Tax-Compliance | innerbetriebliches Kontrollsystem | Deloitte Deutschland

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Tax-Compliance – ausschließlich ein Thema der Steuerabteilung?

Das Bundesfinanzministerium äußert sich hinsichtlich der Einrichtung eines innerbetrieblichen Kontrollsystems.

Die Einrichtung eines innerbetrieblichen Kontrollsystems kann als Indiz gegen Vorsatz oder Leichtfertigkeit einer Steuerverkürzung gewertet werden. Infolgedessen kann sich das Risiko des haftenden Personenkreises deutlich reduzieren.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit seinem Anwendungserlass vom 23. Mai 2016 zu § 153 AO hinsichtlich der Frage der Abgrenzung von Berichtigungs- und Selbstanzeige Stellung genommen. In dem Erlass wird ausgeführt, dass die Einrichtung eines innerbetrieblichen Kontrollsystems ein Indiz gegen Vorsatz oder Leichtfertigkeit einer Steuerverkürzung sein kann. Infolgedessen kann sich das Risiko des haftenden Personenkreises deutlich reduzieren.

 

Relevanz

Als Reaktion auf diesen Anwendungserlass, hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) mit dem Entwurf eines Praxishinweises zur Ausgestaltung und Prüfung von Tax-Compliance-Management-Systemen (im Folgenden Tax-CMS oder Tax-Compliance) eine Leitlinie zur Implementierung und Prüfung eines solchen innerbetrieblichen Kontrollsystems geschaffen. Von Bedeutung sind insbesondere die praktischen Implikationen für ein Tax-CMS, wie der Praxisleitfaden angewendet und inwieweit Steuerarten, wie beispielsweise die Umsatzsteuer, als Teilbereich in ein ganzheitliches CMS nach IDW PS 980 oder nach vergleichbaren Rahmenwerken integriert werden können, ohne redundante sowie isolierte (Compliance-) Parallelsysteme zu schaffen.

Am Beispiel der Umsatzsteuer wird die Notwendigkeit zur Implementierung eines angemessenen und wirksamen Tax-CMS deutlich:
In den vergangenen Jahren resultierten regelmäßig rund 2 Mrd. EUR Mehrergebnis aus der Umsatzsteuer durch Betriebsprüfungen. Die Würdigung umsatzsteuerlicher Sachverhalte erfordert eine Vielzahl an abteilungsfremden Daten und Zuarbeiten, auf die sich die Steuerabteilung verlassen muss um ihren steuerlichen Erklärungspflichten nachzukommen. Die Komplexität sowie die hohen Transaktionsvolumina sorgen für eine höhere Fehleranfälligkeit und somit für eine potentielle Steuerverkürzung.

 

Rahmenwerk

Der vom IDW herausgegebene Praxishinweis verdeutlicht die Aktualität des Themas für Unternehmen und stellt das bislang einzige Rahmenwerk mit Leitlinien zur Ausgestaltung und Prüfung eines Tax-CMS dar. Der Anwendungserlass fordert keine explizite Prüfung des Tax-CMS, gleichwohl kann eine unabhängige Prüfung durch einen objektiven Dritten die Nachweisführung gegenüber der Finanzverwaltung wesentlich begünstigen.

Der Aufbau und Inhalt eines Tax-CMS basiert in der Regel auf der Identifikation relevanter Steuerarten, aus denen konkrete Risiken und gegensteuernde Maßnahmen abgeleitet werden. In der Praxis hat sich der Aufbau eines CMS nach dem allgemein anerkannten IDW Praxishinweis bewährt, der ein CMS in sieben Elemente strukturiert:
Compliance-Kultur, Compliance-Ziele, Compliance-Risiken, Compliance-Programm, Compliance-Organisation, Compliance-Kommunikation, Compliance-Überwachung und –Verbesserung.

 

Synergien

Fraglich ist, ob und inwieweit eine aufbau- und ablauforganisatorische Einbindung des Tax-CMS in ein übergeordnetes und oftmals durch die Compliance-Abteilung geführtes CMS sinnvoll erscheint.

Vorteile bietet insbesondere die partielle Integration, wobei die Steuer- sowie die Compliance-Abteilung in enger Abstimmung zusammenarbeiten, ohne das Tax-CMS vollständig in die Compliance-Funktion zu integrieren. Durch die vorhandenen Schnittstellen zu einem bereits installierten CMS können auf diesem Weg die vorhandene CMS-Methodologie sowie die Erfahrungen in der Steuerung von Compliance-Risiken genutzt und eine entsprechende Hebelwirkung erzielt sowie Zusatzbelastungen reduziert werden.

 

Fazit

Durch den Anwendererlass zu § 153 AO hat das BMF die Implementierung
eines innerbetrieblichen Kontrollsystems (Tax-CMS) für Steuerrisiken angeregt. Das IDW hat mit dem veröffentlichten Praxishinweis ein Rahmenwerk geschaffen, wonach Unternehmen ein angemessenes und wirksames Tax-CMS einrichten und Wirtschaftsprüfer dieses prüfen können.

Abzuwarten bleibt, wie ein Betriebsprüfer das Tax-CMS in der Praxis würdigt und welche Unterlagen im Rahmen der Vorlage- und Mitwirkungspflichten zur Verfügung gestellt werden müssen. Im Ergebnis wäre es wünschenswert, wenn die Finanzverwaltung die positiven Folgewirkungen eines Tax-CMS konkretisiert, um die Unsicherheit der Unternehmen zu mindern und einen notwendigen Grad an Rechtssicherheit – zumindest gegenüber der Finanzverwaltung – zu schaffen.

Ein Beitrag von Jan Bracke, Deloitte Corporate Governance Assurance | Seite 146-149

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