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Finaler EZB-Leitfaden zu Klima- und Umweltrisiken

Nachhaltigkeit wird auch im Finanzsektor immer wichtiger

Der jetzt final veröffentlichte Leitfaden (über den Entwurf berichteten wir bereits im Editorial der FSNews 6/2020) der EZB formuliert 13 Erwartungen, wie Klima- und Umweltrisiken von Banken umfassend identifiziert, gesteuert und offengelegt werden sollen. 

Der Leitfaden richtet sich an bedeutende von der EZB direkt beaufsichtigte Institute. Weniger bedeutende Institute sollen die von ihren nationalen Aufsichtsbehörden bereits veröffentlichten oder in Kürze bereitgestellten Orientierungshilfen beachten. Die BaFin hat hierzu am 20. Dezember 2019 das "Merkblatt zu Nachhaltigkeitsrisiken" veröffentlicht (vgl. FSNews 1/2020). 
Der Leitfaden definiert physische Risiken (wie z.B. Extremwetterereignisse, Klimaveränderungen und Umweltzerstörung) sowie das Transitionsrisiko (Übergangsrisiko) als die Hauptrisikotreiber für Klima- und Umweltrisiken. 

Im Rahmen der Geschäftsstrategie sollten Institute durch Stress- und Szenarioanalysen die Widerstandsfähigkeit ihres Geschäftmodells im kurz-, mittel- und langfristigen Bereich analysieren und Leistungskennzahlen (Key Perormance Indicators - KPIs) und Risikoindikatoren (Key Risk Indicators-KRIs) für die wesentlichen Klima- und Umweltrisiken festlegen. Bei der Festlegung strategischer Ziele wird v.a. die Berücksichtigung der Auswirkungen von Transaktionsrisiken auf die verschiedenen Kredit- und Handelsportfolios des Instituts erwartet.

Darüber hinaus müssen sich Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten für Klima- und Umweltrisiken auch in der Organisationsstruktur eines Instituts widerspiegeln. Es wird erwartet, dass das Leitungsorgan über die Wesentlichkeit von Klima- und Umweltrisiken entscheidet und in seinem Kollektiv über entsprechende Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen verfügt. Auch im Rahmenwerk für den Risikoappetit und in der Berichterstattung sollten Klima- und Umweltrisiken aufgenommen werden. 

Im Risikomanagement sind Klima- und Umweltrisiken als Treiber bestehender Risikokategorien aufzunehmen und in den Gesamtprozess zu einer angemessenen Kapitalausstattung (ICAAP) sowohl aus normativer als auch ökonomischer Perspektive einzubeziehen. Die in der Geschäftsstrategie festgelegten KPIs und KRIs sind zu steuern und zu überwachen. Zusätzlich ist zu untersuchen, auf welche Weise sich Auswirkungen auf Kredit-, Markt-, Liquiditäts- und operationelle Risiken und andere für das Eigenkapital bedeutende Risiken ergeben. Besonders zu beachten sind zudem Konzentrationen innerhalb und zwischen den Risikoarten. Teil des Risikomanagements ist auch eine Analyse der Klima- und Umweltrisiken der Wirtschaftssektoren, des Standorts des Instituts und seiner Geschäftspartner. Hierzu gehören auch eine Due-Diligence Prüfung in Bezug auf Klima- und Umweltrisiken zu Beginn einer Geschäftsbeziehung und regelmäßige Follow-up Maßnahmen. Die Auswirkungen potenzieller Klima- und Umweltrisiken sind durch entsprechende Szenarioanalysen und Stresstests zu unterlegen.

Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass klimabezogene Szenarien einen deutlich längeren Zeithorizont erfordern, als aktuell im ICAAP vorgegeben. Um die langfristigen Auswirkungen der verschiedenen Klimaszenarien genau analysieren zu können, ist die Ausweitung des Szenariohorizonts auf mindestens 30 Jahre erforderlich. Dabei ist eine dynamische Bilanzmodellierung und eine gründliche Überarbeitung der Szenariokapazitäten und –infrastruktur für viele Unternehmen von Bedeutung. Die Integration von Umweltrisiken in das Kreditrisikomanagement gemäß EBA GLOM erfordert Änderungen entlang des gesamten Kreditprozesses und vieler Tools, Methoden und der zugrundeliegenden Daten. Die Entwicklung von Instrumenten zur Bewertung von Klima- und Umweltrisiken erfordert neue Datenquellen und Modelle, die typischerweise noch nicht im Risikomanagement von Banken eingesetzt werden.

Informationen und zentrale Kennzahlen in Bezug auf wesentliche Klima-und Umweltrisiken sind von den Instituten zudem im Rahmen ihrer regulatorischen Offenlegungen zu veröffentlichen. Die Erwartungen der EZB an bedeutende Institute werden durch Praxisbeispiele veranschaulicht.

Der Leitfaden ist am 27. November 2020 in Kraft getreten. Bedeutende Institute werden ab Anfang 2021 von ihrem gemeinsamen Aufsichtsteam (Joint Supervisory Team   JST) aufgefordert, die EZB über Abweichungen ihrer Maßnahmen von den im Leitfaden formulierten Erwartungen zu informieren. Zudem muss die EZB in Kenntnis gesetzt werden, welche Schritte eingeleitet wurden und innerhalb welchen Zeitraums die sukzessive Erfüllung der Anforderungen geplant ist.

Ihre Ansprechpartner: 

 

Andrea Flunker, Senior Manager in Audit and Assurance 

M: aflunker@deloitte.de

T: 49-211-87723823

 

Kerstin Hettermann, Senior in Audit and Assurance

M: khettermann@deloitte.de

T: 49-69-756956478