Aktuelle Herausforderungen in der Handelsschifffahrt

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Aktuelle Herausforderungen in der Handelsschifffahrt

Thomas Mazur

Forum RSI - Aktuelle Themen aus Restrukturierung, Sanierung und Insolvenz | Juni 2016

Die Handelsschifffahrt ist weiterhin einem rauen Seegang ausgesetzt. Seit dem Einbruch der Charterraten für Handelsschiffe Ende 2008, ist das Ratenniveau für die bis zum Beginn der Schifffahrtskrise zu überhöhten Preisen bestellten Schiffe im Regelfall nicht auskömmlich, um den Kapitaldienst zu leisten. Die bislang verhandelten finanziellen Restrukturierungsmaßnahmen erweisen sich als nicht nachhaltig. Regelmäßige Verhandlungsrunden mit den Finanzierern sind die Folge.

Einnahmenentwicklung der Handelsschifffahrt

Im Sommer 2015 erholten sich die Charterraten für Containerschiffe merklich, allerdings war diese Entwicklung nicht nachhaltig. Lediglich im Tanker-Segment sind die Charterra-ten seit Anfang 2015 deutlich gestiegen. Treiber der Entwicklung ist vor allem der anhal-tend niedrige Ölpreis sowie weiter steigende Raffineriekapazitäten in Lateinamerika und im Nahen Osten.

Abb.1 – Durchschnittliche Ergebnisse

Abb.1 – Durchschnittliche Chartereinnahmen

Die gängigen Marktindices für Container- sowie Bulkerschiffe befinden sich weiterhin auf einem historischen Tiefststand, so dass aktuell nicht von einer wesentlichen Verbesserung der Einnahmensituation in naher Zukunft auszugehen ist. Unter dieser Annahme gilt es neue Restrukturierungslösungen zu finden.

Abb 2 – Entwicklung Indices für Container und Bulker

Abb.2 - Entwicklung Indices für Container und Bulker

Transaktionen im Schiffssektor

Weiterhin verbleiben hohe Risiken in den Bilanzen der schiffsfinanzierenden Banken. Die Wertberichtigungsquote auf die Schiffsfinanzierungen ist – auch in Folge des im Jahr 2014 durchgeführten Asset Quality Reviews („AQR“) bei den systemrelevanten Banken weiter angestiegen. Nunmehr werden von branchenkundigen Marktteilnehmern Portfolio-Transaktionen, aber auch Buy & Build Transaktionen erwartet bzw. teilweise auch bereits initiiert. Insbesondere für Investoren ist es attraktiv, durch die Zusammenführung von Schiffsflotten und Schiffsmanagement wettbewerbsfähige Corporate Strukturen im Rahmen von solchen Buy & Build Transaktionen zu schaffen.

Im Zuge dieser erwarteten Entwicklung müssen Gesellschaften zusammengeführt, Kompetenzen neu geordnet und Synergiepotentiale gehoben werden. Auf Seiten der Reedereien bedarf es vor allem eines Management Teams, das Erfahrung im Umgang mit Private Equity Investoren hat. Neue Kompetenzen auf der Management Ebene sind daher mehr gefragt denn je. Auf diese Weise wird sich die Angebotsseite im Markt in naher Zukunft wesentlich verändern und zu einer Erholung der Charterraten beitragen.

Alternative Finanzierungsstrukturen - Verbriefungen

Für die notwendige Entlastung der Bankbilanzen von den Schifffahrtsdarlehen wurde in den letzten Monaten eine Alternative zum direkten Verkauf an Private Equity Investoren gesucht: Eine Alternative zum aktuell niedrigen Zinsniveau könnte der Erwerb von Schiffsfinanzierungen verschiedener Kreditgeber sein, die dann zu einem Portfolio zusammengefasst werden und über eine Verbriefung bei institutionellen Investorengruppen platziert werden. In der Regel wird diese Struktur in Equity Notes, Junior Notes, Senior Notes, evtl. auch Super Senior Notes, aufgeteilt, die dann von institutionellen Investoren erworben werden. Entsprechend des jeweiligen Ratings dieser Notes werden unterschiedliche Zinssätze bzw. Renditen vereinbart, die wesentlich höher sind als das aktuelle Zinsniveau.

Die Verbriefung erfolgt z.B. über eine Luxembourger Fondsstruktur. Das luxemburgische Recht lässt eine Struktur zu, die sehr flexibel ist und den Anforderungen der Schifffahrt Rechnung trägt. Veränderungen in der Zusammensetzung der refinanzierten Flotte sind ohne weiteres möglich. Auf diese Weise können Schiffe so lange gehalten werden, bis sich der Markt erholt hat und somit dann zum richtigen Zeitpunkt verkauft werden, ohne dass die Finanzierungsstrukturen im Fonds angepasst werden müssen. Das Aufsetzen eines Luxemburg Fonds kann neben Banken auch für Reedereien interessant sein, das sie über die langfristig angelegte Struktur einen indirekten Zugang zu institutionellen Investoren bekommt und auf eine Finanzierung für eine zukünftige Modernisierung oder eine Ausweitung ihrer Flotte zugreifen kann.

Containerhafen
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