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PropTechs und der digitale Wandel

Neun von zehn Investoren weltweit glauben an einen mindestens moderaten Einfluss der PropTechs auf die Immobilienbranche

Die Deloitte Befragung der exekutiven Führungskräfte der 500 relevanten Institutionellen Investoren weltweit verdeutlicht deren hohe PropTech-Affinität. Grund genug für eine erneute Momentaufnahme der PropTechs mit Fokus auf den deutschsprachigen Raum. Bereits vor einem Jahr haben wir bei Deloitte uns intensiver mit der Frage beschäftigt: Wer sind die PropTechs? Was steckt dahinter? Welchen Mehrwert können diese Startups der Immobilienbranche bieten?

Dynamik im PropTech-Segment

Ist die Gelassenheit angemessen? Fakt ist, dass die Anzahl an PropTechs weiter steigt. Hatten wir im Frühjahr 2017 noch 135 von 150 der zu dem Zeitpunkt bekannten PropTechs näher analysiert, waren es Ende 2017 bereits 240 PropTechs und Mitte 2018 knapp 300 Unternehmen, die i.S. eines Startups im Immobiliensektor definierbar sind. Und das nur im deutschsprachigen Raum. Weltweit wurden Mitte 2018 rd. 1.700 PropTechs gelistet. Das Finanzierungsvolumen betrug in Summe rd. 57 Milliarden US-Dollar und entspricht rd. acht Prozent des globalen Immobilieninvestments 2017. PropTechs sind in mehr als 60 Ländern auf allen Kontinenten zu Hause.

Dominierende Regionen sind die USA und Westeuropa, wobei insbesondere die Präsenz in Westeuropa stark anzieht. Mit Blick auf das verstärkte Engagement nationaler und europäischer Initiativen zur Förderung von PropTechs und Zunahme von VC‘s mit Fokus PropTechs dürfte dieser Trend sich verstetigen. Bereits heute liegt die globale Schätzzahl an PropTechs
deutlich über der Anzahl gelisteter. Auch wenn der Begriff PropTech zieht – innovative Startups mit Immobilienwirtschaftlich nutzbaren Anwendungen siedeln auch in angrenzenden Tech-Segmenten wie HealthTech, CleanTech oder FinTech.

Wo PropTechs zu Hause sind

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Quelle: Venture scanner Juni 2018, FINTECH Global März 2018

Global sind die bestimmenden Anwendungsfelder für PropTechs Such- und Matchingportale für Gewerbeimmobilien sowie Langzeit- und Kurzzeitaufenthalt, gefolgt von Versicherungsvermittlung, IoT (Internet of Things) und Home Services. Starke Wachstumssignale sendet das Feld Home Services.

Der von uns näher betrachtete deutschsprachige Raum deckt sich mit den weltweiten Beobachtungen: Vermietung und Verkauf als klassische B-to-C Anwendung bilden mit rd. 30 Prozent das größte Anwendungsfeld. Smart Building/ IoT ist das zweitgrößte (20%), gefolgt von Immobilienverwaltung und 3D/VR/AR mit je 14 Prozent. Das restliche knapp ein Viertel der PropTechs sind in den Feldern Crowdfunding, Digitale Datenräume, Immobilienbewertung oder Baumanagement aktiv.
 

Wo PropTechs aktiv sind

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Quelle: Deloitte 2018

Auch im deutschsprachigen Raum ist ein deutlicher Anstieg der Anzahl an PropTechs im Anwendungsfeld Smart Building/ IoT gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Ebenso bemerkenswert ist der Zuwachs im Feld Baumanagement.
Aufgrund der hohen Dynamik im PropTech-Segment beinhaltet unsere wiederholte Betrachtung neben der Reflektion der Newcomer auch eine Überprüfung der bereits analysierten PropTechs. Sind sie noch am Markt aktiv? Ist eine Fusion, Übernahme oder Umbenennung erfolgt? Hat sich der Branchen-/ Produktfokus verändert? Die Aussage „Nichts ist stetiger als der Wandel“ ist bezeichnend für PropTechs, ist doch die laufende Reflektion der Produkt- und Unternehmensposition überlebenswichtig für ein Startup.
 

Spannende Ansätze für die Wohnungswirtschaft

Unsere Untersuchungsschwerpunkte waren wie in der Vorauswertung die Fragen zur Produkt- und Unternehmensperspektive: Wo liegen Potenziale für die Wohnungswirtschaft und wie nachhaltig ist der potenzielle Geschäftspartner aufgestellt.

Für die Auswertung ist es notwendig die Fragen zu operationalisieren und anhand von vertiefenden Betrachtungspunkten beurteilbar zu gestalten. Naturgemäß spielt der Betrachtungsfokus – Wohnungswirtschaft – eine prägende Rolle. Das heißt, die Reflektion von u.a. der Produkt-USP, der Reifegrad, die Sicherheit, das Geschäftsmodell, die Finanzierung, die Pilot-Projekte sowie vorhandene Partnerschaften erfolgt mit der wohnungswirtschaftlichen Brille. Die Einzelbewertungen wurden je PropTech gewichtet zusammengefasst und in einer Bewertungsmatrix abgebildet.

Neben unser langjährigen erprobten Expertise für die Wohnungswirtschaft und unserer Kenntnis über deren Erwartungshaltung gegenüber neuen Anwendungen konnten wir nun auch unsere Erfahrungen aus der vorhergehenden Momentaufnahme in die Beurteilung einfließen lassen.
 

Wo PropTechs für die Wohnungswirtschaft* interessant sind

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Quelle: Deloitte2018 (*abgekürzt WoWi)

In der Momentaufnahme können wir bei rd. 14 Prozent der betrachteten PropTechs bzw. deren Produkte von einem für die Wohnungswirtschaft spannenden Ansatz ausgehen (High Potentials). Im Allgemeinen bieten PropTechs dieses Clusters ausgereifte Produktideen bis hin zu Piloten, welche den Nerv von Wohnungsunternehmen treffen. Der Schwerpunkt befindet sich für die Wohnungswirtschaft wenig überraschend im Anwendungsfeld Smart Building/ IoT und Immobilienverwaltung. Prozessvereinfachung und –effizienten sind nach wie vor eine der Herausforderungen für die Unternehmen.

Im Cluster Middle Class finden sich PropTechs mit durchaus interessanten Ansätzen. Jedoch fehlt oft ein Alleinstellungsmerkmal, was in einem herausfordernden Wettbewerbsumfeld ihr Ankommen im Markt beeinträchtigen kann.

Spannend sind auch die Veränderungen gegenüber der vorjährigen Momentaufnahme: Der Besatz je Cluster stieg deutlich, so bei den High Potentials um 240 Prozentpunkte (41 PropTechs).
 

PropTech-Engagement neu bewerten

Die PropTechs stehen oft synonym für den digitalen Wandel. Sie sind aber viel mehr noch ein ernstzunehmender Akteur im digitalen Transformationsprozess der Immobilienbranche. Die wenigsten PropTech sind bisher disruptiv, aber fast jedes lebt den digitalen Wandel und setzt dadurch Impulse in der Branche.

Es mag keine gute Idee sein, PropTechs nur als Anbieter eines Produktes oder Services wahrzunehmen. Diese enge Wahrnehmung begrenzt die Bandbreite an Vorteilen ein, die eine Partnerschaft mit sich bringen kann. Warum nicht an einer neuen Innovation des PropTech-Partners ohne weiteres partizipieren, wenn man sich partnerschaftlich engagiert?

Immobilienunternehmen haben oft nur ein, zwei Ansprechpartner für PropTechs. Nicht selten sind dann ein koordiniertes Vorgehen und Objektivität wesentliche Elemente für eine nachhaltige Kommunikation in die eigene Organisation. Governance-Modelle und Richtlinien zur Bewertung der Vor-/Nachteile einer PropTech-Partnerschaft schaffen hier Mehrwerte. In der Bewertung sollten neben dem Produkt/ Service auch die Größe, der Reife- und Innovationsgrad und die Relevanz für das bestehende Geschäft geprüft werden.

Kulturelle Unterschiede zu PropTechs bestehen – und sollten als solche durch beide Partner anerkannt werden. PropTechs sind bspw. tendenziell schlanker und treffen im Vergleich zum etablierten Immobilienpartner schneller Entscheidungen. Ein gemeinsam erarbeitetes Verständnis, bspw. zur Kommunikation miteinander, fördert eine erfolgreiche Koexistenz.

Die größte Herausforderung für Immobilienunternehmen wird darin liegen, ihre eigene Agilität zu erhöhen. Denn damit ist eine Änderung im Denken verbunden: die Akzeptanz von Unsicherheit und die Möglichkeit des Scheiterns (fail-fast). Nicht jedes Engagement mit einem PropTech wird sich rentieren. Dies sollte jedoch Immobilienunternehmen nicht davon abhalten, sich erstens: auf PropTechs einzulassen und zweitens: zu versuchen den ROI ihres PropTech-Engagements zu messen. Quantitative Kennzahlen wie Umsatzsteigerung, Kosteneinsparung, Marktdurchdringung oder qualitative Indikatoren wie Mieterfeedback und Transformationsniveau können in Betracht gezogen werden.
 

Fazit

Digitaler Wandel ist deutlich mehr als Tech. Er beinhaltet tiefgreifende Veränderungen auf gesellschaftlicher, wirtschaftlicher, technischer und politischer Ebene. Hierdurch verändert sich das wirtschaftliche Ökosystem der Immobilien- und Wohnungswirtschaft und löst einen Handlungsdruck für das einzelne Unternehmen aus.

Wir von Deloitte helfen Ihnen mit unserer Expertise Ihren Weg zu finden – Digital Transformation meets Performance.



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Ihre Ansprechpartner

Jörg von Ditfurth
Leiter Real Estate Consulting
jvonditfurth@deloitte.de

Petra Rösner
Real Estate Consulting
proesner@deloitte.de