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Single Resolution Mechanism (SRM)
Status quo und Ausblick 2019
Mit dem Abschluss der Trilogverhandlungen haben sich die Verhandlungsführer auf die Ausgestaltung des EU-Bankenpakets, dem Reformpaket zur Regulierung des europäischen Bankensektors, geeinigt. Einen zentralen Bestandteil des Bankenpakets stellt hierbei die Überarbeitung der BRRD dar. Die sog. BRRD II fokussiert weiterhin die Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungsfähigkeit von Instituten sowie den Umgang mit unbesicherten Verbindlichkeiten im Insolvenzfall. Zudem werden auch die Bemühungen zur Implementierung und Harmonisierung der MREL-Regelung adressiert. Auf nationaler Ebene treibt die BaFin das Thema Sanierung und Abwicklung mit der Veröffentlichung von zwei Konsultationen zu Jahresbeginn ebenfalls maßgeblich voran.
In der Finanzkrise ab 2007 mussten in verschiedenen Staaten, so auch in Deutschland, in Schieflage geratene Kreditinstitute unter zum Teil massivem Einsatz öffentlicher Mittel unterstützt werden (auch „Bail-out“), um die Stabilität der Finanzwirtschaft nicht zu gefährden. Aus dieser Erfahrung ist die Erkenntnis und der Wille hervorgegangen, in künftigen Krisen die Finanzstabilität zu bewahren, ohne in vergleichbarer Höhe öffentliche Mittel einsetzen zu müssen.
Von „Bail-out“ zu „Bail-in“ und „Resolution“
In Deutschland wurde dieses Ziel von Anfang an mit Entschlossenheit verfolgt. Zu diesem Zweck wurde 2013 das Abschirmungsgesetz verabschiedet, dessen Regelungen mit dem BaFin Rundschreiben 3/2014 (BA) zu Mindestanforderungen an die Ausgestaltung von Sanierungsplänen (MaSan) weiter konkretisiert wurden.
Auf Europäischer Ebene wurden 2014 die Richtlinie 2014/59/EU „Bank Recovery and Resolution Directive“ (BRRD I) und die EU-Verordnung 806/2014/EU (SRM-VO) verabschiedet. Zu Beginn des Jahres 2016 hat der neu geschaffene europäische Einheitliche Abwicklungsausschuss, das Single Resolution Board (SRB), unter der Leitung von Frau Dr. Elke König (ehemals BaFin), den Staffelstab übernommen. Der SRB entscheidet über die Abwicklung aller Banken unter direkter Aufsicht der Europäischen Zentralbank sowie von Banken mit Tochtergesellschaften in anderen am Single Supervisory Mechanism teilnehmenden Mitgliedstaaten. Er hat die Aufgabe, nicht lebensfähige systemrelevante Banken zu restrukturieren und/oder abzuwickeln. Der damit etablierte Single Resolution Mechanism (SRM) stellt neben dem Single Supervisory Mechanism (SSM) die zweite Säule der europäischen Bankenunion dar, die im Juni 2012 vom EU-Rat beschlossen worden war.
In Deutschland wurden ebenfalls 2014 entsprechende Vorschriften auf Basis der BRRD I und der SRM-VO im Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) verankert. Seit Beginn des Jahres 2016 ist der SoFFin – nach zwischenzeitigen Verlängerungen – endgültig geschlossen, d.h. es können dort keine neuen Mittel oder Sicherungen mehr beantragt werden (mehr). Der „SoFFin“ (Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung oder Finanzmarktstabilisierungsfonds) war in Deutschland die Einheit, die Bail-out-Mittel, die nach 2007 notwendig wurden, zur Verfügung gestellt hatte. Seit dem 1. Januar 2018 nimmt die BaFin die Funktion der Nationalen Abwicklungsbehörde (NAB) sowie die der Verwalterin des Restrukturierungfonds (RSF) wahr. Die BaFin trägt als NAB dabei Primärverantwortung für die Abwicklungsplanung von Instituten, die nicht als bedeutende Institute der Primärverantwortung des Single Resolution Boards (SRB) unterliegen. Hinsichtlich der bedeutenden Institute übt die BaFin über die Internal Resolution Teams (IRT) und Extended Executive Sessions ebenfalls unmittelbar Einfluss aus und ist als Abwicklungsbehörde zuständig für die Abwicklung aller deutschen Institute und Finanzgruppen, deren Abwicklung sie bei grenzüberschreitender Abwicklung in Zusammenarbeit mit den Abwicklungskollegien durchführt.
Die Abwicklung nach SAG ersetzt nicht die Konzeption des Insolvenzverfahrens, sondern ergänzt sie und ist nur in den Fällen anwendbar, in denen im Krisenfall eine Gefährdung der Finanzstabilität, etwa aufgrund Größe, Komplexität, Risikoprofil und/oder Vernetzung des Instituts naheliegt.
BRRD II, 2019
Mit dem Abschluss der Trilogverhandlungen haben sich die Verhandlungsführer von EU-Rat, dem Parlament und der Kommission auf die Ausgestaltung des EU-Bankenpakets, dem Reformpaket zur Regulierung des europäischen Bankensektors, geeinigt.
Ein zentraler Bestandteil dieser Einigung ist die Überarbeitung der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Instituten, die sog. BRRD II. Ziel der ursprünglichen BRRD war es, die europäischen Banken krisenfest und insbesondere abwicklungsfähig zu machen, um eine erneute „Too-Big-to-Fail“-Problematik zu vermeiden. Analog zur ersten BRRD fokussiert auch die BRRD II die Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungsfähigkeit von Instituten sowie den Umgang mit unbesicherten Verbindlichkeiten im Insolvenzfall. Die wesentlichen Anpassungen der BRRD II umfassen unter anderem die Möglichkeit, ein vorübergehendes Moratorium schon vor der Veranlassung einer Abwicklungsmaßnahme zu verhängen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Außerdem werden die Regelungen zu MREL wie nachfolgend angepasst.
Künftiges MREL-Regelwerk
Als eine zentrale Überarbeitung wird in der neuen Richtlinie die Berechnung der MREL-Quote mit den international gültigen Vorgaben zur Total Loss Absorbing Capacity (TLAC) harmonisiert. Institute mit einer Bilanzsumme von über 100 Mrd. € - sog. „Top Tier Banken“ - werden zudem angehalten, bezüglich ihrer MREL-Anforderung eine bestimmte Nachrangigkeitsquote in Relation zu der Summe ihrer Eigenmittel und Verbindlichkeiten zu erfüllen. Für diese Institute soll außerdem eine Untergrenze für die institutsindividuell festgelegte MREL-Quote gelten. Darüber hinaus wurde, entsprechend des Vorschlags des europäischen Parlaments, eine Schutzklausel für Kleinanleger festgehalten.
Ein weiterer Meilenstein bei der Umsetzung des MREL-Regelwerks bestand in der Erweiterung der Haftungskaskade um eine neue Klasse unbesicherter Schuldtitel. Dieser Schritt wurde auf nationaler Ebene bereits zuvor in einem Eilverfahren aus der BRRD II herausgelöst und im Juli 2018 in § 46f Kreditwesengesetz umgesetzt.
Arbeitsprogramm des SRB für 2019
Parallel zu den voranschreitenden Entwicklungen auf der Trilog-Ebene, hat auch das Single Resolution Board (SRB) im November 2018 sein Arbeitsprogramm für 2019 veröffentlicht. Im Sinne des Single Resolution Mechanism (SRM) steht hierbei einmal mehr die Sicherstellung und Verbesserung der ordnungsgemäßen Abwicklung insolvenzbedrohter Institute mit möglichst geringen Auswirkungen für Realwirtschaft und öffentliche Haushalte im Fokus, wodurch das Gremium seinem proaktiven Arbeitsansatz gerecht werden möchte. Für das Jahr 2019 konzentriert sich das SRB auf fünf strategische Bereiche. Zunächst sollen die Bemühungen um MREL durch die Festlegung der Mindestanforderungen für weitere Institute forciert werden. Das SRB plant in diesem Zusammenhang, rund 100 Mindestanforderungen auf Gruppenebene und 530 auf Einzelinstitutsebene festzulegen. Zudem soll das Abwicklungsrahmenwerk in 2019 durch die Veröffentlichung zusätzlicher Richtlinien weiter konkretisiert und gestärkt werden. Mit Blick auf mögliche kritische Entwicklungen im Finanzsystem plant das SRB seine Krisenreaktionsfähigkeit in Bezug auf die erforderlichen Prozesse zum Krisenmanagement weiterzuentwickeln. Darüber hinaus hat sich das SRB für 2019 die vollständige operative Umsetzung des einheitlichen Abwicklungsfonds zum Ziel gesetzt. Abschließend fokussiert das SRB zum einen die Optimierung interner Prozesse hinsichtlich eines wirksamen Krisenmanagements, zum anderen soll die eigene Organisationsstruktur schlanker und effizienter gestaltet werden.
Aktivitäten der BaFin 2019
Auch auf nationaler Ebene bleibt Bewegung in den Regulierungsbemühungen. So treibt auch die BaFin – als nationale Abwicklungsbehörde – das Thema Sanierung und Abwicklung mit der Veröffentlichung von zwei Konsultationen bereits zu Jahresbeginn maßgeblich voran. Am 1. Februar 2019 veröffentlichte sie in diesem Zusammenhang eine Konsultation zu den Mindestanforderungen, welche die Institute für den Einsatz des Bail-in-Instruments im Falle einer Abwicklung bezüglich der Datenverfügbarkeit der bereitzustellenden Informationen und ihrer technischen und organisatorischen Ausstattung erfüllen müssen. Wenige Tage später folgte am 5. Februar mit dem Entwurf eines Rundschreibens zur Meldung von Informationen für die Abwicklungsplanung (MIA) eine weitere Konsultation. Gegenstand der Konsultation ist der Umgang und die Verwaltungspraxis der BaFin mit der Durchführungsverordnung 2018/1624, welche die Verfahren für die Informationsübermittlung sowie die Meldeanforderungen für Institute konkretisiert und somit ein zentrales Instrument bei der Erstellung von Abwicklungsplänen und der Beurteilung der Abwicklungsfähigkeit darstellt.
Aufgrund der geänderten rechtlichen Ausgangslage wird derzeit die MaSan im Rahmen der Konsultation 09/2017 zu einem Entwurf einer Rechtsverordnung zu den Mindestanforderungen an Sanierungspläne für Institute und Wertpapierfirmen und Entwurf eines Merkblatts zur Sanierungsplanung (MaSanV) überarbeitet.
Analog zum o.g. Arbeitsprogramm des SRB hat auch die BaFin ihre Tätigkeitsschwerpunkte für 2019 im Bereich Abwicklung festgesetzt. Neben den bereits erwähnten Mindestanforderungen für den Bail-In konzentriert sich die BaFin bei der Sicherstellung der Abwicklungsfähigkeit deutscher Kreditinstitute auf drei weitere Kernbereiche. Zunächst forciert sie weiterhin die Identifikation sowie den Abbau von Abwicklungshindernissen am deutschen Bankenmarkt. Darüber hinaus strebt die BaFin eine bessere Informations- bzw. Datenübermittlung der Institute, ausgehend von einer verbesserten technisch-operativen Ausstattung, an. Abschließend sollen Krisenprozesse sowie Kriseninfrastruktur perspektivisch weiter ausgebaut werden.
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