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Risikovorsorge für neue notleidende Kredite

EZB passt die Erwartungen der Aufsicht an

Die EZB hat am 22. August 2019 eine Mitteilung zur Überarbeitung der Ergänzung zum EZB-Leitfaden für Banken zu notleidenden Krediten (Communication on supervisory coverage expectations for NPEs, 22.08.2019) herausgegeben, mit dem Ziel, die Vorgaben der neuen EU-Verordnung zum Risikovorsorge-Backstop in die von der EZB formulierten aufsichtlichen Erwartungen an die Risikovorsorge für notleidende Kredite zumindest teilweise zu intergrieren.

Aufgrund des hohen NPL-Anteils (NPL-Quote von 8 %) der von signifikanten Instituten gehaltenen Krediten zum Startzeitpunkt des Single Supervisory Mechanism (SSM) wurde von der EZB ein besonderes Augenmerk auf die Behandlung der NPLs gelegt. Hierzu hat die EZB im März 2017 einen Leitfaden zur Behandlung von notleidenden Krediten herausgegeben. Ein Jahr später wurde der EZB-Leitfaden um aufsichtliche Erwartungen an die Risikovorsorge ergänzt (Ergänzung zum EZB-Leitfaden). Da zu diesem Zeitpunkt die Rechtsvorschriften zur NPE-Behandlung nach Säule 1 von der EU noch ausstanden, kündigte die EZB eine Überprüfung ihrer aufsichtlichen Erwartungen an, sobald die Rechtsvorschriften zu NPE finalisiert wurden.

Die erwartete Verordnung (EU) 2019/630 zur Änderung der CRR (Säule 1), in der die Mindestdeckung notleidender Risikopositionen geregelt ist, ist am 26. April 2019 in Kraft getreten (vgl. FSNews 04/2019). Wie angekündigt hat die EZB nun in Reaktion darauf am 22. August 2019 eine Überarbeitung ihrer Ergänzung zum EZB-Leitfaden herausgegeben, um die Behandlung neuer NPE kohärenter zu gestalten und Überschneidungen zwischen EU-Verordnung und EZB-Leitfaden, mithin zwischen Säule 1-Anforderungen und Säule 2-Erwartungen, zu beseitigen, welche durch die unterschiedlichen Zeitpunkte der Veröffentlichungen entstanden sind.

Im Wesentlichen gibt es zwei Anpassungen. Zum Einen wird der Anwendungsbereich der Ergänzung des EZB-Leitfadens beschränkt auf NPE, die nicht durch die Säule 1 reguliert sind. Dies betrifft die NPE, die vor dem Inkrafttreten der EU-Regulierung am 26. April 2019 vergeben wurden. Somit werden neue NPE, die nach diesem Stichtag vergeben oder risikopositionserhöhend verändert wurden, nach den Säule 1-Regelungen behandelt, wobei die EZB bei ihren Prüfungen künftig diesen Risiken besonders große Aufmerksamkeit widmen wird.

 

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Zum Anderen führen die veränderten aufsichtlichen Erwartungen der EZB zu Anpassungen der Anforderungen an NPE, die vor dem 26. April 2019 vergeben und nach dem 1. April 2018 als notleidend klassifiziert worden sind. Die in der Ergänzung zum EZB-Leitfaden formulierten Anforderungen werden in Bezug auf die Zeitspannen, die progressive Annäherung und die Aufgliederung nach Besicherung der Risikopositionen an die Regelungen der Säule 1 angepasst. Dies gilt auch für NPE, für die öffentliche Exportversicherungsagenturen Bürgschaften oder Versicherungen bereitstellen. Alle anderen aufsichtlichen Behandlungen aus dem EZB-Leitfaden und dessen Ergänzung bleiben unverändert, weitere Anpassungen sind zudem nicht geplant.

Die wirtschaftlichen Erwartungen der Aufsicht an NPE, die bereits vor dem 1. April 2018 als notleidend klassifiziert waren, haben sich nicht – so wie in der aktuellen EZB-Pressemitteilung erläutert – verändert. Für diese NPE-Bestände gelten die Aussagen der EZB-Pressemitteilung aus Juli 2018 zur Umsetzung bankspezifischer Lösungen zur Reduzierung der NPL-Bestände sowie die Vorgaben aus der Ergänzung des EZB Leitfadens aus 2018 weiter. Das Ziel ist weiterhin, beim Abbau des NPE-Bestands auf eine angemessene Risikovorsorge für Altbestände zu achten sowie mittelfristig eine Angleichung der Deckungshöhe für (alte) NPE-Bestände und neue NPE zu erreichen.

Somit dürfte die Anpassung der aufsichtlichen Erwartung der EZB insgesamt durch die Vereinheitlichung mit den herrschenden EU-Verordnungen zu einer Erleichterung bei der Berechnung der aufsichtlichen Risikovorsorge führen.

Es bleibt dennoch abzuwarten, welche Reaktionen von den betroffenen Instituten erfolgen und welche Herausforderungen sich im Rahmen der Umsetzung konkret ergeben werden, jedenfalls dürfte die Anwendbarkeit und die Kombinierbarkeit der EU-Verordnung und des EZB-Leitfadens weiterhin im Einzelfall genau zu prüfen sein. 

 

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Dr. Tanja Schlösser
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