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Der 3D-Druck aus Verrechnungspreissicht

Vorstellung, Analyse und Praxisbeispiele

Die additive Fertigung, besser bekannt als 3D-Druck, spielt eine wichtige Rolle in der Produktion. In Branchen wie der Medizintechnik, des Maschinenbaus oder der Luftfahrt hat sich das neue Fertigungsverfahren etabliert. Dieser Fachbeitrag beleuchtet, wie die additive Fertigung Lieferketten und Wertschöpfung transformiert und welche möglichen Auswirkungen sich aus Verrechnungspreis-Sicht ergeben können.

Die additive Fertigung - eine kurze Definition

Bei additiven Fertigungsverfahren wird das Material zur Erzeugung eines Werkstücks anhand dreidimensionaler Konstruktionsdaten Schicht für Schicht aufgebaut. In alltäglichen Produktionsprozessen entstehen durch den 3D-Druck viele neue Ansätze:

  • Herstellung hochkomplexer Werkstücke oder Kleinserien, die mit gewöhnlichen Fertigungsverfahren nicht oder nur zeit- und kostenaufwendig realisierbar wären
  • Vielfältige Einsatzbereiche in Entwicklung und Konstruktion sowie im Prototypen- und Werkzeugbau.

Auch die zu verarbeitenden Materialien werden laufend weiterentwickelt. Daraus werden auch hier weitere Einsatzgebiete ergeben.

Wandel von Geschäftsmodellen und bestehender Liefer- und Wertschöpfungsketten

Der 3D-Druck besitzt das Potential, sowohl Liefer- und Wertschöpfungsketten als auch Geschäftsmodelle grundlegend zu verändern.

Momentan ergänzt der 3D-Druck überwiegend die traditionellen Fertigungsverfahren. In Zukunft könnte das Gegenteil der Fall sein: Additive Verfahren können zum bevorzugten Fertigungsverfahren werden.

Die Grenzen zwischen Produkt und Dienstleistung verwischen bereits heute zunehmend. Durch additive Fertigungsverfahren wird dieser Trend verstärkt: Neben der digitalen Entwicklung und additiven Herstellung von Produkten ist ebenso der digitale Handel mit den 3D-Konstruktionsdatensätzen vorstellbar.

Aus der Perspektive der Verrechnungspreise müssen folgende Fragen beantwortet werden:

  • An welchen Stellen wird die bestehende Wertschöpfungskette durch additive Fertigungsverfahren verändert?
  • Welche Veränderungen ergeben sich in Funktions- und Risikoprofilen der beteiligten Konzerngesellschaften? Welche Auswirkungen hat dies auf Geschäftschancen/–risiken bzw. können diese durch Funktionsverlagerungen ausgelöst werden?
  • Welche(r) Gruppengesellschaft
  • kommt der Vorteil aus der Kosteneffizienz des 3D-Druckens zugute?
  • sind die Kosten der Entwicklung und des Vertriebs der 3D-Konstruktionsdatensätze sowie die Erträge zuzuordnen?
  • hat IP produziert
  • hat bei der additiven Fertigung welche DEMPE-Funktionen ausgeübt?

Production on Demand - was heißt das?

Durch den Einsatz von 3D-Druckern können Hersteller ihre Produkte nun nach Bedarf sowie markt- und kundennah fertigen. Fertigteil-Lager werden dadurch überflüssig. Der Wegfall von Bevorratungskosten und eine signifikante Verkürzung der Lieferzeit sind hier nur zwei wesentliche Vorteile.

Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass sich die Logistik von einer globalen zu einer regionalen Logistik hin entwickeln wird.

Im Gegensatz zur traditionellen Produktion können maßgeschneiderte Designs durch Austausch der Konstruktionsdatensätze kostengünstiger realisiert werden - ein bedeutsamer Vorteil im Gegensatz zur traditionellen Produktion. Insbesondere bei Kleinserien ist die Kostenstruktur additiver Fertigungsverfahren günstiger als bei konventionellen.

Ganze Prozesse entlang der Wertschöpfungskette können sich verändern - angefangen bei der Forschung und Entwicklung über die Fertigung und den Vertrieb bis hin zu Dienstleistungen rund um die Nutzung eines Produkts. Forschung und Entwicklung sowie der Konstruktion kommt bei der additiven Fertigung eine große Bedeutung zu. 

Entlang der Wertschöpfungskette können sich durch die additive Fertigung unzählige Ausgestaltungsmöglichkeiten ergeben. Aus Transferpreis-Sicht ergibt sich daraus die Frage nach angemessener Vergütung der beteiligten Konzerngesellschaften.

Denkbar sind hier mehrere Optionen:

  • Kostenbasierte Vergütung im Falle eines als Auftragsfertiger tätigen konzerninternen Druckerparks
  • Nutzerbasierte Vergütung mittels einer Lizenzgebühr

Profit-Split-Methode für eine fremdübliche Gewinnaufteilung bei den an der Entwicklung beteiligten bzw. DEMPE-Funktionen ausführenden Konzerngesellschaften.

Praxisbeispiele und deren Verrechnungspreis-Implikationen

Szenario 1: Produktion aus dem Ausland wird nach Deutschland zurückgeholt

Seit Jahren verlagern zahlreiche Firmen Ihre Produktionsstätten ist Ausland. Der 3D-Druck kann diesem Trend teilweise umkehren.

Grund: Durch additive Fertigung können arbeits- und personalintensive Produktionsprozesse stärker automatisiert werden. So könnten sie auch verstärkt in der Serienproduktion eingesetzt werden.

Die Lohnkosten würde somit bei der Frage nach dem Produktionsstandort eine weniger wichtige Rolle einnehmen. Das Kostenreduzierungs- und das hohe Customizing-Potential sind deutlich tiefgreifender.
 

Szenario 2: Produktion wird aus Deutschland ins Ausland verlagert

Bei stark exportorientierten Unternehmen ist es denkbar, die inländische Produktion komplett aufzugeben und an räumlich kundennähere Konzerngesellschaften zu verlagern.

Grund: Eine dezentrale Produktion in Kundennähe bietet viele Vorteile im Vergleich zu einer zentralisierten Produktion. Dies gilt besonders bei kleinen Produktionsmargen. Hier könnten insbesondere die räumliche Nähe und die damit verbundene Reagibilität andere Nachteile aufwiegen. 
 

Szenario 3: Aufgabe der inländischen, konventionellen Produktion und Auslagerung an einen Dienstleister oder direkt an den Endkunden im Ausland

Die Fertigungsauslagerung an Dienstleister ist seit vielen Jahren ein alltägliches Szenario. Durch die konstante Änderung der Wertschöpfungskette kann u. U. sogar eine Auslagerung an den Kunden im Ausland Sinn machen.

Zwar wird hierbei die komplette Produktion im Inland eingestellt und das entsprechende Personal abgebaut, von einer Funktionsverlagerung kann jedoch nicht ausgegangen werden, da die Produktion komplett auf einen fremden Dritten übergeht.
 

Was bedeutet dies aus Transfer Pricing-Sicht?

Die Verlagerung der Produktionsfunktion hat häufig auch Funktionsverlagerungen zur Folge. Daraus ergeben sich wiederum Fragen zu damit verbundenen Ausgleichsansprüchen, die oft nicht beantwortet werden können.

Häufig fehlt in diesem Kontext der Zusammenhang zwischen bisheriger Geschäftsentwicklung und künftigen Markt- und Wettbewerbsbedingungen. Historische Margen und Kosten werden deshalb kaum belastbare Anhaltspunkte für die Zukunft liefern können. 

Die Kernfrage hinsichtlich der Anwendbarkeit der Transferpaketbetrachtung (potentielle Funktionsverlagerung) setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen

1. Inwiefern ist die Durchführung des 3D-Druckens als Routinefunktion anzusehen?

2. Und: Erbringt das ausführende Unternehmen diese Funktion nur gegenüber dem verlagernden Unternehmen?

3. Oder: Ist die additive Produktionstätigkeit funktions- und risikostärker und kann nicht mehr als Dienstleistung eingestuft werden?

Zumindest in den ersten beiden Fällen sollte von einer Transferpaketbetrachtung abgesehen werden können (Öffnungsklausel, § 1 Absatz 3 Satz 10 erste Alternative AStG).

Fazit

Die additive Fertigung verändert nicht nur das Geschäftsmodell und die Wertschöpfungsketten. Sie reduziert auch die Anzahl der beteiligten Akteure. Aktuell lassen sich konkrete Formen und Auswirkungen des 3D-Druckens in vielerlei Hinsicht nur sehr vage abschätzen.

International operierende Konzerne sollten sich frühzeitig mit möglichen Chancen der additiven Produktionstechnologie befassen. Dies betrifft dabei nicht nur das eigene Geschäftsmodell, sondern auch zugrundeliegende Liefer- und Wertschöpfungsketten.

Für die Steuerabteilungen ergeben sich aus der Thematik in jedem Fall hochspannende Verrechnungspreisaspekte.

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