Pflegeheim Rating Report 2017 | Life Sciences & Health Care

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Pflegeheim Rating Report 2017

Stark wachsender Pflegemarkt steht vor signifikanten Herausforderungen

Inhaltsübersicht

Der Pflegemarkt ist wirtschaftlich erfolgreich und kann sich auch in den kommenden Jahren auf signifikantes Wachstum freuen. Bis 2030 wird das Marktvolumen von derzeit ca. 47 Mrd. € auf über 66 Mrd. € ansteigen. Dabei wird die Zahl der Pflegebedürftigen um 34% auf 4,1 Millionen zunehmen. Es werden bis zu 400.000 zusätzliche vollstationäre Pflegeplätze benötigt, der Bedarf an Investitionen wird voraussichtlich bis zu 85 Mrd. € betragen. Zusätzlich sind bis zu 475.000 Pflegefachkräfte und Beschäftigte (Vollkräfte) erforderlich. Schon heute ist die Zahl der gemeldeten offenen Stellen auf einem historischen Höchststand. Die Autoren der Studie „Pflegeheim Rating Report 2017“ von Deloitte, RWI und hcb GmbH empfehlen der Politik, die Rahmenbedingungen dem analysierten Bedarf anzupassen. Für den alle zwei Jahre erscheinenden Report wurden 432 Jahresabschlüsse ausgewertet, die insgesamt 2 050 Pflegeheime umfassen. Zudem berücksichtigt der Report amtliche Daten des Statistischen Bundesamts von allen rund 13 600 Pflegeheimen und 13 300 ambulanten Diensten.

Diese enorme gesellschaftliche Herausforderung verlangt nach einem ganzheitlichen Maßnahmenpaket.

Dazu gehören:

  • die Stärkung der ambulanten Pflege
  • die Erhöhung der Attraktivität des Pflegeberufs
  • der Abbau von Bürokratie
  • der Einsatz von mehr Kapital
  • die konsequente Nutzung von Digitalisierung und Technologie

Der Anteil der Neuzugänge im Pflegeheim, die direkt aus dem Krankenhaus überwiesen werden, hat sich innerhalb von zehn Jahren auf über 70 Prozent mehr als verdoppelt. Gleichzeitig nimmt der Anteil der Pflegebedürftigen der leichtesten Stufe 1 in den Pflegeheimen kontinuierlich zu (von ca. 30% auf nahezu 40%). Beides besorgniserregende Entwicklungen, die besondere Maßnahmen bedürfen:

  • Reha vor Pflege
  • Kurzzeitpflege
  • Einbindung von Sozialdiensten
  • Einsatz von Technologie zum besseren Informationsaustausch
  • Ambient assisted Living System ermöglichen vielen Heimbewohnern in ihrem gewohnten Umfeld zu bleiben

 

Investitionsanreize durch weniger gesetzliche Vorgaben

Mit knapp 47 Mrd. € ist der Pflegemarkt der am stärksten wachsende Bereich im gesamten Gesundheitsmarkt. Dabei ist die wirtschaftliche Lage der Pflegeheime relativ gut: Ihre durchschnittliche Ausfallwahrscheinlichkeit (Zahlungsunfähigkeit) betrug 2015 nur 0,54% und lag damit deutlich niedriger als bei Krankenhäusern. Nur 2% der von uns analysierten Pflegeheime lagen im „roten Bereich“, d.h. besaßen eine erhöhte Insolvenzgefahr. Über 80% lagen im grünen Bereich mit geringer Insolvenzgefahr. Nur 10% erwirtschafteten einen Jahresverlust, das durchschnittliche Heim erwirtschaftete 2015 ein EBITDAR (Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen, Amortisation und Mieten) von 14% der Erlöse.

Der Pflegeheimmarkt muss weiterhin attraktiv für privates Kapital sein, dazu ist aber eine risikogerechte Verzinsung notwendig. Der Politik ist daher anzuraten, gesetzliche Vorgaben auf ein Minimum zu beschränken. So sind z. B. Vorgaben zur Heimgröße oder zum Anteil der Ein-Bett-Zimmer überflüssig. Wichtig ist vor allem, dass Qualität gemessen wird und dass es ein ausreichend großes Angebot an Einrichtungen gibt. Denn dann können sich die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen das Heim aussuchen, das ihren Präferenzen am besten entspricht und das für sie bezahlbar ist.

Des Weiteren ist der Politik zu empfehlen, eine langfristig stabile und nachhaltige Finanzierung der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) sicherzustellen. Durch die Erhöhung des Beitragssatzes 2015 und 2017 konnte die SPV ihre Einnahmen deutlich erhöhen, so dass bis 2016 die Kapitalreserven weiter ausgebaut wurden. Durch die einhergehenden Leistungsausweitungen übertreffen aber bereits 2017 die Ausgaben die Einnahmen, so dass es zukünftig zu einem Abbau der Kapitalreserven kommt. Ohne Gelder aus dem Pflegefonds reichen die Kapitalreserven der SPV vermutlich noch bis etwa 2022. Langfristig ist die SPV also ohne Anpassungen nicht nachhaltig. Insofern sind sowohl Eingriffe an der Einnahmen- als auch an der Ausgabenseite nötig.

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