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Spezialisten für Big Data: Data Scientists

Neue Talente braucht das Datenland

In der digitalisierten Wirtschaft wird die Wettbewerbsfähigkeit von Firmen und ganzen Volkswirtschaften zunehmend von datenbasierten Innovationen getrieben. Doch ohne Data Scientists in Unternehmen bleiben Daten weitgehend wertlos.

Von Dr. Alexander Börsch, Leiter Deloitte Research

In der digitalisierten Wirtschaft setzt sich ein neues Innovationsparadigma durch. Die Wettbewerbsfähigkeit von Firmen und ganzen Volkswirtschaften und ihr Wachstum werden zunehmend von einer neuen Art von Innovationen getrieben, die die OECD als datenbasierte Innovation bezeichnet.

Datenbasierte Innovationen betreffen alle Wirtschaftsbereiche, von der Immobilienwirtschaft bis zum Handel und der Autoindustrie. Diese Innovationsart kann viele Formen haben, sie gründen aber immer auf Datenanalysen als Basis der Innovation. So ermöglichen fortgeschrittene und automatisierte Datenanalysen neue Innovationen in traditionellen Produkten, wie zum Beispiel beim vernetzten Auto oder in Zukunft beim selbstfahrenden Auto. Datenanalysen können ebenso bestehende Prozesse verbessern oder gar revolutionieren. Industrie 4.0 ist hier ein Beispiel, bei dem bestehende Prozesse mit digitalen Technologien automatisiert und effizienter gestaltet werden. Nicht zuletzt können auch Daten, beziehungsweise die Auswertung von Daten, selber das Produkt oder der Service sein; so zum Beispiel bei Apps, die das eigene Verhalten beobachten und auswerten.

All diese Spielarten von datenbasierter Innovation haben eine Gemeinsamkeit. Um ihr Potential heben zu können, benötigen Unternehmen Datenspezialisten oder Datenwissenschaftler (Data Scientists). Sie brauchen Experten, die sehr große Datenmengen in unterschiedlichen Formaten handhabbar machen, auswerten und damit neue Einsichten oder Dienstleistungen ermöglichen.

Die digitale Technologie macht datenbasierte Innovation erst möglich. Aber wie erfolgreich datenbasierte Innovation ist hängt vom menschlichen Faktor ab. Ohne Datenspezialisten, die die richtigen Fragen an die Daten stellen, die Algorithmen entwickeln und die Ergebnisse kommunizieren können, bleiben Daten weitgehend wertlos. Daten mögen das neue Öl des Informationszeitalters sein. Aber auch Rohöl muss gereinigt, extrahiert und veredelt werden, um Wert schaffen zu können.

Die deutschen Unternehmen sind sich der zentralen Bedeutung von Data Analytics für ihre Wettbewerbsfähigkeit durchaus bewusst. Unter den deutschen Großunternehmen hat deren Nutzung in den letzten fünf Jahren enorm zugenommen, wie die Deloitte Studie „Datenland Deutschland – Talent meets Technology“ gezeigt hat. Allerdings gibt es eine große Lücke zwischen dem Potential und der derzeitigen Nutzung in deutschen Unternehmen.

Diese Lücke zeigt sich vor allem darin, welche Talente und Qualifikationen Unternehmen suchen. Unternehmen suchen eher Datenanalysten als Data Scientists. Sie bevorzugen in ihrer Mehrzahl Wirtschaftswissenschaftler mit statistischen Zusatzkenntnissen als echte Data Scientists mit der Fähigkeit Algorithmen zu entwickeln. Dies kann auf der einen Seite Sinn machen, da Wirtschaftswissenschaftler sich einfach in Unternehmen integrieren lassen und ein hohes Geschäftsverständnis aufweisen dürften. Andererseits können so kaum fortgeschrittene Big Data Analysen angewendet werden oder algorithmenbasierte Innovationen verfolgt werden. Wenn Unternehmen sich auf konventionelle quantitative Analysen beschränken und komplexe Verfahren vernachlässigen, laufen sie Gefahr im Wettbewerb zurückzufallen, wenn Konkurrenten diese Verfahren zur Verfügung stehen.

Ausbildung und Zugang zu Talenten werden damit erfolgskritisch und Unternehmen müssen neue Wege gehen. Damit den Firmen hoch qualifizierte Datenspezialisten und Data Scientists zur Verfügung stehen und sie als attraktiver Arbeitgeber gesehen werden, müssen sie sich aktiv in Data-Analytics-Programmen und -Initiativen engagieren und generell neue Formen der Kooperation mit Hochschulen in Lehre und Forschung entwickeln.

Das Thema Ausbildung in Form von spezialisierten Studiengängen und Weiterbildungsangeboten ist auch ein zentrales Thema für die Zukunftsfähigkeit des Standorts Deutschland. Während in den USA und einigen europäischen Ländern spezialisierte Studiengänge oder sogar ganz neue Bildungsinstitutionen entstehen, hinkt Deutschland in diesem Bereich deutlich hinterher. Um im Standort-Wettbewerb um datenbasierte Innovationen vorne mitspielen zu können, muss der Fokus auf der bestmöglichen Ausbildung von Talenten in diesem Bereich liegen.

Dr. Alexander Börsch, Leiter Research bei Deloitte, spricht in dem Podcast „Das unbekannte Talent Data Scientist“ darüber, welche Anforderungen das Berufsfeld des Datenwissenschaftlers mit sich bringt, welche Kompetenzen Data Scientists benötigen, und warum diese Spezialisten in Unternehmen so dringend gebraucht werden.