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Datensalat in der Betriebsprüfung: Wer schafft Ordnung?

Fachbeitrag: Fehlende inhaltliche Standards bei der Betriebsprüfung

Die Betriebsprüfung ist einer der wichtigsten Bestandteile des Besteuerungsverfahrens. Eigentlich würde man deshalb erwarten, dass es einen inhaltlichen Standard für die elektronische Zurverfügungstellung der relevanten Daten an die Finanzverwaltung gibt. Tut es aber nicht. Dieser Umstand trägt zur enorm hohen Komplexität des gesamten Themas Betriebsprüfung bei. Allerdings gibt es dafür auch nachvollziehbare Gründe.

In zahlreichen Industrienationen gibt es inhaltliche Standards für die elektronische Zurverfügungstellung von prüfungsrelevanten Daten bei einer Betriebsprüfung. Im „Behördenland“ Deutschland hingegen existieren hier ausnahmsweise keine entsprechenden Richtlinien. Auch Bestrebungen, hierzulande einen international gültigen (Mindest-)Umfang zu etablieren, werden von der Finanzverwaltung derzeit noch nicht aufgegriffen. Grund: Befürchtete Einschränkungen bei Zugriffsrechten, die als Steuerschlupflöcher genutzt werden könnten.

Einzige Ausnahme ist die ab dem 01.01.2018 vorgeschriebene Digitale LohnSchnittstelle (DLS). Diese schreibt nicht nur den sog. Beschreibungsstandard (häufig „GoBD-/GDPdU-Format“) als technisches Format vor, sie enthält auch inhaltliche Vorgaben.

Systemhersteller sind oft einen Schritt voraus

Technische Möglichkeiten zur Umsetzung inhaltlicher Mindeststandards wären vorhanden. Viele Hersteller von Buchführungs- und ERP-Systemen stellen automatisierte Schnittstellen zur GoBD-konformen Datenextraktion für Zwecke der Betriebsprüfung bereit.

Damit können z.B. relevante Daten aus der Finanz- oder Anlagenbuchhaltung vergleichsweise einfach und standardisiert extrahiert werden. Sogar mehrere Unternehmen einer Unternehmensgruppe könnten im gleichen Zug berücksichtigt werden.

Allerdings bleibt es auch hier dem Hersteller überlassen, die Tabellen und Felder zu bestimmen, die über die Schnittstelle ausgegeben werden sollen. Die Definition des Umfangs mag in Zusammenarbeit mit Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern oder im Einzelfall sogar mit Vertretern der Finanzverwaltung entstanden sein. Rechtsicherheit, dass damit weitere Anforderungen während einer Betriebsprüfung ausgeschlossen sind, gibt es aber nicht. Unternehmen bleiben nach wie vor verpflichtet, auf Anforderung Zugriff auf weitere Daten zu gewähren.

Der Datenexport über systemintegrierte Schnittstellen ist meist relativ einfach zu konfigurieren, z.B. anhand der zu exportierenden Buchführungssegmente.

Diese Daten erwartet die Finanzverwaltung mindestens aus der Finanzbuchführung:

  • Eine Übersicht über alle Buchungen des Hauptbuchs
  • Falls in Nebenbüchern geführt: Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung inkl. der Kreditoren- und Debitorenstammdaten, 
  • Einen Kontenplan 
  • Soweit elektronisch vorliegend: Verweise auf die (digitale) Beleghaltung.

Darüber hinaus sollte aus der Anlagenbuchführung das Anlagenverzeichnis pro Periode erstellt werden können.

Systeme ohne (eigene) Schnittstelle

Zum Leidwesen der prüfungspflichtigen Unternehmen verfügen nicht alle DV-Systeme über Schnittstellen zum GoBD-konformen Datenexport. Davon betroffen sind insbesondere ausländische ERP-Systeme mit niedrigem Marktanteil in Deutschland. Deren Fokus liegt logischerweise nicht auf der Erfüllung der Anforderungen durch die hiesigen Finanzverwaltungen.

Gleichsam sind deutsche Unternehmen nicht verpflichtet, GDPdU-Schnittstellen für ihre DV-Systeme zu erwerben oder zu lizensieren. Voraussetzung hierfür ist, dass die Prüfbarkeit der Buchführung bzw. der digitalen Unterlagen dennoch sichergestellt ist.

Die Einrichtung einer Schnittstelle kann in manchen Fällen dennoch Sinn machen. Zur Entscheidungsfindung sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:
- Wie hoch sind die internen und externen Kosten für die Schnittstelle?
- Lässt sich die Lösung mit den IT-Sicherheitsrichtlinien des Unternehmens vereinbaren?
- Welcher Aufwand entsteht ohne Schnittstelle für die Bereitstellung der erforderlichen Daten, etwa durch manuelle Datenextraktion?
- Wie hoch sind das Risiko einer möglichen Unverwertbarkeit der Daten und die daraus wiederum entstehenden Kosten?

Was macht die Finanzverwaltung?

Die Finanzverwaltung hat zusammen mit dem Hersteller der Prüfsoftware IDEA den technischen Aufbau der zu liefernden Daten definiert. Dies soll die Prüfbarkeit der Buchhaltungsdaten erleichtern.

Ziele dieses sog. Beschreibungsstandards sind eine standardisierte Datenextraktion aus dem DV-System des Unternehmens und ein problemloser Datenimport bei den Datenempfängern. Die Strukturinformationen, die ein Datensatz im GDPdU-Format mitbringt, vereinfachen die anschließende Datenaufbereitung erheblich und ermöglichen einen schnelleren Einstieg in die inhaltlichen Prüfungshandlungen.

Wie gesagt, betreffen diese Standardisierungsansätze allerdings nur den technischen Part; inhaltlich gibt es aus den vorgenannten Gründen (noch) keine Richtlinien seitens der Finanzbehörden.

Was ist bei Änderungen in der DV-Landschaft zu berücksichtigen?

Folgende Aspekte sollten Sie bei Neuerungen in Ihrer IT-Landschaft berücksichtigen.

Identifikationsmerkmale
Bei Buchführungssystemen, die Teilbuchungssätze verarbeiten und ausgeben, fordert die Finanzverwaltung ein Identifikationsmerkmal. Dieses muss die Zusammenführung der Teilbuchungssätze zu einem „Gesamt“-Buchungssatz erlauben und so die Zuordnung von Konto und Gegenkonto nachvollziehbar machen. Ähnliches gilt, wenn Hauptbuch und Nebenbücher entweder innerhalb eines DV-Systems technisch weitgehend unabhängig voneinander oder in getrennten DV-Systemen geführt werden. Sicherzustellen ist die sog. progressive und retrograde Prüfbarkeit der Buchführungsdaten.

Notwendigkeit ergänzender Unterlagen
Bei der Analyse der Buchführungsdaten können ergänzende Unterlagen notwendig werden.

Beispiel: Ein Unternehmen ordnet seine Geschäftsvorfälle bereits während der buchhalterischen Erfassung anhand der drei USt-Sätze (19%, 7% und 0%) ein. Allerdings erfolgt keine Unterscheidung zwischen nicht steuerbaren und steuerfreien Umsätzen - beide wurden lediglich mit 0% erfasst.

Das Unternehmen muss deshalb ergänzende Arbeitspapiere vorlegen, in denen es die Trennung nach umsatzsteuerlichen Sachverhalten ausweist.

Archivierungsfunktionen und Datenübernahme
Die Aufbewahrungspflicht von bis zu 10 Jahren muss auch bei steuerrelevanten digitalen Unterlagen, z.B. in Archivsystemen berücksichtigt werden. Hier spielt insbesondere die Datenextraktion zum Zweck der Datenträgerüberlassung eine wichtige Rolle.

Bei Systemwechsel oder Updates, die zur Abschaltung des Altsystems führen, stellt die Finanzverwaltung besondere Anforderungen an die Datenmigration. Diese ist zur lückenlosen Dokumentation unerlässlich. Auch bei internationalen Konzernzusammenschlüssen ist hier erhöhte Sorgfalt geboten.

Fazit

Die Hersteller prüfungsrelevanter DV-Systeme sind in der Lage, kompatible Schnittstellen mit IDEA einzurichten. In vielen Fällen erfolgte dies auch in Zusammenarbeit mit Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern oder gar in Abstimmung mit dem Hersteller der Prüfsoftware und Vertretern der Finanzverwaltung. Die technischen Voraussetzungen zur Standardisierung wären also vorhanden.

Derzeit hapert es noch an inhaltlichen Richtlinien. Der Gesetzgeber könnte die Lage wesentlich vereinfachen, indem verbindliche Mindeststandards definiert und umgekehrt die Rechtsunsicherheit für Unternehmen verringert wird: Eine Konkretisierung der Anforderungen an den Zugriff auf die DV-Systeme und die GoBD-konforme Archivierung würde die Arbeit für alle Beteiligten einfacher machen.

Bis es soweit ist, liegt es in der Macht der einzelnen Unternehmen, ihre DV-Systeme mit entsprechenden Schnittstellen auszurüsten. Die Entscheidung darüber können die einzelnen Firmen anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse fällen.

 

Dieser Beitrag ist angelehnt an den Artikel „Datenträgerüberlassung: Z3-Datenzugriff im Rahmen der Betriebsprüfung“, DER BETRIEB Beilage 04 zu Heft Nr. 47 vom 25.11.2016, S. 40 ff. Die Ausgabe mit dem vollständigen Beitrag können Sie hier erwerben.

Autoren: Claudia Hanke

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