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Interview mit Trufa-Gründern

Nicht jeder muss Data Scientist werden

Seit Juli verstärkt uns das Team von Trufa bei Deloitte. Mit der Trufa-Software erweitern wir unser Angebot in den Bereichen Analytics und KI. Wir haben mit den beiden Gründern Ralph Treitz und Andreas Mielke über die Software und das Gründen gesprochen.

Können Sie uns ein bisschen mehr über Trufa erzählen – was kann die Software?

Ralph Treitz: Trufa ist eine Analytics-Anwendung, die Informationen über betriebswirtschaftliche Optimierungen im Unternehmen in extremer Geschwindigkeit und Präzision erarbeitet. Bisher bedeutete Analytics, Zahlen zu Kennzahlen zu aggregieren, in Torten und Balken zu verwandeln und vielleicht noch Trendlinien zu errechnen. Die komplexe, aber wertschöpfende Arbeit – nämlich aus den Informationen Erkenntnisse und Aktionen abzuleiten – muss der Mensch leisten. Trufa geht über diese bloße Visualisierung von Fakten hinaus. Mit ihrer maschinellen Intelligenz bietet sie ein neues Level an inhaltlicher Analyse. Für betriebswirtschaftliche Ziele, wie beispielsweise das Einsparen von Working Capital, analysiert die Software, welche Maßnahmen wirksam sind und wieviel Geld geschöpft werden kann. Sie berechnet zudem, wie wahrscheinlich das Gelingen der Optimierungsmaßnahme ist.

Ralph Treitz

Andreas Mielke: Wir müssen hier Software einsetzen, denn die Komplexität der Optimierung wächst mit der Größe des Unternehmens. Einerseits gibt es zahlreiche Einflussfaktoren auf Working Capital, Profitabilität oder andere interessante Größen. Es wird aber vollkommen unübersichtlich, wenn man bedenkt, dass nicht jeder Einflussfaktor gleichmäßig auf alle Einheiten eines Unternehmens wirkt. So kann z.B. bei einigen Produkten eine Preiselastizität bestehen. Vielleicht besteht sie aber auch bei diesen Produkten nur für Kunden in Südamerika. Und vielleicht nur bei Eillieferungen, nicht aber bei Normallieferungen. Menschen können nur einen verschwindend kleinen Teil dieser Kombinatorik überblicken. Eine Maschine kann fast alle Möglichkeiten durchrechnen und priorisieren. Zudem handeln Menschen erfahrungsbasierend, was den Horizont oft einschränkt während die Maschine emotionslos alle Fakten analysiert. Dem Anwender kann sie dann konkrete Hinweise geben, wo er hinschauen soll, welche Maßnahmen sich lohnen und wie viel Geld dort zu heben ist.

Andreas Mielke

Wie kann man sich das vorstellen?

RT: Konkreter Fall: Das Reporting eines Kunden weist steigende Lagerbestände in einem Werk aus, obwohl sich die Produktionsmenge nicht steigert. Weder aus dem Reporting noch durch Befragen des Managements kann dieser Effekt erklärt werden. Trufa zeigt, dass dies am Heraufsetzen von Bestellpunkten einzelner Materialien liegt, sie werden nun früher bestellt als zuvor, die Lagermenge steigt. Das Vorziehen der Bestellungen erfolgt aufgrund mangelnder Termintreue der Lieferanten, von denen die Materialien bezogen werden. Mit der erhöhten Vorratsmenge werden Verzögerungen in der Lieferung ausgeglichen. Andererseits zeigt die Software auch, dass diese Lieferanten, die erst seit sechs Monaten geführt werden, bessere Einkaufspreise als die vorherigen Lieferanten bieten. In Kenntnis all dieser Zusammenhänge kann nun über das weitere Vorgehen entschieden werden.

AM: Was hier beschrieben ist, könnte eine typische Aufgabe für einen Data Scientist sein. Mathematisch gesprochen werden Korrelation, Pattern Matching Algorithmen, usw. verwendet. Allerdings würde ein Data Scientist für die Bereitstellung der Daten, den Bau eines spezifischen Modells und die entsprechende Analyse einige Wochen brauchen. Trufa stellt diese Zusammenhänge in Sekunden her. Und das zwischen nahezu beliebigen Größen. Und dafür muss der Anwender eben gerade kein Data Scientist sein. Es muss nichts spezifisch für diesen Fall programmiert oder modelliert werden.
 

Sie haben Trufa zu zweit gegründet. Was würden Sie sagen, ist für ein Gründerteam wichtig?

RT: Eine wertschöpfende Idee, die gemeinsame konzentrierte Arbeit und viel, viel Durchhaltevermögen aller Beteiligten.

AM: Und ein richtig gut funktionierendes Team, das die Idee als gemeinsames Ziel begreift und weiterentwickelt.

Was war die Idee, die Sie zum Gründen motiviert hat?

RT: Wir beiden haben vor Trufa bereits andere Unternehmen gegründet, die sich mit der automatisierten Analyse von Unternehmensdaten befasst haben. Allerdings hatten wir dort eher Teilaspekte in Arbeit, wie zum Beispiel die Analyse des IT-Betriebs. Aus diesen Erfahrungen haben wir immer weitergehende Ideen und Lösungen entwickelt. Hat man die Finanzierung auf die Beine gestellt, kann man sich in einem Start-up konzentriert mit einem selbst gestellten Problem beschäftigen. Das ist eine sehr schöne Art zu arbeiten.

AM: Ich komme aus dem Hochschulbereich, wo von einem konkreten Forschungsergebnis bis zur Realisierung eines Prototyps gerne 25 Jahre vergehen können – und noch weitere Jahre bis zu einer Anwendung, die für Menschen relevant ist. In einem Start-up geht das viel schneller. Wenn wir bei Trufa eine neue Idee für unser Produkt haben, können wir diese in kurzer Zeit umsetzen und sehen, wie Kunden das Resultat erfolgreich anwenden. Das fasziniert mich heute immer noch.

Wie geht es jetzt unter dem Dach von Deloitte weiter?

RT: Wir haben hier innerhalb von Deloitte Digital mit dem Deloitte Analytics Institute und der Garage eine tolle Umgebung gefunden, die die Möglichkeiten eines Großunternehmens mit Innovation und Unternehmertum zusammenführt. Viele Unternehmen streben eine solche Symbiose an. Als Mentor für Start-ups rund um das KIT in Karlsruhe habe ich recht viel Einblick in diese Thematik. Mit Deloitte Digital hat Deloitte alle Voraussetzungen geschaffen, diese Idee langfristig erfolgreich umzusetzen.