Perspektiven

Die Sharing Economy in der Schweiz: mehr, weniger oder neue Regulierungen?

Die Sharing Economy liegt im Trend: Immer mehr Menschen mieten und vermieten Produkte und Dienstleistungen über Onlineplattformen. Dies führt zu einer effizienteren Allokation von Gütern wie etwa Autos oder Wohnungen, zu einem grösseren Angebot, geringeren Preisen und häufig einer besseren Qualität, was letztlich die Wohlfahrt der Konsumenten erhöht. Zu den Profiteuren der Sharing Economy gehören aber auch Privatanbieter, die ohne grosse Kosten und Risiken ihre Güter und Fähigkeiten einem bisher kaum zugänglichen globalen Netzwerk anbieten können.

Trotz dieser Vorteile wächst der Widerstand gegen die Sharing Economy. Der grosse Erfolg von Plattformbetreibern wie Airbnb oder Uber hat dazu geführt, dass betroffene Unternehmen aus der „traditionellen“ Wirtschaft unter Druck geraten sind. Sie monieren, Anbieter und Plattformbetreiber in der Sharing Economy würden Vorschriften unterwandern und müssten deshalb denselben Regulierungen unterstellt werden wie die „traditionellen“ Unternehmen oder gar verboten werden.

Die vorliegende Untersuchung zeigt anhand der beiden Bereiche Beherbergung und Personentransport, dass solche Forderungen überzogen sind. Es braucht zwar rechtliche Anpassungen, aber das Ziel vieler Regulierungen in der "traditionellen" Wirtschaft, nämlich der Schutz der Konsumenten, lässt sich in der Sharing Economy in den meisten Fällen ohne staatliches Eingreifen lösen, und zwar oftmals deutlich effizienter.

Aus Sicht der Autoren drängen sich für den Schweizer Gesetzgeber folgende sechs Massnahmen auf, die zusammengenommen eine Art regulatorisches Rahmenwerk bilden, Marktversagen korrigieren, die traditionelle Wirtschaft entlasten und für die nötige Rechtssicherheit sorgen.

  • Abbau von bestehenden, nicht mehr zeitgemässen Regulierungen: Die Sharing Economy bietet die Möglichkeit, historisch gewachsene und nicht mehr zeitgemässe Regulierungen in der „traditionellen“ Wirtschaft abzuschaffen. Beispiele dafür sind etwa die Ortskundeprüfung für Taxifahrer oder die quantitative Beschränkung der Taxiunternehmen.
  • Gesetzliche Legitimierung der Selbstregulierung: Bewertungs- und Monitorsysteme sollten als Form der Selbstregulierung gesetzlich legitimiert werden. Sie sind dazu imstande, viele der herkömmlichen Regulierungen z.B. zur Sauberkeit von Unterkünften oder zur Zuverlässigkeit von Fahrern zu ersetzen und deren Ziele effizienter zu erreichen.
  • Einführung von Mindestvorschriften: Weil Selbstregulierung nicht alle Probleme lösen kann, sollten gewisse staatliche Mindestvorschriften auch für Sharing-Economy-Plattformen gelten, wie etwa ein Backgroundcheck für Fahrer oder die Meldepflicht für ausländische Touristen bei Übernachtungen.
  • Aufhebung der juristischen Unterscheidung von Gewerbe und Privat: Da sich die rechtliche Unterscheidung von Gewerbe und Privat kaum auf die Sharing Economy anwenden lässt, sollten nachgewiesene Aspekte von Marktversagen und dabei vor allem die konkreten Gefährdungslagen Ausgangspunkte für Mindestvorschriften bilden. So könnte z.B. die Vorgabe, dass (elektronische und traditionelle) Fahrtenvermittler einen Backgroundcheck bei ihren Fahrern durchführen, nicht von der Gewerbsmässigkeit abhängen, sondern – dem Gefährdungspotential entsprechend – generell gelten. Im Beherbergungsbereich könnten gewisse Mindeststandards von der Anzahl der Tage der Vermietung abhängen. Die Effektivität dieser Regelungen wäre periodisch zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.
  • Zusammenarbeit mit Plattformbetreibern: Durch eine Zusammenarbeit der Behörden mit Plattformbetreibern liessen sich Abgaben wie z.B. Kurtaxen ohne grossen administrativen Aufwand erheben.
  • Einheitliches, digitales Abrechnungstool für die Sozialversicherungsbeiträge: Eine ähnliche Lösung ist auch zur sozialen Absicherung der Erwerbstätigen anzustreben: Mithilfe eines digitalen Tools liesse sich die Abrechnung der Beitragssätze für die Sozialversicherungen problemlos sowohl für Unternehmen als auch für Einzelpersonen oder Vermittlungsplattformen einheitlich bewerkstelligen. Die Unterscheidung zwischen selbständig und unselbständig Erwerbstätigen stünde dann nicht mehr im Vordergrund.
Download des Berichts

Ähnlichen Themen

Fanden Sie diese Seite hilfreich?