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Property Index 2023

Europäischer Wohnimmobilienmarkt unter Druck, Mieten in Deutschland weiter gestiegen

Der Deloitte Property Index ist eine der umfassendsten Untersuchungen der Wohnimmobilienmärkte in Europa und eine wertvolle Informationsquelle für Branchenexperten, Investoren und die breite Öffentlichkeit. Die aktuelle, zwölfte Auflage des Property Index analysiert die Daten von 27 europäischen Ländern und 76 ausgewählten Großstädten, um einen direkten Vergleich der Wohnimmobilienpreise abzubilden. Des Weiteren untersucht der Report die zentralen Faktoren, die auf Grundlage der unterschiedlichen wirtschaftlichen Perspektiven die Entwicklung der nationalen Wohnungsmärkte in Europa bestimmen.

Im neuen Property Index 2023 identifiziert Deloitte eine uneinheitliche Situation auf dem europäischen Wohnimmobilienmarkt, die insgesamt weiter unter Druck steht: So legten im vergangenen Jahr die Immobilienpreise in einigen Ländern stark zu, während andere Immobilienmärkte regelrecht einbrachen. Besonders starke Preiszuwächse beim Immobilienkauf verzeichneten südosteuropäische Länder wie Bosnien-Herzegowina, Ungarn und Kroatien mit jeweils weit über 20 Prozent, während die Preise in Großbritannien (-17,9%) und Dänemark (-9,6%) zum Teil dramatisch sanken. 

Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass Tel Aviv mit einem Quadratmeterpreis von 14.740 EUR Paris als teuerste Immobilienstadt im EMEA-Territorium ablöste. Zugleich verzeichnet auch Israel selbst, das erstmals in dem Report berücksichtigt wurde, mit 7,3 Prozent einen starken Anstieg bei den Immobilienpreisen. In Deutschland hingegen hat sich der Immobilienboom abgebremst, die Kaufpreise legten nur noch vereinzelt moderat zu, während die Mieten infolge des Wohnungsmangels und der rückläufigen Bautätigkeit weiterhin deutlich anstiegen.

 

Michael Müller, Partner und Real Estate Leader:

Generell unterscheidet sich 2022 in vielerlei Hinsicht von den vorangegangenen Jahren: Nicht zuletzt die Energiekrise hat im Immobiliensektor ein Umdenken hin zu mehr Nachhaltigkeit ausgelöst – insofern kann 2022 als Jahr des Beginns der nachhaltigen Transformation bezeichnet werden.

 

Zu Beginn des Jahres 2022 hat die Kombination aus explodierenden Verbraucherpreisen und zunächst noch relativ niedrigen Hypothekenzinsen die hohe Nachfrage nach Wohnimmobilien in den meisten europäischen Ländern beschleunigt. Dies mündete in steigende Kaufpreise und einer verschlechterten Erschwinglichkeit von Eigentumswohnungen. Somit wurde die Verlagerung hin zu Mietwohnkonzepten in vielen europäischen Ländern weiter vorangetrieben.

Mit der Energiekrise infolge der russischen Invasion in die Ukraine waren Projektentwickler gezwungen, alternative Energielösungen in ihre Projekte zu integrieren. Dasselbe gilt für Hausbesitzer, die ihre Häuser mit Sonnenkollektoren, geothermischen Systemen oder anderen Technologien für erneuerbare Energien aufgerüstet haben. Insofern kann 2022 als der Beginn der nachhaltigen Transformation in der Immobilienbranche bezeichnet werden.

Zentrale Ergebnisse des Property Index 2023 im Überblick

Wohnimmobilien stärker gefragt denn je

Die Transaktionspreise neuer Wohnimmobilien haben in 22 von 25 Ländern zugelegt. Auch für das laufende Jahr wird für den europäischen Wohnungsmarkt eine starke Nachfrage erwartet, wobei der Schwerpunkt auf Verschiebungen der Wohnpräferenz hin zu Mietwohnungen und Mietkonzepten für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen liegen wird. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf nachhaltigem und energieeffizientem Wohnen und der Integration von zukunftsfähiger Technologie in Wohnimmobilien.

Weiterhin europaweit hohe Herausforderungen für die Immobilienmärkte

Da sich die Aussichten für die EU-Wirtschaft durch die Energiekrise verschlechtert und die Währungsbehörden eine energische Straffung der monetären Bedingungen eingeleitet haben, schien eine Winterrezession in der Eurozone im vergangenen Jahr unvermeidlich. Die jüngsten Daten zeigen jedoch, dass die EU-Wirtschaft im 4. Quartal 2022 „nur“ stagnierte und es dank deutlich niedriger als erwarteter Energiepreise und zahlreicher Hilfsmaßnahmen zu keiner tieferen Rezession kam.

Laut der vorläufigen Schnellschätzung von Eurostat wuchs das BIP im 1. Quartal 2023 um 0,1 Prozent. Für das zweite Quartal deuten die Umfrageindikatoren auf eine weitere Erholung hin, wobei der Dienstleistungssektor deutlich besser abschneidet als das verarbeitende Gewerbe und das Verbrauchervertrauen sich weiter vom historischen Tief des letzten Herbstes erholt. Für dieses Jahr prognostiziert der Internationale Währungsfonds ein Wirtschaftswachstum der Eurozone um 0,8 Prozent. 

Inflation und Zinsentwicklung prägen die Immobilienmärkte

Die jährliche Inflationsrate erreichte im März 2023 mit 7,5 Prozent einen historischen Höchststand in der EU. Die Zentralbanken gerieten dadurch unter Druck und haben in mehreren Schritten die Zinssätze drastisch erhöht – ein Ende ist derzeit noch nicht abzusehen.

Der Immobilienmarkt reagiert erfahrungsgemäß sehr stark auf Veränderungen der Zinssätze und die Entwicklung des BIP. Prognosen sehen derzeit einen Rückgang der Kerninflation. Dieses Szenario und ein BIP-Wachstum in den folgenden Quartalen könnte die Immobilienpreise stützen. Allerdings würde eine straffere Geldpolitik die Hypothekenzinsen erhöhen, was wiederum die Nachfrage nach Immobilien verringern und sich dämpfend auf die Entwicklung der Immobilienpreise auswirken könnte.

 

Michael Müller, Partner und Real Estate Leader

Die Immobilienbranche war im vergangenen Jahr mit beispiellosen Herausforderungen konfrontiert, die die Entwicklung des europäischen Wohnungsmarktes beeinflusst haben. Dies dürfte auch die sehr unterschiedliche Entwicklung in den einzelnen Ländern erklären.

 

Stagnierende Immobilienpreise in Deutschland 

In Deutschland zeichnet sich der Wohnungsmarkt durch seine Heterogenität mit einer multizentrischen und föderalen Struktur aus. Dies zeigt sich in den Städten und Metropolregionen, von denen einige sehr hochpreisig sind und im Gegensatz zu den erschwinglicheren peripheren Teilen des Landes stehen. Der Unterschied der Metropolen zum Bundesdurchschnitt hat sich abermals vergrößert, wenngleich nicht in allen deutschen Großstädten.

So ist der durchschnittliche Quadratmeterpreis in München abermals gestiegen, von 10.500 Euro auf 11.400 Euro. Damit liegt München 237,5 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Auch in Berlin und Hamburg zogen die Immobilienpreise erneut leicht an und liegen nun jeweils erstmals über 150 Prozent im Vergleich zum Bundesdurchschnitt. Hier steht Frankfurt bei 166,7 Prozent.

Deutsche Mieten weiterhin dynamisch

Die Mieten in den deutschen Großstädten stiegen weiterhin an, in einigen Fällen sogar stärker als im Vorjahr. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum besteht unverändert, insbesondere in den Metropolregionen. Dies treibt das Mietpreiswachstum weiter an. Die Wohnraumknappheit wird durch die Zu-wanderung infolge des Kriegs in der Ukraine und die damit verbundene erhöhte Nachfrage beispielsweise im Bereich des sozialen Wohnungsbaus weiter verschärft.

Überdies steht der Immobilienmarkt durch die erhebliche Erhöhung der Finanzierungskosten aufgrund der Anpassung der Zinssätze, die sich innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt – in einigen Fällen sogar verdreifacht haben – zusätzlich unter Druck. Aus Sicht der Projektentwickler erhöht dies die Baukos-ten und die Finanzierungsrisiken für die Entwicklung neuer Wohnungen erheblich und verringert die Renditen der Entwickler drastisch. 

Investoren in der Wartestellung, Kosten für ESG erhöhen die Baukosten

Derzeit setzen bzw. warten Investoren auf stagnierende oder sogar sinkende Verkaufspreise. Zudem sind klassische „sichere“ Anlageklassen (z. B. Anleihen) aufgrund des veränderten Zinsumfelds für sie attraktiver geworden. Der starke Anstieg der Energiekosten sowie die Kosten für die Umsetzung der ESG-Regulierungen haben Auswirkungen auf die Baukosten der Entwickler, was insbesondere in Bezug auf die ESG-Kosten zu einer stärkeren Preisdifferenzierung zwischen Neubauten und älteren Gebäuden am Markt führt. Bei Letzteren sind entsprechend im Vergleich zu den Vorjahren größere Preisnachlässe zu erwarten.

Das Marktumfeld für Wohnimmobilien wird in Deutschland aufgrund der verschiedenen exogenen Faktoren herausfordernd bleiben, wenngleich ab Ende des Jahres 2023 eine Stabilisierung auf dem Investitionsmarkt zu erwarten ist.

 

Laden Sie hier den vollständigen Property Index herunter und lesen Sie alle Daten und Analysen im Detail. 

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