Mindestdeckung notleidender Risikopositionen – NPL-Backstops

Article

KIRB für angekaufte Forderungen bei Verbriefungen

Finaler EBA-Entwurf

Am 08. April 2019 hat die EBA einen finalen Entwurf technischer Regulierungsstandards (RTS) veröffentlicht für die Bedingungen, zu denen Instituten die Berechnung von KIRB im Einklang mit dem Ansatz für angekaufte Forderungen nach Art. 255 Abs. 4 CRR gemäß der CRR-Änderungsverordnung im Zuge der Verbriefungsverordnung (Verordnung (EU) 2017/2401) gestattet wird.

Ausgangspunkt ist die neu eingeführte Rangfolge der Ansätze zur Berechnung der risikogewichteten Positionsbeträge von Verbriefungspositionen, bei der die Anwendung des auf internen Beurteilungen basierenden Ansatzes (SEC-IRBA) an erster Stelle steht. Ein Institut darf nur dann auf die Anwendung des Verbriefungs-Standardansatzes (SEC-SA) zurückgreifen, wenn die Anforderungen für den SEC-IRBA nicht erfüllt sind (z.B. bei nicht ausreichenden Informationen über die der Verbriefung zugrunde liegenden Risikopositionen, wie es im Fall angekaufter Forderungen vorkommen kann). In den vorliegenden RTS wird deshalb ein vereinfachtes Verfahren zur Bestimmung von KIRB für angekaufte Forderungen vorgeschlagen, bei denen die Institute nicht über umfassende Informationen verfügen, so dass der SEC-IRBA dennoch angewendet werden kann.

Die vorliegenden RTS berücksichtigen die besonderen Umstände, unter denen Institute Eigenmittelanforderungen für Verbriefungstransaktionen berechnen, als auch angemessene Anforderungen an die interne Modellierung von Eigenmittelanforderungen. Hierzu wird klargestellt, dass von Instituten, die KIRB gem. Art. 255 Abs. 4 CRR ermitteln, grundsätzlich neben den europäischen Level 1- und Level 2-Maßnahmen auch die Leitlinien zum IRB-Rahmenwerk anzuwenden sind.

In einem früheren Entwurf war vorgesehen, dass das vereinfachte Verfahren nur auf verbriefte Forderungen, für die das Institut nicht gleichzeitig Forderungsverwalter ist, angewendet werden darf. Die Verwaltung des Portfolios wurde als wesentliches Kriterium für den Zugriff auf das verbriefte Portfolio und die Verfügbarkeit der zur Beurteilung erforderlichen Informationen betrachtet. Der finale Bericht definiert als eine Anwendungsvoraussetzung den Begriff qualifizierte verbriefte Forderung. Demnach ist das vereinfachte Verfahren für angekaufte Forderungen zur Berechnung von KIRB ist grundsätzlich nur für solche Verbriefungspositionen anzuwenden, bei denen das Institut das zugrunde liegende Portfolio nicht selbst verwaltet oder, falls es das Portfolio selbst verwaltet, nicht bei der ursprünglichen Kreditvertragsbeziehung involviert war und somit nur über eingeschränkte Informationen verfügt. Die in den Art. 153, 154 und 184 CRR enthaltenen Vorgaben für angekaufte Forderungen werden zum Teil inhaltlich übernommen und redaktionell an die Besonderheiten von Verbriefungsstrukturen angepasst.

Zulassungsbedingungen zur Berechnung von KIRB

Damit eine Erlaubnis zur Verwendung des IRB-Ansatzes zur Berechnung von KIRB für die der Verbriefung zugrunde liegenden Risikopositionen gemäß dem Ansatz für angekaufte Forderungen nach Art. 255 Abs. 4 CRR erteilt wird, müssen fünf Bedingungen erfüllt sein:

  • der Anwendungsbereich des KIRB-spezifischen Ratingsystems umfasst ausschließlich qualifizierte verbriefte Forderungen;
  • das Institut, das KIRB berechnet, hat die Erlaubnis erhalten, den IRB-Ansatz in Bezug auf mindestens ein Ratingsystem innerhalb der Risikoklasse anzuwenden, der die qualifizierten verbrieften Forderungen zugeordnet sind;
  • alle Anforderungen an die Verwendung des IRB-Ansatzes aus Teil 3, Titel II, Kapitel 3 der CRR in Bezug auf Ratingsysteme sind – Ausnahmen siehe unten – erfüllt;
  • Die Anforderungen der Art. 4 bis 11 des vorliegenden RTS sind anstelle der entsprechenden CRR-Regelungen zu angekauften Forderungen erfüllt;
  • Die Anforderungen der Art. 12 und 13 des vorliegenden RTS in Bezug auf die Verwendung der Daten sind erfüllt.

Für die Berechnung von KIRB unter Verwendung von Ratingsystemen, für die bereits eine Zulassung für die Funktion als Originator von verbrieften Forderungen vorliegt, müssen u.a. folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Das Ratingsystem wird ausschließlich für die Ermittlung der PD von verbrieften Forderungen des Nicht-Mengengeschäfts verwendet;
  • Die qualifizierten zum Nicht-Mengengeschäft gehörenden verbrieften Forderungen fallen in den Anwendungsbereich dieses Ratingsystems;
  • Das Institut, das KIRB berechnet, verwendet die in Art. 6 Abs. 2 genannten LGD-Werte (siehe unten);
  • Alle Anforderungen des Teil 3, Titel II, Kapitel 3 der CRR in Bezug auf Ratingsysteme sind erfüllt, mit Ausnahme der in Art. 5 und Art. 10 Abs. 3 des vorliegenden RTS geregelten Anforderungen;
  • Die Anforderungen der Art. 5 und Art. 10 Abs. 3 des vorliegenden RTS sind anstelle der entsprechenden Regelungen der CRR zu angekauften Forderungen erfüllt;
  • Die Anforderungen der Art. 12 und 13 des vorliegenden RTS in Bezug auf die Verwendung der Daten sind erfüllt.

Beziehung zwischen den IRB-Regeln für angekaufte Forderungen und dem SEC-IRBA-Rahmenwerk

Anstelle der Anforderungen des Art. 145 CRR zur Erfahrung mit der Verwendung von IRB-Ansätzen genügt es, wenn das Institut für mindestens ein Ratingsystem für die IRB-Risikopositionsklasse, zu der die der Verbriefung zugrunde liegende Risikoposition gehört, die Erlaubnis zur Anwendung des IRBA erhalten hat. Eine dreijährige Anwendungszeit des Ratingsystems wird für vorliegende Zwecke nicht vorausgesetzt.

Des Weiteren umfasst der RTS-Entwurf verbriefungsbezogene Umformulierungen und Anpassungen bestehender CRR-Regelungen zu angekauften Forderungen (u.a. ersetzt der vorliegende Art. 5 die Anforderungen an angekaufte Forderungen des Art. 184 CRR zur Risikoquantifizierung, indem verbriefungsbezogene Umformulierungen im Vergleich zum ursprünglichen Portfoliokaufkontext vorgenommen werden).

Bei der Zuordnung von Risikopositionen zu Klassen oder Pools sollen Institute die Kreditvergabestandards des Originators, oder sofern anwendbar des ursprünglichen Kreditgebers, und die Erholungspraktiken und Verwaltungsstandards des Forderungsverwalters als Risikotreiber ansehen, sofern sie nicht für verschiedene Originatoren, oder sofern anwendbar für verschiedene ursprüngliche Kreditgeber, und Servicer jeweils getrennte Kalibrierungssegmente verwenden.

Institute können die LGD für qualifizierte verbriefte Forderungen des Mengengeschäfts und für vorrangige Tranchen des Nicht-Mengegeschäftes auf 50% festlegen. Für nachrangige Tranchen des Nicht-Mengeschäfts wäre entsprechend ein LGD-Wert von 100% zu verwenden.

Berechtigung der Verwendung von Retail-Risikoquantifizierungsregeln

Für die Berechnung der risikogewichteten Positionsbeträge gegenüber Unternehmen werden die Anforderungen des Art. 153 Abs. 6 CRR ersetzt. Für Nicht-Retail-Risikopositionen können die Risikoquantifizierungsstandards der Mengengeschäftsforderungen gemäß Teil 3, Titel II, Kapitel 3, Abschnitt 6 der CRR angewendet werden, wenn

  • die verbriefungsbezogen umformulierten Anforderungen aus Art. 154 Abs. 5 a) bis d) CRR erfüllt sind und
  • es das Institut unverhältnismäßig belasten würde, die Risikoquantifizierungsstandards für Risikopositionen gegenüber Unternehmen anzuwenden.

Im Entwurf der technischen Regulierungsstandards wird darüber hinaus präzisiert, wann eine solche unverhältnismäßige Belastung vorliegt. Hierbei werden Implementierungskosten, Datenverfügbarkeit und operationelle Fertigkeiten des Instituts berücksichtigt, eine Mindestgranularität für einen gegeben Pool vorausgesetzt sowie das Risiko, dem das Institut aus seiner Verbriefungsinvestitionstätigkeit ausgesetzt ist, einbezogen.

Bei der Neuformulierung der Anforderungen, wann gekaufte Forderungen als Risikopositionen aus dem Mengengeschäft behandelt werden dürfen, wird Anforderung a) aus Art. 154 Abs. 5 CRR nicht übernommen, so dass bei Verbriefungen auch Forderungen von verbundenen Dritten oder vom Käufer direkt oder indirekt begründete Forderungen angekauft werden dürfen.

Die finalen RTS enthalten zusätzlich die Vorschrift, dass das KIRB berechnende Institut die Beziehung zwischen den Parteien, marktübliche Bedingungen und die Verbundenheit von Kunden nach bestem Wissen und auf Basis der vom Originator, Verkäufer oder ursprünglichen Kreditgeber erhaltenen Informationen über den Schuldner während der ursprünglichen Kreditvergabe sowie der vom Forderungsverwalter während des Servicings und des Risikomanagementprozesses erhaltenen Informationen zu beurteilen hat.

Berechnung der risikogewichteten Positionswerte für Kreditrisiken aus Verbriefungspositionen:

  1. Institute sollen für Risikopositionen des Mengengeschäfts, die den gestellten Anforderungen genügen, zur Berechnung des risikogewichteten Positionswert auf die Berechnungen des Art. 154 CRR für das Mengengeschäft zurückgreifen.
  2. Institute sollen für Nicht-Mengengeschäfts-Risikopositionen (unabhängig davon, ob sie die entsprechenden Anforderungen erfüllen und die Risikoquantifizierungststandards des Mengengeschäfts anwenden dürfen oder nicht) für die Berechnung des risikogewichteten Positionswert auf die Berechnungen des Art. 153 CRR für Risikopositionen gegenüber Unternehmen zurückgreifen.

Datenanforderungen und Primärdaten

Wenn die den Verbriefungen zugrunde liegenden Risikopositionen und deren Schuldner vor dem Transfer an die Verbriefungszweckgesellschaft nicht Schuldner oder Risikoposition des Instituts waren, müssen die für die Modellentwicklung herangezogenen Daten nicht in Bezug auf die Schuldner- und Risikopositionsstruktur des Instituts gemäß Art. 174 c) CRR, sondern in Bezug auf die zugrunde liegenden Risikopositionen der Verbriefung repräsentativ sein.

Die Institute sollen keine internen Daten gemäß Art. 180 Abs. 2 c) erster Satz CRR, sondern Daten, die mit den der Verbriefung zugrunde liegenden Risikopositionen in Verbindung stehen, Portfoliodaten des Originators oder des ursprünglichen Kreditgebers sowie Daten des Forderungsverwalters aus angewandten Inkasso- und Verwertungsrichtlinien als primäre Informationsquelle für die Schätzung der Risikoparameter für Zwecke der Modellentwicklung, der Quantifizierung der Risikoparameter und der Anwendung des internen Modells zur Ermittlung von KIRB als Primärdaten heranziehen.

Für die Zwecke der Modellentwicklung, der Quantifizierung von Risikoparametern und der Anwendung des internen Modells zur Berechnung von KIRB können ergänzend auch andere als die oben genannten Primärdaten in Form von Näherungswerten verwendet werden. Verwendete Näherungswerte können interne, externe oder zusammengefasste Daten im Sinne der CRR sein. Die in Art. 179 Abs. 1 f) CRR beschriebenen Konservatismusanforderungen sind auch anzuwenden, wenn Schätzungen und Näherungswerte für Zwecke der Modellentwicklung, Risikoparameterquantifizierung und Anwendung interner Modelle für die KIRB Berechnung eingesetzt werden. Näherungswerte sollen repräsentativ sein und, falls erforderlich und möglich, qualitativ an die Primärdaten angepasst werden. Andernfalls ist ein angemessener Konservatismuszuschlag bei der Schätzung der Risikoparameter zu wählen. Zum Zweck der Modellentwicklung, der Quantifizierung der Risikoparameter und der Anwendung der internen Modelle der KIRB-Ermittlung können gem. Art. 22 und 24 Abs. 14 der Verbriefungsverordnung (Verordnung (EU) 2017/2402) die von den Originatoren und Sponsoren zur Verfügung gestellten Daten über die statistischen und historischen Ausfall- und Verlustereignisse verwendet werden, unabhängig davon, ob sie die Anforderungen einfacher, transparenter und standardisierter Verbriefungen dieser Verordnung erfüllen.

Die Kalibrierung der Risikoparameter soll auf der institutsinternen Ausfalldefinition, die für das betreffende interne Modell zur Berechnung von KIRB gemäß Art. 255 Abs. 4 CRR herangezogen wird, basieren. Sofern externe Daten oder Näherungswerte eingesetzt werden, müssen weitere Anforderungen erfüllt sein. Die Ausfalldefinition der externen Daten oder der Näherungswerte soll in Einklang mit Art. 178 CRR und konsistent mit den institutsintern implementierten Ausfalldefinitionen sein, wobei umfassende Dokumentationen anzufertigen und Abweichungen zu identifizieren sind.

Identifizierte Abweichungen sollen auf ihre Auswirkungen auf die Höhe der Ausfallraten analysiert werden, ggf. zu angemessenen Anpassungen führen oder, sofern dies nicht möglich ist, mit entsprechenden Sicherheitszuschlägen versehen werden.

Ihre Ansprechpartner

Andrea Flunker
aflunker@deloitte.de
Tel: +49 211 8772 3823

Dr. Tanja Schlösser
tschloesser@deloitte.de
Tel: +49 211 8772 2169