Perspektiven

Konzernverantwortungsinitiative: Fast jedes zweite Unternehmen rechnet nicht mit Auswirkungen auf ihr Geschäft

CFO-Umfrage

Die Schweizer Unternehmensleitungen sehen gemäss einer aktuellen Umfrage von Deloitte gelassen bis kritisch auf die anstehende Konzernverantwortungsinitiative. Zwar erwartet fast die Hälfte der befragten CFOs keine konkreten Implikationen für ihr Geschäft, knapp 40 Prozent nennen aber spezifische negative Auswirkungen an für den Fall einer Annahme. Rund ein Drittel geht davon aus, dass Ihr Unternehmen das Risikomanagement anpassen, interne Kontrollen verstärken und die Zusammenarbeit mit Lieferanten anpassen müsste.

Die Umfrage bei 112 CFOs zu den Auswirkungen einer Annahme der Konzernverantwortungsinitiative zeigt: Viele CFOs sind bei einzelnen Faktoren noch neutral was die Auswirkungen angeht (46%). Aber immerhin etwa 40 Prozent sehen negative Auswirkungen auf sich zukommen falls die Initiative angenommen wird. Die Befragten nennen zudem durchschnittlich fast doppelt so viele negative wie positive Auswirkungen der Initiative.

Die grösste Gefahr sehen Unternehmen darin, dass sie den neuen Vorschriften nicht entsprechen könnten: Knapp ein Drittel (32%) der Befragten gibt als grösste negative Auswirkung regulatorische Risiken an. Über ein Viertel (27%) gibt an, dass sie ihre Geschäftstätigkeiten im Ausland stärker überwachen müssten. Und gut ein Fünftel (22%) sieht es als negative Auswirkung an, dass sie die internen Kontrollen verstärken müssten. Ein nicht zu vernachlässigender Teil der Unternehmen sieht die Auswirkungen in diesen Bereichen zudem als positiv an; dies deutet auf Unternehmen hin, die bereits entsprechende Massnahmen eingeleitet haben und daher bereits auf mögliche kommende Regulationen vorbereitet sind. (Siehe Grafik 1)

Grafik 1: Wie schätzen Sie die möglichen Auswirkungen auf Ihr Unternehmen für die folgenden Bereiche ein, sollte die Konzernverantwortungsinitiative angenommen werden? (Positive und negative Auswirkungen sowie Nettosaldo)

Keine Panik in den Chefetagen

Auch wenn noch Unklarheiten darüber bestehen, welche Unternehmen betroffen sein werden: Die Konzernverantwortungsinitiative löst in den Chefetagen der Schweizer Unternehmen keine Panik aus. Gelassenheit gegenüber der Initiative ist daher wohl keine schlechte Einstellung, solange die Unternehmen ihre Hausaufgaben gemacht haben.

Eine Annahme der Initiative wäre ohne Zweifel mit Kosten verbunden. Allerdings sehen nur gerade 12 Prozent der Finanzchefs im Fall einer Annahme negative Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzen, 7 Prozent schätzen die Auswirkungen sogar positiv ein. Auch hätte die Initiative wohl kaum Einfluss auf Produktionsstandorte oder Arbeitsplätze in der Schweiz. Bei zwei der sieben abgefragten möglichen Auswirkungen übersteigen die positiven Antworten die negativen: Allen voran bei der Reputation sehen die Unternehmen auch positive Auswirkungen der Volksinitiative. Zudem erkennen einige CFOs Chancen, dank der Volksinitiative ihren Unternehmenswert zu steigern.

Nur Minderheit plant Massnahmen

Gefragt nach den für den Fall einer Annahme der Initiative nötigen Massnahmen sieht nur eine Minderheit der befragten CFOs konkreten Handlungsbedarf. Drei Bereiche stehen im Vordergrund: Verbesserung des Risikomanagements und des internen Kontrollsystems (52%), Anpassungen bei der Zusammenarbeit mit Lieferanten (47%) und ein stärkeres Monitoring über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg (44%). Jeweils knapp die Hälfte der Befragten hat angegeben, schon Massnahmen ergriffen zu haben oder dies für den Fall der Annahme zu tun. Kaum ein Unternehmen plant hingegen bereits den Verkauf von ganzen Geschäftsbereichen oder Produktionsanlagen in spezifischen Märkten oder gar die Verlagerung des Geschäftssitzes ins Ausland. (Siehe Grafik 2).

Grafik 2: Welche Massnahmen haben Sie bereits ergriffen, beziehungsweise würden Sie ergreifen, wenn die Konzernverantwortungsinitiative angenommen werden würde?

Aus den Resultaten lässt sich schliessen, dass viele Unternehmen die Anliegen der Initiantinnen und Initianten als berechtigt wahrnehmen und ein Teil von ihnen bereits Massnahmen umgesetzt hat. Im aktuellen Geschäftsumfeld ist es sicher kein Fehler, Risiken aktiver zu bewirtschaften und die internen Kontrollsysteme zu verbessern – das hat nicht zuletzt die Pandemie gezeigt. Ungereimtheiten in der Lieferkette können bereits heute dem Ruf eines Unternehmens grossen Schaden zufügen, Konsumenten und Investoren haben einen stark wachsenden Einfluss auf die Unternehmensreputation.

Mehr Transparenz im Reporting nötig

Das Thema Unternehmensberichterstattung ist häufig bei den befragten CFOs angesiedelt und knapp ein Drittel von Ihnen sagt, dass eine Annahme der Volksinitiative Anpassungen bedingen würde. Was allerdings nicht vergessen gehen darf: Ob die Initiative angenommen wird oder der parlamentarische Gegenvorschlag in Kraft tritt, der öffentlichen Berichterstattung über die Nachhaltigkeit bei Schweizer Unternehmen wird in jedem Fall eine signifikant grössere Bedeutung zukommen.

Dies ist eine positive Entwicklung, da noch viel Aufholbedarf besteht. Ohne interne Anreize ist es aber nach wie vor schwierig, Nachhaltigkeit in den Unternehmen zu verankern. Nachhaltigkeitskriterien könnten daher bei der Vergütung stärker berücksichtigt werden. Zudem sollten in Zukunft Nachhaltigkeitsberichte den gleichen Qualitätskriterien genügen wie Finanzberichte.

Über die Umfrage

Die Fragen zur Konzernverantwortungsinitiative sind Teil der CFO-Umfrage von Deloitte Schweiz, die seit Herbst 2009 regelmässig durchgeführt wird. Die aktuelle, 40. CFO-Umfrage in der Schweiz wurde online vom 31. August bis 25. September durchgeführt. Insgesamt haben 112 CFOs aus allen wichtigen Branchen und von kotierten wie nicht-kotierten Unternehmen teilgenommen. Die kompletten Resultate werden später veröffentlicht.
 

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