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Zinserhöhungen machen auch vor dem Finanzamt keinen Halt

eco.nova

In den letzten Jahren waren Zinsen kein großes Thema. Stabil niedrige Zinsen prägten das Bild sowohl für Anleger:innen als auch für Kreditnehmer:innen. Im Juli 2022 erhöhte die Europäische Zentralbank (EZB) erstmals seit Jahren den Leitzinssatz. Seither folgten kontinuierliche Erhöhungen. Diese treffen nicht nur Einlagen und Rückstände bei Kreditinstituten und auf Finanzmärkten, sondern auch Steuerzahler:innen beim Finanzamt.

Zugegeben, in den letzten Jahren wurde fast darauf vergessen, dass auch das Finanzamt Zinsen für Ertragsteuern verrechnet. Dies konnte zum Teil auch getrost vernachlässigt werden, da zeitweise tatsächlich keine Verzinsung von Abgabenansprüchen erfolgte. Die Anspruchszinsen für Einkommensteuer und Körperschaftsteuer wurden aufgrund der Corona-Pandemie für die Veranlagungsjahre 2019 und 2020 ausgesetzt. Für Abgabenansprüche ab dem Veranlagungsjahr 2021 werden nun aber wieder Anspruchszinsen verrechnet. Dabei machen sich auch die Erhöhungen des Leitzinssatzes bemerkbar, da sich der Zinssatz für Anspruchszinsen daran orientiert.

Entwicklung der Zinssätze beim Finanzamt

Seit 16.03.2016 betrugen die Anspruchszinsen 1,38%. Erstmalig erfolgte im Juli 2022 eine Erhöhung dieser Zinsen. Damit wurde eine rasante Zinsentwicklung eingeleitet, die ihren vorläufigen Höhepunkt in der letzten Zinsanpassung im März 2023 hatte. Seit 23.03.2023 betragen die Anspruchszinsen für Abgabenschulden ebenso wie die Umsatzsteuerzinsen 4,88%. Die Zinsen wurden somit innerhalb eines Dreivierteljahres um 3,5 Prozentpunkte erhöht. Die einzelnen Schritte der Erhöhung sind in folgender Tabelle abgebildet.

 

Wirksamkeit
ab
Basiszinsatz Stundungszinsen Anspruchzinsen Umsatzsteuerzinsen
01.07.2021 -0,62% 1,38% 1,38% -
27.07.2022 -0,12% 1,88% 1,88%  
14.09.2022 0,63% 2,63% 2,63% 2,63%
02.11.2022 1,38% 3,38% 3,38% 3,38%
21.12.2022 1,88% 3,88% 3,88% 3,88%
08.02.2023 2,38% 4,38% 4,38% 4,38%
22.03.2023 2,88% 4,88% 4,88%  

Negative Überraschungen bei hohen Steuernachzahlungen

Diese Entwicklung ist rasant und besonders vor dem Hintergrund der zuvor über so lange Zeit stagnierenden Zinsentwicklung durchaus überraschend. Bei den Finanzamtszinsen kommt für viele Steuerzahler:innen ein weiterer Überraschungsmoment hinzu: die Ertragsteuer-Nachzahlungen für 2021 haben oft eine beträchtliche Höhe, da die Vorauszahlungen oft noch der Krisensituation entsprechend niedrig waren.

Zu Beginn der Corona-Pandemie wussten Unternehmer:innen nicht, was auf sie zukommen würde. Sie wussten nur, dass aufgrund der Schließungen und der sonstigen Beschränkungsmaßnahmen sehr vielen von ihnen der Wegfall eines bedeutsamen Teiles ihres Umsatzes bevorstand. Als Abfederungsmaßnahmen wurden seitens des Finanzamtes einige Erleichterungen geschaffen, die vor allem dem Erhalt der kurzfristigen Liquidität dienten. So wurde es vereinfacht, Vorauszahlungen auf Ertragsteuern herabsetzen zu lassen. Angesichts der befürchteten immensen Umsatzausfälle wurde von dieser Möglichkeit auch von vielen Unternehmer:innen Gebrauch gemacht. Dasselbe galt für das Jahr 2021. Zu diesen Zeitpunkten wusste man noch wenig Konkretes über Corona-Beihilfen. Von der Ankündigung der Beihilfe bis zur Abschätzung der Höhe der Beihilfen für die einzelnen Unternehmer:innen bis hin zur Auskunft von Steuerberatungsseite, wie sich denn die Beihilfe auf das zu besteuernde Ergebnis auswirken würde, verging nicht selten mehr als ein Jahr und noch länger. Aufgrund der niedrigen (herabgesetzten) Einkommensteuer- und Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen für 2020 und die oft erst späte Einreichung der Steuererklärungen (die Steuerberater:innen waren durch die zusätzliche Arbeitsbelastung wegen der Corona-Hilfen teilweise massiv überlastet) blieben auch die Vorauszahlungen für das Veranlagungsjahr 2021 niedrig.

Nun werden die Steuererklärungen für 2021 nach und nach fertig gestellt und bringen einige Überraschungen: einerseits sind die steuerlichen Ergebnisse auch dank der Corona-Hilfen deutlich höher als ursprünglich befürchtet, andererseits waren die Steuer-Vorauszahlungen sehr niedrig. Diese Kombination führt zu oftmals hohen Einkommensteuer- und Körperschaftsteuer-Nachzahlungen für 2021, die inzwischen auch mit einem wesentlich höheren Zinssatz verzinst werden.

Diese Zinsen sind doppelt schmerzhaft, da sie (im Gegensatz zu Zinsen bei Kreditinstituten) steuerlich nicht abzugsfähige Ausgaben darstellen.
Folgendes Beispiel zeigt, wie die Anspruchszinsen bei einer Körperschaftsteuer-Nachzahlung von EUR 88.150,00 für das Veranlagungsjahr 2021, welche mit Bescheid vom 30.04.2023 festgesetzt wurde, berechnet werden.

 

Zeitraum Differenzbetrag entrichtete
Anzahlung
Bemessungsgrundlage Anzahl Tage Zinssatz Tagessatz Zinsen
01.10.2022-01.11.2022 89.900,00 1.750,00 88.150,00 32 2,63% 0,0072% 203,10
02.11.2022-20.12.2022 89.900,00 1.750,00 88.150,00 49 3,38% 0,0093% 401,70
21.12.2022-07.02.2023 89.900,00 1.750,00 88.150,00 49 3,88% 0,0106% 457,85
08.02.2023-21.03.2023
89.900,00 1.750,00 88.150,00 41 3,88% 0,0120% 433,70
21.03.2023-30.03.2023
89.900,00 1.750,00 88.150,00 20 3,88% 0,0134% 236,24
Anspruchszinsen gesamt 1.732,59

 

Es ist keine Ausnahme, dass erst jetzt oder in nächster Zukunft die Steuererklärungen für 2021 veranlagt werden. Österreichweit ist der Arbeitsrückstau sowohl auf bei den Steuerberater:innen als auch teilweise bei den Finanzämtern so hoch, dass das BMF kürzlich die Abgabenfrist für die Steuererklärungen 2021 für Steuerberater:innen auf den 30.09.2023 verlängert hat. Sie gehören also nicht zu einer winzigen Minderheit, wenn Ihr Steuerbescheid für 2021 noch ausständig ist.

Vermeidung von negativen Anspruchszinsen

Wie kann man diese doppelt schmerzhafte Zinsbelastung nun vermeiden? Wichtig zu wissen ist, dass bis zum 30.09. des auf das Veranlagungsjahr folgende Kalenderjahr keine Anspruchszinsen anfallen. Wenn mit Ertragsteuer-Nachzahlungen zu rechnen ist, kann durch eine zweckgebundene Vorauszahlung an das Finanzamt bis zum 30.09. des Folgejahres eine Verzinsung entfallen, selbst wenn die Steuererklärungen noch nicht fertiggestellt und veranlagt sind. Für das Veranlagungsjahr 2021 war diese Frist am 30.09.2022 um. Seit diesem Zeitpunkt werden Steuernachzahlungen für das Jahr 2021 so lange verzinst, bis entweder der Einkommen-/Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2021 erlassen wird oder Sie eine zweckgebundene Vorauszahlung an das Finanzamt leisten.

Für das Veranlagungsjahr 2022 beginnt die Verzinsung von offenen Abgabenansprüchen ab dem 01.10.2023. Dieses Datum sollten Sie sich gut vormerken und abschätzen, ob Ihre Steuervorauszahlungen für 2022 in etwa der tatsächlichen Steuerbelastung entsprechen werden. Ihr:e Steuerberater:in hilft Ihnen gern dabei. Wenn Sie mit einer Nachzahlung rechnen, legen wir Ihnen eine zweckgebundene Zahlung bis zum 30.09.2023 an das Finanzamt sehr ans Herz.

Höhere Zinsen auch für Guthaben

Die Zinsanpassungen seitens des Finanzamts basieren auf dem Basiszinssatz, der sich wiederum am Leitzinssatz der EZB orientiert. Es gibt jedoch einen wesentlichen Unterschied zu den Zinsen im Bankensektor: während dort nämlich die Zinsanpassungen bei den Kreditzinsen rasch weitergegeben wurden, erfolgte die Anpassung auf Seiten der Einlagenverzinsung nur mit deutlicher zeitlicher Verzögerung und sie wurde oft auch nicht zu Gänze an die Sparer:innen weitergegeben. Die Anspruchszinsen beim Finanzamt gelten jedoch in gleicher Höhe für Rückstände wie auch für Gutschriften aus Ertragsteuern. Bei zu hohen Vorauszahlungen für Einkommen- und Körperschaftsteuern werden diese aktuell ebenso mit 4,88% p.a. verzinst. Diese Zinsgutschrift ist zudem steuerfrei. Für Einlagen bei Ihrer Bank werden Sie derzeit kaum einen so hohen Zinssatz erhalten. Allerdings muss man mit einkalkulieren, dass die Verzinsung beim Finanzamt erst mit 01.10. des Folgejahres zu laufen beginnt. Damit liegt bei zu hohen vierteljährlichen Vorauszahlungen Ihr Geld mindestens 10 Monate (November bis September des Folgejahres) zinsfrei beim Finanzamt.

Umsatzsteuerzinsen

Neben den Anspruchszinsen für Ertragsteuern wurde 2022 auch eine Anspruchsverzinsung für Umsatzsteuern eingeführt.

Diese gilt wiederum sowohl für Nachzahlungen als auch für Gutschriften und sie wird für Voranmeldungen ebenso berechnet wie für Differenzen bei den Jahreserklärungen. Bei den Umsatzsteuerzinsen werden jedoch die Zinsen für Gutschriften nicht gleich berechnet wie jene für Nachzahlungen. Je nachdem, ob es sich um Gutschriften oder Nachzahlungen, um Differenzen aus Umsatzsteuervoranmeldungen oder aus Jahreserklärungen handelt, ist der Start der Verzinsung unterschiedlich. Aufgrund der längeren Startfristen bei Voranmeldungen und bei Gutschriften aus Jahreserklärungen werden hier Umsatzsteuerzinsen wohl eher nur in Ausnahmefällen schlagend.

Für jede:n Unternehmer:in im Auge zu behalten sind aber die Umsatzsteuerverzinsungen für Nachzahlungen aus Jahreserklärungen, die ebenso wie die Verzinsung bei Ertragsteuern ab dem 01.10. des Folgejahres zu laufen beginnt.

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