Krankenhaus Rating Report

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Krankenhaus Rating Report 2019

Das Ende des Wachstums?

Die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser hat sich im Jahr 2017 gegenüber dem Vorjahr verschlechtert. 12 Prozent der Krankenhäuser lagen im „roten Bereich“ mit erhöhter Insolvenzgefahr und auch ihre Ertragslage ist schlechter geworden. Ein Grund dafür ist wohl die erstmals gesunkene Anzahl stationärer Fälle. Der damit zusammenhängende Handlungsdruck dürfte in den nächsten Jahren weiter steigen. Führt dies zu einem Aufbrechen der bisherigen Strukturen? Nach Einschätzung der Autoren ist es an der Zeit, statt der bestehenden ambulanten und stationären Vergütungssysteme ganzheitliche Vergütungsmodelle anzustreben. Die fünfzehnte Ausgabe des „Krankenhaus Rating Report“ wurde gemeinsam vom RWI, der Institute for Healthcare Business GmbH (hcb) in Kooperation mit Deloitte und der HIMSS erstellt. Datengrundlage sind 466 Jahresabschlüsse von Krankenhäusern aus dem Jahr 2016 und 84 aus dem Jahr 2017. Sie umfassen insgesamt 877 Krankenhäuser mit einem am Umsatz gemessenen Marktanteil von 70%.

Vorstellung des Krankenhaus Rating Reports 2019 beim Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit

Kernaussagen des Krankenhaus Rating Reports 2019

Die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser hat sich im Jahr 2017 verschlechtert. 12 Prozent der Krankenhäuser befanden sich im „roten Bereich“ erhöhter Insolvenzgefahr, 81 Prozent im „grünen Bereich“. Im Jahr zuvor lagen noch 6 Prozent im „roten Bereich“ und 84 Prozent im „grünen Bereich“. Die Ertragslage hat sich 2017 ebenfalls verschlechtert: 28 Prozent der Krankenhäuser schrieben auf Konzernebene einen Jahresverlust, 2016 waren es nur 13 Prozent. Ausschlaggebend für die schlechtere wirtschaftliche Lage dürfte u.a. der Rückgang der stationären Fallzahl im Jahr 2017 um 0,5 Prozent gewesen sein. Gründe hierfür sind wohl die zunehmende Ambulantisierung, der Personalmangel, ein bereits hoher Sättigungsgrad u.a. bei kardiologischen und orthopädischen Leistungen und intensivere MDK-Prüfungen. Wie auch in den vorangegangen Jahren wirken sich die Krankenhausstrukturen unterschiedlich auf den wirtschaftlichen Erfolg aus:

  • Große Krankenhäuser haben typischerweise ein besseres Rating als kleine, auch ein hoher Grad an Spezialisierung beeinflusst das Rating positiv. Kliniken in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft schneiden besser ab als öffentlich-rechtliche Kliniken.
  • Die Krankenhausstrukturen sind nach wie vor in vielen Regionen ungünstig, insbesondere durch hohe Standortdichte, viele kleine Einheiten und eine geringe Spezialisierung. Am schlechtesten fällt das Rating in Niedersachsen/Bremen, Bayern, Hessen und Baden-Württemberg aus, signifikant besser in Ost-Deutschland.

Handlungsempfehlungen für unterschiedliche Bereiche:

Personalmangel immer noch ein entscheidendes Thema

  • Bei Fortschreibung des Status quo ist bis zum Jahr 2030 eine Nachfrage nach Fachkräften im Gesundheits- und Sozialwesen in Höhe von 4,9 Millionen Vollkräften zu erwarten. Dem stünde ein Arbeitsangebot von 3,6 Millionen Vollkräften gegenüber.
  • Um diese Lücke zu schließen, muss, neben einigen anderen Maßnahmen, der Pflegeberuf attraktiver werden. Dazu müssen die Pflegenden mehr Verantwortung bekommen und mit erweiterten Kompetenzen ausgestattet werden. Langfristig kann außerdem moderne Technik wie Robotikassistenz und künstliche Intelligenz das Personal im Gesundheitswesen entlasten.
     

Neue Vergügungssysteme erforderlich

  • Eine der zentralen Reformbaustellen ist die Veränderung der Vergütungssysteme im Gesundheitswesen. Der jetzt eingeschlagene Weg in die Selbstkostendeckung ist ein Irrweg.
  • Eine sektorenübergreifende Versorgung und stärkere Ambulantisierung der Medizin ist längst überfällig. Hierzu könnten in so genannten Capitationmodellen für definierte Regionen morbiditätsorientierte Regionalbudgets festgelegt werden, die mindestens die ambulante und stationäre Akutversorgung abdecken. Die Leistungserbringer der Region entscheiden dann eigenständig darüber, wie sie das Regionalbudget einsetzen.
     

Stärkung der Handlungsfreiheit und Innovationsoffenheit

  • Zudem gilt es, die unternehmerischen Handlungsfreiheiten auszuweiten und die Innovationsoffenheit im Gesundheitswesen zu stärken. Statt zunehmender Regulierung könnte beispielsweise durch Capitationmodelle die Verantwortung für die Gesundheitsversorgung auf lokale Akteure übertragen werden. Krankenhäuser würden sich so hin zu Gesundheitsunternehmen entwickeln, die die Gesamtverantwortung für die Gesundheit der Bevölkerung in ihren Regionen übernehmen.
  • Eine größere Innovationsoffenheit und weitere Fortschritte in puncto Digitalisierung sind erforderlich.

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