Article

Zahlungsverkehr im Wandel

SEPA Instant Credit Transfer  

Echtzeitzahlungen in Euro sollen Ende 2017 Realität sein. Durch den Wegfall von Cut-off-Zeiten könnten Echtzeitzahlungen (Instant Payments) zu einer effizienteren Gestaltung des Cash- und Liquiditätsmanagements im Unternehmen führen.

Hintergrund

Im November 2015 beauftragte das Euro Retail Payments Board (ERPB), das Nachfolge-Gremium des SEPA Council unter dem Vorsitz der EZB, das European Payments Council (EPC – ein Gremium der europäischen Kreditwirtschaft) mit der Entwicklung eines Regelwerks für auf Euro lautende Echtzeitzahlungen. Dieser einheitliche europäische Standard für Echtzeitzahlungen soll auf dem bereits existierenden europaweit einheitlichen Verfahren für den bargeldlosen Zahlungsverkehr im Euro-Zahlungsverkehrsraum (Single Euro Payments Area – SEPA) basieren, ebenfalls dem ISO-Standard 20022 entsprechen und allen Zahlungsdienstleistern in Europa zur Verfügung stehen.

Die Charakteristika des angestrebten Standards für Echtzeitzahlungen lassen sich wie folgt beschreiben:

  • Rund um die Uhr zur Verfügung stehendes elektronisches Massenzahlungsverkehrssystem
  • Unmittelbare Gutschrift beim Zahlungsempfänger
  • Interbanken-Clearing nahezu in Echtzeit
  • Zahlungsbestätigung an den Auftraggeber der Zahlung nahezu in Echtzeit
  • Echtzeitzahlungen sollen unabhängig vom Zahlungsinstrument (Überweisung, Lastschrift oder Kartenzahlung), von der zugrundeliegenden Clearingmodalität (bilaterales Interbanken-Clearing oder via Clearinghäuser) und des Settlements (Nachgelagertes Netto-Settlement unter Stellung von Sicherheiten oder Echtzeit-Bruttoabwicklungssystem) zur Verfügung stehen.

Abb.1 SEPA Instant Credit Transfer - Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken

Instant Payments weltweit

Einige Länder haben bereits eigene inländische Lösungen auf dem Gebiet der Echtzeitzahlungen umgesetzt oder beschäftigen sich aktuell mit deren Einführung, darunter Australien, Japan, Brasilien, Kanada, China, Indien, Korea und Südafrika. In Europa verfügen u.a. Dänemark, Polen, Schweden und das Vereinigte Königreich über eigene Initiativen zur Abwicklung von Echtzeitzahlungen außerhalb des Euro-Raumes.

Bis vor Kurzem existierte keine europaweit einheitliche Lösung, die Echtzeitzahlungen in Euro länderübergreifend ermöglichen würde. Anspruch der EZB und der europäischen Kreditwirtschaft ist es daher der Branche, einen einheitlichen Standard zur Harmonisierung nationaler Lösungen zur Verfügung stellen zu können.

Zeitplan des EPC zur Verabschiedung eines europäischen Standards

Im April 2016 hat das EPC den ersten Entwurf eines Regelwerks für den sogenannten SEPA Instant Credit Transfer (SCT Inst) veröffentlicht. Kreditinstitute, Zahlungsdienstleister und weitere beteiligte oder interessierte Parteien hatten bis 10. Juli 2016 Gelegenheit, diesen Entwurf zu kommentieren. Die finale Version des Regelwerks (SEPA Instant Credit Transfer Scheme Rulebook), und somit der technische Rahmen für das SEPA-Echtzeitzahlungssystem, wurde am 30. November 2016 durch das EPC beschlossen und veröffentlicht. Am 21. November 2017 traten die neuen Regeln für Echtzeitzahlungen in Euro in Kraft. Nun bleibt abzuwarten wie schnell der deutsche Bankensektor die technischen Voraussetzungen dafür schaffen kann, Echtzeitzahlungen empfangen und versenden zu können.

Abb.2 Zeitplan des EPC zur Verabschiedung eines europäischen Standards - Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken

SEPA Instant Credit Transfer

Um den Banken eine möglichst unkomplizierte Implementierung des neuen Zahlungsverfahrens zu ermöglichen, basiert der Entwurf des Regelwerks für Echtzeitzahlungen auf dem bereits umgesetzten SEPA Credit Transfer (SCT) Schema. Ein Unterschied dazu ist jedoch, dass die Kreditinstitute in den 34 SEPA Ländern nicht verpflichtet sind, ihren Kunden SCT Inst als Zahlungsverkehrslösung in Echtzeit anzubieten.

Von den teilnehmenden Anbietern wird erwartet, rund um die Uhr und an sieben Tagen die Woche Zahlungen abwickeln zu können. Da ein Echtzeit-Settlement an sämtlichen Kalendertagen des Jahres derzeit noch nicht gewährleistet werden kann, werden die betroffenen Banken bei nachgelagertem Settlement zunächst Sicherheiten stellen oder eine Vorfinanzierung leisten müssen. Um eine europaweite Integration und größtmögliche Akzeptanz dieser Zahlungsverkehrslösung zu erreichen, ist es daher erforderlich, dass die Anbieter die geforderte Verfügbarkeit und benötigten Ressourcen gewährleisten und die Clearing- und Settlement-Infrastrukturen diese Entwicklung entsprechend unterstützen.

Die maximal vom EPC vorgesehene Ausführungsdauer der Zahlung beträgt zehn Sekunden. Innerhalb dieses Zeitraums muss das Geld auf dem Konto des Empfängers gutgeschrieben werden. Die Ausführungsdauer im Sinne des EPC beginnt jedoch erst nach Erhalt und Prüfung der Echtzeitzahlungsanweisung von Seiten der Bank des Zahlers. Die ausführende Bank muss darauf innerhalb der zehn Sekunden eine positive oder aber negative Rückmeldung über die Gutschrift von der Empfängerseite erhalten haben, um den Anforderungen des EPC gerecht zu werden. Im Falle einer negativen Rückmeldung ist der Zahlungsanweisende umgehend zu informieren. Erst sobald die Empfängerbank die Transaktion bestätigt hat, erfolgt die effektive Belastung des Auftraggeberkontos sowie ggf. eine Bestätigung über die eingegangene Zahlung an den Empfänger.

Ein weiterer Unterschied im Vergleich zum SEPA Credit Transfer Schema besteht in der Möglichkeit, eine standardisierte Nachfrage hinsichtlich des Status einer SCT Inst Transaktion durch die zahlungsausführende Bank bei den nachgelagert beteiligten Parteien (Clearinghaus, Empfängerbank) zu stellen. Ziel ist es, die Statusabfrage zu standardisieren und somit manuelle Nachfragen, beispielsweise via Telefon, zukünftig überflüssig zu machen.

Gemäß des Regelwerks wird es analog zum bestehenden SEPA Credit Transfer möglich sein, innerhalb einer Frist von 10 Bankarbeitstagen nach Abwicklung der Transaktion einen Rückruf der geflossenen Mittel zu initiieren.

Um den möglichen anfänglichen Schwierigkeiten Rechnung zu tragen plant das EPC, dass zunächst nur Zahlungen von maximal 15.000 Euro als Echtzeitzahlung abgewickelt werden können. Den Ländern ist es jedoch letztendlich selbst überlassen, eine Limit-Begrenzung einzuführen oder auf ein Betragslimit zu verzichten. Für Deutschland gibt es diesbezüglich noch keine Absichtserklärung, während beispielsweise die Niederlande und Belgien bereits angekündigt haben, keine Limit-Beträge einführen zu wollen. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass die anfänglichen Betragslimite nach einer gewissen Einführungsphase deutlich erweitert werden. So wurde das anfänglich für Faster Payments, eine in Großbritannien etablierte Lösung für Echtzeitzahlungen, geltende Limit in Höhe von 10.000 Britischen Pfund inzwischen auf 250.000 Britische Pfund erweitert.

Vorteile für das Corporate Treasury

Die aufgrund der 24/7/365-Erreichbarkeit resultierende erhebliche Beschleunigung des Zahlungsverkehrs hat nicht nur Relevanz für Privatpersonen und den Einzel- und Internethandel, sondern auch für die Treasury-Abteilungen von Unternehmen.

Zusätzlich zum Implementierungsaufwand, den die Treasury-Abteilungen zunächst zu tragen hätten, entstünde eine höhere Anforderung hinsichtlich der zeitlichen Verfügbarkeit der Mitarbeiter. Um die Vorteile der Echtzeitzahlungen in voller Gänze nutzen zu können, müssten die Treasury- Abteilungen entsprechend möglichst zeitdeckend besetzt sein und entsprechende Maßnahmen wie eine ausreichende Kontodeckung gewährleisten können.

Echtzeitzahlungen geben Unternehmen die Möglichkeit, dass offenen Forderungen unmittelbar bei oder kurz nach Freigabe der veräußerten Güter oder Dienstleistungen beglichen werden. Dies bringt Optimierungspotentiale nicht nur im Bereich des Forderungsmanagements, sondern auch für das Cash- und Liquiditätsmanagement der Unternehmen. Von diesen Vorteilen könnten auch die Kunden profitieren. Durch vorteilhaftere Konditionen könnten Anreize geschaffen werden, SCT Inst als neues Zahlverfahren in Anspruch zu nehmen und somit im europäischen Markt zu etablieren. Daneben wäre die Einhaltung und optimale Ausnutzung von Zahlungszielen in hohem Maße realisierbar. Nicht nur die Zahlungsprozesse, sondern auch der Kontenabgleich ließe sich durch Echtzeitzahlungen, insbesondere in Kombination mit einer elektronischen Rechnungsstellung, deutlich optimieren.

Wie wir Sie unterstützen

Um Einsparungs- und Liquiditätspotentiale durch die Optimierung der Prozesse im Zahlungsverkehr zu heben und gleichzeitig die erforderliche Sicherheit im Zahlungsverkehr zu gewährleisten, empfiehlt sich eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema „Instant Payments“. Hierbei unterstützen wir Sie kompetent und zuverlässig u.a. mit unseren folgenden Beratungsleistungen:

  • Durchführung einer Potentialanalyse und Erstellung eines Business Case für Instant Payments
  • Erarbeitung eines Fachkonzepts zur Konkretisierung der Prozesse sowie Spezifikation der fachlichen und technischen Anforderungen
  • Konzeption von leistungsfähigen und passgenauen Lösungsansätzen im Bereich Zahlungsverkehr
  • Umsetzung der identifizierten Zahlungsverkehrslösungen und nachhaltige Verankerung in der Prozess- und Systemlandschaft

Deloitte – Ihr kompetenter Partner

Dank unserer internationalen Aufstellung ist Deloitte ein globaler Leader im Bereich Treasury Advisory. Zusammen mit Spezialisten aus den Servicebereichen Tax, Legal, Technology, Human Capital, Strategy & Operations, Digital, CyberRisk, Audit und M&A bieten wir interdisziplinäre Lösungsansätze aus einer Hand.

Abb.3.1 Global Treasury Advisory Services - Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken
Abb.3.2 Global Treasury Advisory Services - Zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken

Ihre Ansprechpartner

Volker Linde
Partner Global Treasury Advisory Services
vlinde@deloitte.de
0211 8772-2399

Christine Schult
Manager Global Treasury Advisory Services
cschult@deloitte.de
040 32080-4797

Fanden Sie diese Information hilfreich?