Posted: 20 Jun. 2022 7 Lesezeit

Consumer Industry Briefing: E-Bikes unter Strom

Wie häufig, warum und für welche Strecken werden E-Bikes in Deutschland genutzt? Eine aktuelle Deloitte-Konsumentenbefragung liefert Antworten und vergleicht die Verwendung von E-Bikes mit weiteren E-Fortbewegungsmitteln.

E-Bikes sind wesentliche Treiber der Elektromobilität und wie andere elektrifizierte Fortbewegungsmittel (im Folgenden „E-Fortbewegungsmittel“) auf dem Vormarsch. Die E-Mobilität gilt dabei als einer der größten Hoffnungsträger für eine nachhaltigere Zukunft. Vor allem das E-Bike profitierte in den vergangenen Jahren von den aktuellen Entwicklungen eines steigenden Nachhaltigkeits- und Gesundheitsbewusstseins, welche durch die COVID-19-Pandemie und den Drang vieler Menschen zur Bewegung an der frischen Luft zusätzlich beschleunigt wurden. Nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV) stieg die Anzahl verkaufter E-Bikes von 1,36 Mio. 2019 auf 1,95 Mio. im ersten Pandemie-Jahr 2020. Mit rund 2,0 Mio. verkauften E-Bikes konnte dieses hohe Niveau auch im Jahr 2021 trotz Schwierigkeiten in den Lieferketten und dem dadurch beschränkten (E-)Bike-Angebot aufrechterhalten werden. So zeichneten im vergangenen Jahr E-Bikes fast für jeden zweiten Fahrradkauf in Deutschland (43%) verantwortlich – Tendenz steigend.[1]

Das nachfolgende Deloitte Consumer Industry Briefing beleuchtet die Nutzungsraten und -gründe bzw. -zwecke sowie die damit im Zusammenhang stehenden durchschnittlichen Streckenlängen von E-Bikes im Vergleich zu weiteren E-Fortbewegungsmitteln wie dem E-Auto und dem E-Scooter. Die dargestellten Ergebnisse basieren auf einer von Deloitte im Mai 2022 durchgeführten repräsentativen Konsumentenbefragung, an der 1.008 Personen aus Deutschland ab einem Alter von 18 Jahren teilgenommen haben.

E-Bikes das attraktivste E-Fortbewegungsmittel 

18 Prozent der Teilnehmer der Deloitte-E-Mobility-Umfrage 2022 gaben an, ein E-Bike zu nutzen. Das E-Bike stellt somit das am häufigsten genutzte E-Fortbewegungsmittel dar und wird von deutlich mehr Befragten genutzt als E-Autos und E-Scooter (jeweils 7%, Abb. 1). Ein wesentlicher Einflussfaktor dafür ist die unterschiedliche Attraktivität der E-Fortbewegungsmittel, wobei wir auf die spezifischen Gründe im Folgenden näher eingehen werden. Vergleicht man die Einschätzung der Befragten zwischen den einzelnen E-Fortbewegungsmitteln, erreicht das E-Bike (2,7) den höchsten Durchschnittswert (auf einer Skala von 1 – „sehr unattraktiv“ bis 4 – „sehr attraktiv“), gefolgt vom E-Auto (2,6) auf dem zweiten Rang (Abb. 2). 

Abb. 1 – Nutzung von E-Fortbewegungsmitteln | Abb. 2 – Empfundene Attraktivität von E-Fortbewegungsmitteln

 

Praktikabilität und Nachhaltigkeit als Kerngründe für die Attraktivität 

Neben der Elektrifizierung existieren weitere Treiber für die hohe Attraktivität von E-Bikes. Konsumenten, welche diese als „sehr attraktiv“ einstufen, schätzen vor allem die empfundene Praktikabilität (62%, Abb. 3). Diese umfasst die höhere Reichweite beziehungsweise die geringere körperliche Anstrengung im Vergleich zu konventionellen Fahrrädern. Ein großer Anteil der Befragten gab an, das E-Bike als Alternative zu anderen Fortbewegungsmitteln (46%) und als nachhaltiges Fortbewegungsmittel (41%) zu empfinden. 

Abb. 3 – Gründe für Attraktivität des jeweiligen E-Fortbewegungsmittels

 

E-Bikes differenzieren sich durch Freizeit- und Sportnutzung 

Das E-Bike vermittelt laut den Befragten einen höheren Spaßfaktor (37%) und eine höhere Eignung als Sportgerät (22%) im Vergleich zu E-Scootern (6%). Dass der Motor bei der Verwendung von E-Bikes die eigene physische Leistung des Nutzers nur unterstützt und nicht vollkommen ersetzt, differenziert das E-Bike von anderen E-Fortbewegungsmitteln. So steht das E-Bike gemäß der folgenden Abbildung bei den Konsumenten nicht nur für sportliche Zwecke (40%) hoch im Kurs, sondern wird im Vergleich zu den weiteren E-Fortbewegungsmitteln auch regelmäßig für erholsame Touren und Ausflüge verwendet (67%, Abb. 4).

Für das tägliche Pendeln ist das E-Bike jedoch etwas weniger attraktiv – nur 29% der Nutzer gaben an, das E-Bike für den Arbeits- oder Schulweg zu benutzen. Gründe dafür sind der empfundene Mangel an E-Bike-kompatibler Infrastruktur, den im Vergleich zum E-Scooter erhöhten körperlichen Anstrengungsgrad sowie die direkte Wetter- und Witterungsaussetzung. Anders sieht es vor allem bei E-Autos aus. Dieses dient einem Großteil der Nutzer (65%) als Transportmittel für den Weg zu Arbeit. Ein wesentlicher Vorteil des E-Autos ist dabei seine Wetterunabhängigkeit. Für den täglichen Pflichtweg gewinnt dieser Faktor erheblich an Relevanz. Hierbei könnten beispielsweise technologische Weiterentwicklungen, eine erhöhte Wetterfestigkeit und bessere Transportmöglichkeiten (z.B. Cargobikes) die Relevanz des E-Bikes für diese Bereiche erhöhen und damit zu einem zusätzlichen zukünftigen Wachstum beitragen.

Für Alltagsbesorgungen wird das E-Bike dagegen von etwa jedem zweiten Nutzer (53%) verwendet. Auch hier zeigen die Studienergebnisse, dass E-Autos (68%), unter anderem aufgrund der besseren Transportmöglichkeit von größeren Gegenständen wie Getränkekisten, weiterhin etwas häufiger für alltägliche Besorgungen verwendet werden. Der Trend des elektrisierten Lastenfahrrads und oder -anhängers sorgt jedoch dafür, dass auch für den größeren Einkauf E-Bikes zunehmend zum Einsatz kommen.

Abb. 4 – Zwecke für die Nutzung der E-Fortbewegungsmittel

 

E-Bikes auch für längere Strecken genutzt

Bei der medianen Streckenlänge liegt das E-Bike in der Mitte zwischen E-Scooter und E-Auto. Auffällig ist, dass das E-Bike auch für längere Touren verwendet wird: So liegt das oberste Quartil bei über 30 Kilometern (d.h., 25% der angegebenen Werte oberhalb dieses Werts, Abb. 5). Grund für die langen E-Bike-Fahrten ist die häufige Freizeitnutzung in Form langer Touren.

Wenig überraschend wird das E-Auto mit einer medianen Streckenlänge von 25 Kilometern für die längsten Strecken (3. Quartil bis 40 km) verwendet. Als anstrengungsfreie und wettergeschützte Form der E-Mobilität ist das E-Auto – wie sein Verbrennungspendant – naturgemäß prädestiniert für lange Strecken. Dahingegen wird der E-Scooter im Median für nur 5 Kilometer benutzt. Geprägt ist dies zudem auch durch die vergleichsweise geringere Reichweite.[2]

Abb. 5 – Streckenlänge je E-Fortbewegungsmittel

 

Vorerst fährt das E-Bike voraus

E-Bikes sind bereits das meistgenutzte E-Fortbewegungsmittel in Deutschland. Vor allem die positive Wahrnehmung von E-Bikes bei einer breiten Masse von Konsumenten spricht für eine weitere Marktdurchdringung. Die Kombination aus höherer Reichweite (gegenüber konventionellen Fahrrädern), umweltbewussterer Fortbewegung (im Vergleich zu Autos mit Verbrennungsmotor) und sportlicher Betätigung trifft den Zahn der Zeit und unterscheidet E-Bikes von anderen E-Fortbewegungsmitteln. Entsprechend werden E-Bikes sowohl für die alltäglichen Wege als auch für freizeitliche Zwecke genutzt. Gleichwohl werden für eine weitere Verbreitung dieses E-Fortbewegungsmittels unter anderem zusätzliche infrastrukturelle Anpassungen notwendig sein, um die Attraktivität von E-Bikes nochmals zu erhöhen. Eine weitere Herausforderung stellt der vergleichsweise hohe Preispunkt von E-Bikes dar, welcher laut dem Verband des Deutschen Zweiradhandels e.V. in den vergangenen Jahren stetig gestiegen ist.[3]

Insgesamt ist jedoch vom anhaltenden Erfolg von E-Bikes auszugehen, was sowohl deren weitere Penetration im Fahrradmarkt als auch deren absoluten Absatz anbelangt. Eine bessere E-Bike-Verfügbarkeit nach den aktuellen Lieferschwierigkeiten sowie zusätzliches Potenzial durch das aktuell stark aufkommende Firmenrad-Leasing könnten die Absatzzahlen von E-Bikes in Deutschland zukünftig noch stärker vorantreiben. Sie könnten somit ihren Vorsprung aufgrund der aktuellen Vorteile gegenüber E-Autos und E-Scootern kurz- und mittelfristig sogar noch ausbauen.

[1] Zweirad-Industrie-Verband: „Marktdaten Fahrräder und E-Bikes 2021“, unter: https://www.ziv-zweirad.de/fileadmin/redakteure/Downloads/Marktdaten/ZIV_Marktdatenpraesentation_2022_fuer_Geschaeftsjahr_2021.pdf (abgerufen am 07.06.2022).

[2] Allgemeine Deutsche Automobil-Club e. V. (ADAC): „E-Scooter-Test: Große Unterschiede bei Qualität und Reichweite“, unter: https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/tests/elektromobilitaet/e-scooter-test/ (abgerufen am 14.06.2022)

[3] Verband des Deutschen Zweiradhandels e.V.: „Der Fahrradfachhandel 2021/2022“, unter: https://www.handelsverband-owl.de/wp-content/uploads/sites/24/2022/03/2022_03_16_Presseinfo.pdf (abgerufen am 07.06.2022)

 

Autorin:

Kim Lachmann

Senior Manager | Sport Business Gruppe

klachmann@deloitte.de

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Karsten Hollasch ist Partner im Bereich Financial Advisory mit Sitz in Düsseldorf. Sein Schwerpunkt liegt im Bereich Transaction Services für Corporate- sowie Private-Equity-Kunden. Darüber hinaus verfügt er über Erfahrung in nationalen und internationalen Due-Diligence-Projekten. Er leitet weltweit den Private-Equity-Sektor in Financial Advisory und hat seit 2023 auch die Gesamtverantwortung über alle Businesses für das Private Equity Geschäft auf EMEA-Ebene. Darüber hinaus war er bis 2023 Leiter des Industriesegments Consumer Business bei Deloitte Deutschland und DCE.

Stefan Ludwig

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Partner | Leiter Sports Business Group

Bei Stefan Ludwig trifft Business-Expertise auf Sport-Leidenschaft – eine Kombination, die sich nahtlos durch seine rund 20 Berufsjahre im Sportbusiness zieht. Am 1. Juni 2018 hat er die Sport Business Gruppe bei Deloitte übernommen. Kein Neuland: Zwischen 2002 und 2012 war er bereits verantwortlich für den Aufbau der Sport Business Gruppe, die sich als Prüfungs- und Beratungsspezialisten einen Namen in der nationalen und internationalen Sport- und Fitnessindustrie gemacht hat. Sein Industriefokus wird ergänzt durch Kompetenzen in den Bereichen Organisationsentwicklung, Finanzen & Controlling, Transaktionsberatung, Digitalisierung und Vertrieb & Kommerzialisierung.