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Umsetzung des FRTB in der Europäischen Union

Ein mehrstufiger Umsetzungsansatz des FRTB-Rahmenwerks zeichnet sich ab

Das von der EBA im Herbst 2018 veröffentlichte Basel III-Monitoring, welches die potenziellen Auswirkungen der Basel-III-Reformen für EU-Banken bewertet, unterstreicht erneut die Bedeutung der im Rahmen der CRR II bevorstehende Umsetzung der globalen regulatorischen Standards. In diesem Kontext stellt die Überarbeitung der Eigenmittelanforderungen für Marktrisiken durch Umsetzung des „Fundamental Review of the Trading Book (FRTB)“ eines der bedeutendsten Themen für Banken in der EU dar.

Das von der Europäischen Bankaufsichtsbehörde (EBA) im Herbst 2018 veröffentlichte Basel III-Monitoring, welches die potenziellen Auswirkungen der Basel-III-Reformen für EU-Banken bewertet, unterstreicht erneut die Bedeutung der im Rahmen der CRR2 bevorstehende Umsetzung der globalen regulatorischen Standards. In diesem Kontext stellt die Überarbeitung der Eigenmittelanforderungen für Marktrisiken durch Umsetzung des „Fundamental Review of the Trading Book (FRTB)“ eines der bedeutendsten Themen für Banken in der EU dar. Die Auswirkungen des FRTB werden hierbei als substanziell eingeschätzt. Hierfür spricht die Einschätzung der EBA, dass für die Gruppe der 38 untersuchten großen EU-Banken eine Erhöhung des Eigenkapitals um 52% erforderlich wäre, um ihre Marktrisiken zukünftig adäquat abzusichern.

Das Ausmaß dieses erhöhten Kapitalbedarfs wird zum einen durch die Komplexität der Implementierung des FRTB-Rahmenwerks erklärt und beantwortet zum anderen die Frage, warum die politischen Entscheidungsträger der EU nun beschlossen haben, einen mehrstufigen Umsetzungsansatz zu verfolgen, der zu einer weitaus umfangreicheren Implementierung führen wird, als von den internationalen Standards ursprünglich vorgesehen.

Für EU-Institute hat diese Entwicklung tiefgreifende Auswirkungen für ihre FRTB-Umsetzung, bietet ihnen jedoch gleichzeitig die Gelegenheit, die Implementierung in einer Weise zu verfolgen, die mit ihren strategischen und geschäftlichen Zielen besser vereinbar werden kann.

 

Jüngste Entwicklungen bei der FRTB-Implementierung

Im Dezember 2017 beschloss der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS), das internationale Ziel für die Umsetzung des FRTB auf Januar 2022 zu verschieben. Der BCBS hat daraufhin im März die Konsultation für einige Elemente des FRTB-Rahmenwerks mit dem Ziel wieder geöffnet, angemessenere Implikationen durch den FRTB auf die Handelsaktivitäten der Banken zu ermöglichen.

Die Verzögerung und erneute Konsultation des BCBS fiel in der Europäischen Union in die laufenden Verhandlungen in Brüssel, in deren Verlauf der FRTB erstmals 2016 im Rahmen des initialen Entwurfs der CRR II von der Europäischen Kommission vorgeschlagen wurde. Nicht zuletzt aufgrund der Entwicklungen beim BCBS beschlossen die EU-Verhandlungsführer daraufhin als Reaktion, die Marktrisikokomponenten der CRR2 abzuändern und FRTB zunächst lediglich im Rahmen einer Berichtspflicht umzusetzen.

Obwohl die Trilog-Verhandlungen zur CRR2 noch nicht vollständig abgeschlossen sind (einige technische Verhandlungen über andere Aspekte der Gesetzgebung sind noch offen), zeigt die Mitteilung des Europäischen Rates vom 4. Dezember 2018, dass die Annahme einer FRTB-Berichtspflicht durch die EU nun das wahrscheinlichste Ergebnis ist. Dieser Ansatz wird, wenn er im nächsten Jahr sowohl vom Europäischen Rat als auch vom Europäischen Parlament endgültig ratifiziert wird, die vollständige Umsetzung des FRTB in zukünftige Rechtsvorschriften verschieben, die die Europäische Kommission aus unserer Sicht allerdings nicht vor Mitte 2020 vorschlagen wird.

 

Funktionsweise der FRTB-Berichtspflicht

Um die Berichtspflicht zu operationalisieren und alle Änderungen im Zuge der BCBS-Konsultation zu berücksichtigen, wird die Kommission bis Ende 2019 einen delegierten Rechtsakt zur Änderung des FRTB-Rahmens in der CRR II erlassen. Dies bedeutet, dass die Kommission sekundärrechtliche Vorschriften anwenden würde, um die Umsetzung des FRTB in EU-Recht als voll funktionsfähige Eigenkapitalanforderung umzusetzen, welche im ersten Schritt aber nur für Berichtszwecke anzuwenden wäre, bis neue Rechtsvorschriften eine vollumfängliche Anwendung verbindlich machen würden.

Gemäß des CRR II-Entwurfs wird erwartet, dass die Banken ein Jahr nach der Verabschiedung des delegierten Rechtsaktes (möglicherweise bereits im Januar 2021 und somit ein ganzes Jahr vor dem BCBS-Umsetzungsziel) mit der Berichterstattung über die revidierten FRTB-Marktrisikogewichte auf der Grundlage des neuen Standardansatzes (SA) beginnen. Banken, die eine Zulassung für den internen Modell Ansatz (IMA) nach dem neuen Meldeverfahren für bestimmte Handelspositionen beabsichtigen, könnten dies noch drei Jahre nach Verabschiedung des Delegierten Aktes (d.h. 2023) beantragen und nachfolgend diese Modelle anwenden. Während dieser Zeit würden sich die verbindlichen Eigenkapitalanforderungen für Marktrisiken weiterhin auf die bis dato bestehenden Regelungen der CRR stützen, so dass eine Reduktion der Eigenmittelanforderungen aufgrund neu genehmigter IMA-Vorgaben der CRR II für die Dauer der reinen FRTB-Berichtspflicht zu keinem Vorteil für betroffene Institute führen würde.

Banken, die für die Ausnahmeregelung aufgrund des geringen Umfangs ihrer Handelsbücher in Frage kommen (Small Trading Books), unterliegen möglicherweise nicht der Meldepflicht, bis ein verbindlicher Rahmen geschaffen ist. Größeren Banken wird allerdings die Planung einer zweiphasigen FRTB-Implementierung empfohlen, wobei viele der operativen Anforderungen für die Umsetzung möglicherweise bis 2021 und nicht erst bis 2022 abgeschlossen sein müssen.

 

Welche Auswirkungen hätte eine Verlagerung des FRTB-Rahmens in eine CRR III?

Um das FRTB-Rahmenwerk als verbindliche Eigenkapitalanforderung vollständig in Kraft zu setzen, muss die Europäische Kommission einen neuen Legislativvorschlag zu diesem Thema vorlegen. Unserer Ansicht nach wird dies bis Juni 2020 im Rahmen des Legislativvorschlags "CRR III" geschehen, den die Kommission vorlegen soll, um die letzten Teile des im Dezember 2017 vereinbarten Basel-III-Rahmenwerks umzusetzen.

Die Gesetzgebung des FRTB im Zusammenhang mit den anderen Elementen des Basel-III-Rahmenwerks mag zwar sinnvoll sein, führt aber zu mindestens zwei wesentlichen Herausforderungen:

  • Zeitpunkt der künftigen Verhandlungen: Bei Rechtsvorschriften von der Komplexität der CRR III werden der Europäische Rat sowie das Parlament in der Regel zwei volle Jahre benötigen, um die politischen Verhandlungen abzuschließen, bevor sie in Kraft treten können (dies ist eine relativ konservative Schätzung, die auf der benötigten Zeit für die Aushandlung von CRR und CRR II basiert).
  • Unsicherheit über den Umfang künftiger Verhandlungen: Es gibt keine Garantie dafür, dass Parlament und Rat nicht versuchen werden, das Marktrisiko-Rahmenwerk im Zuge der Trilog-Verhandlungen zur CRR III zu ändern (d.h. hinausgehend über Anforderungen, welche durch die CRR II und den Delegierten Akt der Kommission zu diesem Zeitpunkt schon umgesetzt worden sind). So hat die Kommission die EBA in einem Aufruf zur Beratung vom Mai 2018 aufgefordert, den FRTB zusammen mit anderen Bestandteilen von Basel III, welche die Kommission in die CRR III aufnehmen will, zu bewerten, und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass sich die EU-Gesetzgeber das Recht vorbehalten, den FRTB-Rahmen zu rekalibrieren, bevor sie ihn als verbindliche Eigenkapitalanforderung einführen. Dies könnte einige Implementierungsarbeiten gefährden, die von Banken und Regulierungsbehörden im Zusammenhang mit der CRR II-Meldepflicht bereits durchgeführt worden sind, obgleich ein Großteil dieser Arbeit und die gewonnene Expertise für die Banken bei den Vorbereitungsarbeiten zur erstmaligen verbindlichen Umsetzung FRTB-Systems wahrscheinlich noch nützlich werden könnte.

Vor diesem Hintergrund – dem für die CRR III-Verhandlungen benötigen Zeithorizont (frühestens bis Mitte 2022) und dem sich anschließenden Implementierungszeitraum von FRTB – dürfte es der EU praktisch nur bedingt möglich sein, den verbindlichen FRTB-Standard bis zum BCBS-Ziel (Januar 2022) umzusetzen. Vielmehr scheint eine Verzögerung von mindestens zwei Jahren ausgehend vom BCBS-Ziel kaum vermeidbar.

 

Was bedeutet dies für die Banken?

Banken, die mit der zunehmenden Wahrscheinlichkeit einer zweistufigen Einführung des FRTB in der EU konfrontiert sind, müssen nun prüfen, was dies für ihre Umsetzungsplanung bedeutet. Die zweistufige Einführung wird eine signifikante Herausforderung darstellen, da die in der EU tätigen Banken möglicherweise bereits 2021 einer FRTB-basierten Berichtspflicht nachkommen müssen, aber weiterhin mit erheblicher Unsicherheit über die endgültige Form und den ökonomischen Implikationen des Rahmens bis weit über die BCBS-Umsetzungsfrist hinaus konfrontiert sind. Unterschiedliche Umsetzungszeitpläne und -ansätze zwischen der EU und dem Rest der Welt werden für international tätige Banken zudem eine besondere Herausforderung darstellen.

Von besonderer Bedeutung wird die Entscheidung der Banken sein, ob sie im FRTB-Berichtszeitraum die behördliche Genehmigung für die Verwendung interner Modelle (IMA) nach dem neuen CRR II-System einholen. Banken, die derzeit den IMA nutzen, haben die Herausforderung, in den ersten zwei Jahren der Umsetzung innerhalb der EU deutlich höhere Marktrisikogewichte zu melden, wenn die Berichterstattung gemäß des Standardansatzes die einzige ihnen zur Verfügung stehende Option sein wird. Angesichts dessen dürften die mit der IMA-Zulassung verbundenen Kosten und der resultierende Aufwand ohne einen unmittelbaren Kapitalnutzen schwer zu rechtfertigen sein.

Wie bereits erwähnt, müssen Banken, wenn neue IMA-Modelle implementiert und für die Verwendung im Rahmen der CRR II-Berichtspflicht genehmigt werden, überwachen, inwiefern Änderungen am FRTB-Rahmen während der CRR III-Verhandlungen die weitere Eignung oder den Kapitalnutzen für die Verwendung der internen Modelle beeinträchtigen könnten. Diese Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung kann jedoch teilweise durch die Arbeit der Banken bei der Umsetzung der FRTB-Standardansatzes eingegrenzt werden. In Verbindung mit der bevorstehenden Einführung eines standardisierten Output-Floors wird hierdurch eine Beurteilung ermöglicht, wie sich der mögliche Kapitalvorteil durch die Verwendung interner Modelle darstellen könnte.

Banken müssen jedoch weiterhin das potenzielle Risiko im Auge behalten, dass im Zuge der CRR III die verbindlichen Anforderungen des FRTB mit einer kurzen Umsetzungsfrist eingeführt werden könnten (insbesondere wenn die Änderungen des FRTB durch die CRR III überschaubar sind). Vor allem für Banken, die erst nach Beendigung des reinen Berichtszeitraums eine IMA-Zulassungen anstreben, können hieraus Herausforderungen resultieren, insbesondere wenn sie ihre Arbeit erst nach Abschluss der CRR III-Gesetzgebung aufnehmen oder sich ihre Anträge auf Modellgenehmigung plötzlich am Ende der Warteschlange bei der Aufsichtsbehörden befinden. Eine Reihe von Bankenaufsichtsbehörden haben in diesem Kontext darauf hingewiesen, dass das FRTB-Modellgenehmigungsverfahren voraussichtlich mehrere Jahre dauern wird. Die Erwartung der Europäischen Zentralbank (EZB), dass es in Folge der Brexit-Restrukturierungen in den kommenden Jahren zu einem Zustrom von Handelsbuch-Instituten in der Euro-Zone kommt, könnte zudem zu einer größeren Anzahl von Anträgen auf IMA-Zulassungen führen. Hieraus resultiert wiederum ein noch stärkerer Druck auf die knappen Aufsichtsressourcen.

Obwohl der sich in der EU abzeichnende komplexe Ansatz zur Umsetzung des FRTB zusätzliche Unsicherheit verleiht, sollten Banken dennoch die Gelegenheit nutzen, die zusätzliche Zeit, die sie voraussichtlich vor Inkrafttreten der verbindlichen Anforderungen zur Verfügung haben, strategisch zu nutzen. Ausgehend von der Durchführung der vielseitigen Anpassungen der Risiko- und Dateninfrastruktur auf Basis eines klaren Verständnisses der einzelnen Umsetzungsphasen des FRTB, können Banken eine Umsetzung forcieren, die ihre strategischen regulatorischen und geschäftlichen Ziele unterstützt. Dies beinhaltet bspw. die Möglichkeit, die FRTB-Implementierung zu nutzen, um die Risiko- und Finanzfunktionen besser aufeinander abzustimmen, die Marktrisiken täglich und untertägig besser zu überwachen und die operative Effizienz während des gesamten Handelsrisikoprozesses zu verbessern.

 

Ihre Ansprechpartner

Wilhelm Wolfgarten
Partner FSI Audit & Assurance | Deloitte Deutschland
wwolfgarten@deloitte.de

Christian Seiwald
Director Financial Services | Deloitte Deutschland
cseiwald@deloitte.de