Deloitte | Finanzierung bei Start-ups

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Jung, innovativ und wenig Kapital

So gelingt die Finanzierung bei Start-ups

In den verschiedensten Branchen haben Start-ups – junge Unternehmen mit innovativen Ideen – oftmals ein gemeinsames Problem: Die Finanzierung. Wie kann der Businessplan trotz kleinem Budget in die Tat umgesetzt werden? Wo können junge Unternehmen Investoren finden? Und warum sind Innovationen so wichtig für den Unternehmenserfolg?

Reiner Schwenk ist Geschäftsführer im Bereich Corporate Finance Advisory bei Deloitte in München. Er berät bei M&A und Finanzierungsthemen. Somit weiß er genau, worauf es bei der Finanzierung neugegründeter Unternehmen ankommt.

Wie gelingt die Finanzierung bei jungen Unternehmen?

Reiner Schwenk:

Man muss grundsätzlich erst einmal unterscheiden in welchem Lebenszyklus sich ein Start-up befindet. Grundsätzlich gilt, je jünger das Unternehmen und je weniger ausgereift das Geschäftsmodell ist, desto höher ist das Risiko für Kapitalgeber. Steckt das Unternehmen noch in der sogenannten „Seed-Phase“, in der es darauf ankommt eine Gründeridee in eine funktionsfähige Technologie umzusetzen, sind Finanzierungsvolumina im unteren sechsstelligen Bereich nötig. Hierfür gibt es in Deutschland Kapitalgeber, die sich auf diese Risikoklasse spezialisiert haben. Hierzu zählen zum Beispiel die High-Tech Gründerfonds oder die KfW Venture Capital. Oftmals besteht auch die Möglichkeit, in dieser Phase mit sogenannten „Business Angels“ Partnerschaften einzugehen. Diese stellen neben Kapital vor allem auch ihr Know-How in verschiedenen Märkten und Industrien zur Verfügung. In der zweiten Phase, der „Early-Stage“, versuchen junge Unternehmen durch den Aufbau von Marketing, Vertrieb und ggf. auch Produktionskapazitäten ihre fertige Technologie/ das Produkt an die Kunden zu vermitteln. Der Kapitalaufwand hierbei ist deutlich höher und wird hier oft von klassischen Venture Capital Fonds, wie z.B. Early Bird, Wellington Partners oder Target Partners übernommen. Aber auch Venture Capital Arme größerer Unternehmen stehen hier für Finanzierungen zur Verfügung (beispielsweise Siemens Venture Capital, BASF VC, Pro7 Ventures). Zusätzlich kommt es auch immer auf den jeweiligen Industrie- und Branchenbereich bzw. die Fokussierung an , in dem das Start-up agiert. Demnach gibt es z.B. Kapitalgeber, die nur auf Unternehmen im Bereich Cleantech und Healthcare,   ausgerichtet sind. In der daran anschließenden sogenannten „Later-Stage“, welche mit dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens am Markt einsetzt, geht es regelmäßig darum, Kapital für das weitere Wachstum des Unternehmens zur Verfügung zu stellen. Hier stehen neben Wachstumsfinanzierern, zumeist Private Equity Gesellschaften mit entsprechendem Fokus, auch wieder verschiedene Formen der Bankenfinanzierungen zur Verfügung.

 

Wie und wo können Start-ups nach potenziellen Investoren suchen?

Reiner Schwenk:

Die gängigste Möglichkeit nach einem Kapitalgeber zu suchen, ist, sich einen Gesamtüberblick über potentielle Kapitalgeber im jeweiligen Lebenszyklus und ggf. der Industrie zu verschaffen und anschließend mit dem Businessplan auf den passenden Partner zuzugehen. Hierbei empfiehlt es sich, nicht alle potentiellen Kapitalgeber gleichzeitig anzusprechen. Vielmehr ist es ratsam, Erfahrungen aus den ersten Gesprächen und Terminen in die Unterlagen und Business Pläne einzuarbeiten und somit sicherzustellen, dass im weiteren Verlauf der Kapitalsuche keine offenen Punkte mehr existieren. Darüber hinaus gibt es zum Beispiel Gründerforen, auf  denen junge Unternehmen ihren „Business Case pitchen“ können. Ähnlich wie in einer Auktionshalle, tragen Gründer dabei in wenigen Minuten möglichst stichhaltig die Kernpunkte ihres Unternehmens oder Businessplans einem Publikum aus Investoren vor. Erachten die Investoren eine Unternehmensidee als interessant, können sie die Gründer im Nachhinein direkt ansprechen und den Finanzierungsdialog beginnen. 

 

Was müssen Start-ups bei der späteren Auswahl eines Investors berücksichtigen?

Reiner Schwenk:

Hier kann man zwischen weichen und harten Faktoren unterscheiden. Zu den weichen Kriterien zählen vor allem die Persönlichkeit, der Charakter und die Investitionskultur, die auf keinen Fall zu vernachlässigen sind. Es ist immens wichtig, dass Gründer und Kapitalgeber eine klare Kommunikation miteinander pflegen und sich gut verstehen. Die harten Faktoren umfassen eher die monetären Kriterien. Welcher Investor gibt dem Start-up die beste Bewertung? Neben den menschlichen und finanziellen Rahmenbedingungen kommen noch die Industriekenntnisse hinzu. Der Investor sollte über Kontakte und Netzwerke verfügen mithilfe dessen er dem Start-up den Zugang zum Kunden und Know-How erleichtern kann. 

 

In welchen Branchen ist die Finanzierung besonders einfach bzw. schwierig?

Reiner Schwenk:

Das ist nicht ganz einfach zu beantworten. Es liegt sicherlich immer ein bisschen daran, was gerade „en vogue“ ist. Vor einigen Jahren waren beispielsweise Green- und Cleantech-Themen im Trend und Fonds haben hier sehr viel Geld investiert und teilweise auch verloren. Wichtiger als der Trendfaktor sind aber   die   Erfolgschancen des jeweiligen Geschäftsmodells. Wie schnell kann der Businessplan in die Tat umgesetzt werden? Wie lange dauert es, um eine marktfähige Technologie zu entwickeln, wie zügig kann das Start-up Kunden erreichen? Wann ist mit echten Umsatzerlösen zu rechnen? Wie lange dauert es, bis das Geschäftsmodell profitabel betrieben werden kann? Diese Fragen hängen natürlich davon ab, wie kapitalintensiv der Sektor ist, in dem das Start-up agiert. Um auf Cleantech zurückzukommen: Hier kann es oft Jahre dauern, bis die Technologie voll funktionsfähig ist, da die Entwicklung, die Herstellung, der Test und die Industriereife entsprechender Technologien  oft sehr viel Zeit und auch Kapital kostet. Der „Return on Investment“ für den Kapitalgeber kann demensprechend lange Zeit sehr gering sein und häufig muss Kapital nachgeschossen werden, um weiteren Finanzierungsbedarf zu decken. Im Bereich Internet Start Ups ist es sogar möglich,  einzelne Geschäftsmodelle mit deutlich geringerem Aufwand und Finanzierungsbedarf zu etablieren. Zudem sind diese Geschäftsmodelle oftmals leichter skalierbar, denn über das Internet sind neue Kundenkreise und Geographien schnell zu erreichen. Nicht selten können hier schon nach nur wenigen Monaten Programmierungsarbeit funktionsfähige Geschäftsmodelle entwickelt werden, die bereits in einer frühen Phase profitabelumgesetzt werden können. 

 

Inwieweit tragen Innovationen zum Unternehmenserfolg bei?

Reiner Schwenk:

Innovationen sind in unserer marktwirtschaftlichen Gesellschaftsform unerlässlich. Innovationen brechen entstandene Gleichgewichte auf und sorgen dafür, dass neue Technologien, Produkte und Märkte entstehen. Ohne kontinuierliches Innovationsstreben sind dauerhafter Erfolg eines Unternehmens und damit sein Überleben heutzutage kaum mehr möglich. 

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