkeiten zu Umsatzsteigerungen kommen bzw. können potenzielle zukünftige Einschränkungen aktueller Geschäftsaktivitäten zu Umsatzeinbrüchen führen. Weiters ist es möglich, dass Unternehmen, welche auf fossile Brennstoffe verzichten und auf alternative Energiequellen setzen, Wettbewerbsvorteile durch effizientere Kostenstrukturen erzielen können. Zusätzlich sollten Unternehmen mit hohen ESG-Standards zukünftig von niedrigeren Fremdkapitalkosten profitieren, da ESG-Ratings die Kalkulation der Kreditkonditionen beeinflussen und in weiterer Folge mögliche Kaufpreisfremdfinanzierungen für den Käufer vergünstigt dargestellt werden können. Hinzu kommen indirekt den Kaufpreis beeinflussende Faktoren. Dazu zählt unter anderem die Bereitschaft eines potenziellen Käufers, Nachhaltigkeitsprämien für Unternehmen mit hohen ESG-Standards zu bezahlen.
Post Merger Integration
Nach Abschluss einer Transaktion sollen die im Zuge der ESG-Due-Diligence gewonnen Erkenntnisse in eine erfolgreiche Post-Merger-Integration einfließen. Hierzu empfiehlt sich die Erstellung eines ESG-Fahrplans, damit die identifizierten Wachstumsmöglichkeiten genutzt und die erhobenen Risiken gemindert werden können und das übernommene Unternehmen aktiv in die ESG-Strategie bzw. in das ESG-Reporting des neuen Eigentümers integriert werden kann.
Fazit
Ein Unternehmenskauf ist für jedes Unternehmen ein komplexer und vielschichtiger Prozess, bei dem es einer exakten Vorbereitung und Umsetzung bedarf. Die zunehmende Bedeutung der Nachhaltigkeit eines Unternehmens erhöht zwar die Komplexität einer Unternehmenstransaktion weiter, aber vor allem das Nichterkennen von ESG-Risiken kann mitunter zu – erheblichen - finanziellen Einbußen für den Käufer führen. Mit Hilfe einer professionellen Planung und externen Begleitung kann eine ESG-Due-Diligence zum einen das Risiko eines „bösen Erwachens“ senken, zum anderen können zukünftige Chancen vom Käufer erkannt und genutzt werden, um die Transaktion langfristig erfolgreich zu gestalten.