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Integration weitergedacht

Das Projekt „Berufsschulstufe Plus“ wurde 2018 mit dem Kutscheit­-Preis für Sprachförderung ausgezeichnet. Mit der finanziellen Unterstützung und der Pro­-bono-­Beratung will die Otto­-Steiner­-Schule ihr Programm noch attraktiver für Arbeitgeber machen.

Fleißig üben die Schüler der Otto­-Steiner-­Schule Tisch decken mit feinem Porzellan und hantieren an den Hebeln der Espressomaschine. So wie in einem richtigen Hotel. Beides wurde von dem Preisgeld des Hidden Movers Award angeschafft, zusammen mit Laptops für die Praktikumsrecherche. 

Klassenleiterin Annette Fendler freut sich, wie gut die Handgriffe schon sitzen: „Im Bereich Gastronomie gibt es in München viele unbesetzte Stellen.“ Eine Chance für die Schüler, die wegen ihrer geistigen Behinderung normalerweise keinen Job im ersten Arbeitsmarkt bekämen.

 

Jetzt treten wir bei den Praktikumsgebern selbstbewusster auf: Wir haben gut ausgebildete Arbeitskräfte, die auf dem ersten Arbeitsmarkt  eine Chance haben, eine feste Anstellung zu finden.

Heidi Trunsky-Wagner, Schulleiterin

Die Otto­-Steiner­-Schule begleitet Jugendliche mit geistiger Behinderung seit Jahren beim Start ins Berufsleben. Einige werden im Laufe des Unterrichts so selbstständig, dass sie mit Beschäftigungen im zweiten und dritten Arbeitsmarkt unterfordert wären. „Sie wünschen sich für ihre Zukunft wirtschaftliche Unabhängigkeit und Integration in die Gesellschaft“, sagt Schulleiterin Heidi Trunsky-Wagner. 

Seit 2016 gibt es für Schüler ab der 10. Klasse die Möglichkeit, sich für die „Berufsschulstufe Plus“ zu qualifizieren und mit Berufspraxis und Partnern wie dem Wohnstift „Augustinum“ einen Beruf auf dem ersten Arbeitsmarkt anzustreben. „Der erste Durchgang ist jetzt fertig geworden. Eine Absolventin hat im Wohnstift Augustinum München­-Nord eine Ausbildung zur Beiköchin begonnen, ein anderer als Fachkraft im Gastgewerbe“, erzählt Annette Fendler.

Da im Service kommunikative Fähigkeiten zählen, steht in der Ausbildung die Sprachförderung im Mittelpunkt. „Es gab Rückmeldungen von Unternehmen, dass unsere Bewerber in Sachen Sozialkompetenz ‚normalen‘ Bewerbern überlegen waren“, berichtet Schulleiterin Heidi Trunsky-Wagner. „Außerdem bringen unsere Schüler eine Empathiefähigkeit mit, die zum Beispiel in der Beschäftigung von Senioren besonders wertvoll ist.“

 

Der erste Durchgang ist jetzt fertig geworden. Eine Absolventin hat im Wohnstift Augustinum München­-Nord eine Ausbildung zur Beiköchin begonnen, ein anderer als Fachkraft im Gastgewerbe.

Annette Fendler, Klassenlehrerin

Diesen Eindruck kann Shanshan Hu nur bestätigen. Für die Beraterin im Bereich Risk Advisory in München war es der erste Pro­-bono-Einsatz für die Deloitte-Stiftung. Sie war überwältigt von der Offenheit, mit der die geistig behinderten Schüler auf sie reagierten: „Das waren Gespräche auf Augenhöhe. Und für mich ein Einblick in eine unbekannte Welt.“ Im Austausch profitierten beide Seiten, erzählt die Lehrerin Annette Fendler: „Der Kick-­off­-Termin und die Beratung haben uns ein besseres Gefühl für die Unternehmensperspektive gegeben.“ Heidi Trunsky­-Wagner fügt hinzu: „Jetzt treten wir bei den Praktikumsgebern selbstbewusster auf: Wir haben gut ausgebildete Arbeitskräfte, die auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Chance haben, eine feste Anstellung zu finden.“ Zusammen mit Shanshan Hu arbeitet die Schule gerade an einer Kommunikationsstrategie, die in einen Flyer über das Programm münden soll.

 

Das waren Gespräche auf Augenhöhe. Und für mich ein Einblick in eine unbekannte Welt.

Shanshan Hu, Beraterin im Bereich Risk Advisory

 

Der Flyer soll helfen, das Spektrum an Partnern aus Dienstleistung, Gastronomie oder Beschäftigung von Senioren zu erweitern. „Da wird uns der Hidden Movers Award sicher auch Türen öffnen“, hofft die Schulleiterin. Und wer weiß: Vielleicht ergibt sich die Gelegenheit, bei einer Veranstaltung der Deloitte-Stiftung tatkräftig mit anzupacken.