Posted: 26 Mar. 2021 3 min Lesezeit

Economic Trend Briefing: Welthandel auf Wachstumskurs

Die Konjunktur in Deutschland und Europa leidet unter dem andauernden Lockdown sehr viel weniger als im ersten Lockdown, wenngleich ein Schrumpfen der Wirtschaft im ersten Quartal 2021 unvermeidbar sein dürfte. Auch ist die Unternehmensstimmung noch relativ optimistisch und liegt zumindest für die Industrie trotz der Corona-Beschränkungen nach wie vor im positiven Bereich.

Großen Anteil daran hat die positive Entwicklung des Welthandels in den letzten Monaten, der für die exportorientierten europäischen Volkswirtschaften enorm wichtig ist. Immerhin machen die Exporte sowohl in Deutschland wie in der Eurozone insgesamt knapp die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts aus und liegen in einigen EU-Ländern wie den Niederlanden oder den osteuropäischen Mitgliedsstaaten noch deutlich höher. Nicht nur die momentane Situation des Welthandels gibt Anlass für Optimismus, auch die Aussichten für das laufende Jahr sind positiv.

 

Die Entwicklung des Welthandels in der Corona-Krise

 

Der Welthandel hat sich nach der ersten Corona-Welle bemerkenswert schnell erholt. Der Absturz in der ersten Phase war zwar noch dramatischer als in der Finanzkrise, aber der Handel erholte sich sehr viel schneller. Nach der Finanzkrise dauerte es quälend lange, bis der Welthandel überhaupt wieder in die Nähe des Ausgangsniveaus kam, nämlich ungefähr zwei Jahre. In der COVID-19-Krise war der Absturz nach fünf Monaten gestoppt und nach zehn Monaten war das Ausgangsniveau schon wieder erreicht. Die Ende März 2021 veröffentlichten Daten für die Entwicklung bis Januar zeigen sogar noch einmal eine Beschleunigung. Der globale Güterhandel wuchs im Januar um 2,6 Prozent im Vergleich zum Dezember und erreichte seinen höchsten Stand seit Oktober 2018. Insofern ist die V-förmige Erholung zumindest für den Welthandel Realität geworden.

 

 

Deutsche Exporte erholt

 

Das Jahr 2020 war natürlich trotzdem extrem schwierig für die deutsche Exportwirtschaft. Die Exporte fielen extrem tief in den ersten Monaten der Krise und brachen auf das Jahr gesehen um über neun Prozent ein. Von der anziehenden Dynamik des Welthandels profitieren sie dann allerdings gegen Ende des Jahres 2020 und in den ersten Monaten des neuen Jahres. Im Januar zog das Wachstum gegenüber Dezember noch einmal an und die Exporte lagen nur noch um gute drei Prozent unter dem Vorkrisenwert von Februar 2020.¹

 

Einige Verschiebungen haben sich bei den deutschen Handelspartnern ergeben: Die Exporte in den wichtigsten Absatzmarkt USA gingen 2020 um über 12 Prozent zurück, die nach Frankreich, dem drittwichtigsten Exportmarkt, um fast 15 Prozent. Auch der Brexit hinterlässt tiefe Spuren. Die deutschen Exporte in das Vereinigte Königreich fielen im letzten Jahr um mehr als 15 Prozent und nach dem Ende der Übergangsperiode im Januar um fast 30 Prozent im Vergleich zum Januar 2019. Dagegen sind die Exporte nach China über das Jahr gesehen quasi konstant geblieben (-0,1 Prozent gegenüber 2019) und trugen damit stark zu einer Stabilisierung der deutschen Konjunktur bei.² Insofern profitierte die deutsche Wirtschaft sehr stark von der schnellen Erholung in China nach der ersten Corona-Welle. 

 

Ausblick

 

Die weiteren Aussichten für den Welthandel und die deutschen Exporte sind durchaus vielversprechend. Der RWI/ISL Containerumschlagindex, ein Frühindikator für den Welthandel, der den Umschlag von Containern in internationalen Häfen misst, ist leicht gestiegen und bewegt sich nahe seinen bisherigen Höchstständen.³ Aber auch die fundamentalen Faktoren sprechen für weiteres Wachstum. Der internationale Währungsfonds geht von einem Wachstum des Welthandels von 8,1 Prozent für 2021 aus. Diese positiven Grundtendenzen werden durch die Erholung der US-Wirtschaft verstärkt, die 2021 durch das kürzlich verabschiedete riesige Konjunkturpaket den meisten Prognosen zufolge ein sehr hohes Wachstum von über sechs Prozent erreichen wird. Damit dürften die USA wieder zur Wachstumslokomotive werden und die deutschen Exporte weiter ein tragender Pfeiler der Konjunktur bleiben.

 

 

¹ Destatis 2021. Exporte im Januar 2021: +1,4 % zum Dezember 2020. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/03/PD21_107_51.html

² Destatis 2021. Exporte im Dezember 2020: +0,1 % zum November 2020. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/02/PD21_054_51.html

³ https://www.rwi-essen.de/containerindex

Download

Hier können Sie sich den Blogbeitrag als PDF herunterladen:

Weitere Beiträge der Economic Trend Briefings:

Die Economic Trend Briefings analysieren die wichtigsten kurz- und langfristigen Herausforderungen sowie die relevantesten Trends für die deutsche Wirtschaft.

Ihr Ansprechpartner

Dr. Alexander Börsch

Dr. Alexander Börsch

Chefökonom & Director Research

Dr. Alexander Börsch ist Chefökonom und Leiter Research Deloitte Deutschland. Sein Fokus liegt auf der Analyse ökonomischer Trends und ihren Auswirkungen auf Unternehmen und Unternehmensumfeld. Er ist Autor zahlreicher Publikationen zu den Themen Wachstum und Konjunktur, Brexit, digitale Ökonomie sowie Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, Städten und Ländern.