Künstliche Intelligenz im Mittelstand

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Künstliche Intelligenz im Mittelstand: Technologie mit viel Potenzial

Die neue Deloitte Studie analysiert Anwendungen, Hürden und Perspektiven

In vielen deutschen Großunternehmen wird künstliche Intelligenz (KI) heute längst erfolgreich und in großem Maßstab eingesetzt. Doch wie sieht das im Mittelstand aus, der als das „Rückgrat“ der deutschen Volkswirtschaft gilt? Die neue Deloitte-Studie Künstliche Intelligenz im Mittelstand konstatiert partiellen Nachholbedarf, aber auch vielversprechende Anwendungen in der Gegenwart – und vor allem ein erhebliches Potenzial in Bereichen wie z.B. Prozessautomatisierung, Kundeninteraktion und Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.

Der deutsche Mittelstand ist innovativ, dynamisch und flexibel, seine technologisch hoch entwickelten Produkte sind auf dem Weltmarkt äußerst gefragt. Doch die Vorteile der künstlichen Intelligenz (KI) werden noch nicht in allen mittelständischen Unternehmen bestmöglich ausgeschöpft. Die neue Deloitte-Studie zielt daher auf eine realistische Einschätzung sowohl der derzeitigen Situation als auch der erreichbaren Erfolge. Dafür stellt sie nun eine neue, empirisch aussagekräftige Datengrundlage zu diesem bislang noch nicht hinreichend untersuchten Aspekt zur Verfügung. 307 Entscheider aus mittelständischen Betrieben wurden befragt, außerdem wurden Interviews mit acht KI-Experten aus Forschung und Wirtschaft geführt. KI wird dabei im Kontext der Studie definiert als „die Forschung, wie Computer Dinge tun können, die Menschen zumindest aktuell noch besser als Computer machen.“ Im Zentrum dieses Ansatzes stehen Algorithmen, die Problemlösungen und Entscheidungen verbessern.

Zukunft und Gegenwart der KI

Der Begriff „Zukunftstechnologie“ wird auf KI sicher nicht zu Unrecht genutzt: Das Potenzial dieses innovativen digitalen Ansatzes für die Geschäftsmodelle von morgen ist erheblich. Doch zugleich gerät durch diese Sichtweise tendenziell aus dem Blick, welche Rolle KI bereits heute in den Unternehmen spielt und spielen kann – auch im Mittelstand. Es ist entscheidend, KI auch als Gegenwarts-Technologie zu verstehen. Viele naheliegende Quick Wins sind zu erzielen, wenn die reale Umsetzbarkeit von durchaus auch niedrigschwelligen KI-Ansätzen in den Fokus genommen wird. 

Für den aktuellen Betrieb wird der Technologie derzeit nur eingeschränkte Bedeutung zugemessen: 30 Prozent der Studienteilnehmer bescheinigen ihr allenfalls eine mittlere und 34 Prozent eine niedrige oder sehr niedrige Relevanz. Andererseits sehen 59 Prozent eine Zunahme bzw. starke Zunahme an Bedeutung voraus. Die Chancen von KI sind dem Mittelstand also durchaus bewusst. Dabei, so das Urteil der Autoren der Studie, könnte sich gerade die spezifische Besonderheit des deutschen Mittelstandes bei der Umsetzung entsprechender Konzepte einmal mehr als Vorteil erweisen: Inhaber- oder Familien-geführte Unternehmen können ihre Mitarbeiter auf eine viel direktere Art auf die Reise zu neuen Möglichkeiten mitnehmen und einbinden als große Konzerne.

Die Sicht des Mittelstands auf KI

Um den Diskussionsstand zum Thema KI abzuklären, wurden die Teilnehmer im Rahmen der Studie auch nach ihrem eigenen Verständnis des Begriffs gefragt. Die meisten nennen dabei das Treffen selbständiger Entscheidungen durch einen Computer oder eine Routine (38 Prozent), 23 Prozent die Automatisierung und Optimierung von Prozessen. Es folgen Intelligenztransfer (19 Prozent) und Nutzung von Algorithmen (9 Prozent), eigentlich ein zentraler Aspekt der aktuellen KI-Ansätze. 8 Prozent der Befragten setzen KI mit der Digitalisierung im Allgemeinen gleich und belassen es damit bei einer vergleichsweise unspezifischen Sichtweise. 

Auch zu den besonders relevanten Technologien im Horizont der KI nehmen die Studienteilnehmer Stellung. Am höchsten rangieren regelbasierte Systeme (z.B. Expertensysteme), Machine Learning und Deep Learning. Nur 22 Prozent der Unternehmen attestieren sich selbst dabei einen hohen digitalen Reifegrad, 34 Prozent hingegen einen niedrigen. Auffällig ist eine starke Korrelation der Einschätzung: Je höher der individuelle digitale Reifegrad des Unternehmens, desto höher die zugesprochene Relevanz von KI. 

Chancen und Herausforderungen für den Mittelstand

Welche Vorteile sieht der Mittelstand in KI? Im Vordergrund steht laut Aussage der in der Studie befragten Experten das „Teamplay von Mensch und Maschine“, das die Arbeitsstrukturen im Mittelstand verändern wird. Mit 77 Prozent wird die Automatisierung von Prozessen am häufigsten genannt, es folgen effiziente Nutzung von Daten (72 Prozent) und Beschleunigung von Prozessen (66 Prozent). Besonders interessant sind hier wieder die Prioritäten von Unternehmen mit hohem digitalem Reifegrad: Sie sehen zu 100 Prozent eine hohe Relevanz von KI jeweils für Prozessautomatisierung und Dateneffizienz, sowie zu 86 Prozent für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Ein Bewusstsein der besonders attraktiven Chancen korreliert also eindeutig mit dem Stand der eigenen digitalen Transformation.

Relevanz der KI in Abhängigkeit vom digitalen Reifegrad der Organisation

Allerdings werden auch Hemmnisse wahrgenommen: Kompetenzmangel (65 Prozent), Implementierungshürden (52 Prozent) und Datenprobleme (52 Prozent) stellen für die Befragten an vorderster Stelle. Cyber Security  wird dagegen selten genannt (13 Prozent), hier scheint aus Sicht der Autoren noch keine ausreichende Sensibilisierung gegeben. Um ein vollständiges Bild der Sichtweise des Mittelstands zu erhalten, wurde in der Studie auch nach den wahrgenommenen Risiken durch KI-Anwendung gefragt: Die häufigsten sind Datenqualität bzw. falsche Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI, ein zu hoher Aufwand im Vergleich zum Ertrag und mangelnde Transparenz bei KI-Entscheidungen. 

Funktionen und Anwendungen

Ein Zusammenhang zwischen Digitalisierungsgrad und Schwerpunkten beim Einsatz von KI herrscht nach den Erkenntnissen der Studie auch in den einzelnen betrieblichen Funktionsbereichen. Zunächst wurde der individuelle Reifegrad erhoben: IT liegt hier vorn (66 Prozent hoch oder sehr hoch), HR bildet das Schlusslicht (23 Prozent). Diese Werte entsprechen auch den Einschätzungen zur Eignung der jeweiligen Bereiche. Dass Controlling, Logistik, HR und Finanzbereich nur als relativ gering geeignet angesehen werden, könnte laut den Autoren der Studie an mangelndem Bewusstsein für die „low hanging fruits“ bei KI-Anwendungen gerade in diesen Bereichen liegen. Dafür spricht auch der Umstand, dass hoch digitalisierte Mittelständler in genau diesen Aspekten signifikant höhere Chancen sehen als andere. Generell sind schon viele Anwendungen in den Unternehmen umgesetzt: KI-Technologien werden als Produkt (34 Prozent) oder als Service (30 Prozent) bezogen, Datenanalyse und Eigenentwicklung (jeweils 26 Prozent) spielen aber noch eine relativ geringe Rolle. 

Strategie und Budgets

Ganz unabhängig vom KI-Thema befindet sich einen Großteil des Mittelstands aktuell auf dem Weg zur Fokussierung des Geschäftsmodells auf Dienstleistungen: 71 Prozent der Befragten sind als Dienstleister tätig, 44 Prozent als Produzent, 11 Prozent als Plattformanbieter. Insgesamt 58 Prozent geben allerdings an, KI sei für sie strategisch unbedeutend oder sehr unbedeutend. Nur ein Fünftel spricht KI eine hohe oder sehr hohe Bedeutung zu. Auch hier weichen Firmen mit hohem digitalem Reifegrad markant ab und schätzen KI als strategisch signifikant wichtiger ein. 

Besonders interessant ist für die Lagebewertung das ebenfalls in der Studie erfragte Investitionsbudget, das die Mittelständler für KI aufbringen. Der Median beträgt rund 250.000 Euro jährlich, 41 Prozent geben sogar mehr als 500.000 Euro aus. 38 Prozent der Teilnehmer sehen einen starken bis sehr starken Budgetanstieg in der nahen Zukunft voraus. 

Budget für KI in EUR p.a.

Über die Studie

Bei der neuen Studie handelt es sich um den 17. Beitrag zur Deloitte-Studienreihe „Erfolgsfaktoren im Mittelstand “.

Im Oktober und November 2020 wurden dafür 307 Führungskräfte aus dem Mittelstand online per Fragebogen befragt. Die teilnehmenden Unternehmen hatten durchschnittlich 1.154 Mitarbeiter und 360 Millionen Euro Jahresumsatz. Die Studie enthält auch Statements über die Erkenntnisse und Erfahrungen der acht in Interviews konsultierten KI-Experten. Außerdem werden einleitend die vielfach noch unklaren Begrifflichkeiten und Konzepte rund um KI erörtert und eingegrenzt. Nicht zuletzt gibt die Studie schließlich spezifische Umsetzungstipps, die dem Mittelstand bei der Fortentwicklung und beim Identifizieren der großen Chancen helfen, die KI bietet.

Laden Sie hier die Deloitte Studie Künstliche Intelligenz im Mittelstand herunter und erfahren Sie alle Ergebnisse und weitere Details.

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