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Besteuerungsprozesse im Wandel: Globale Trends

Fachbeitrag: Wohin gehen die Besteuerungsprozesse?

Neue Technologien revolutionieren die Besteuerungsprozesse - und umgekehrt! Um mit der Digitalisierung schritthalten zu können, muss sich die Branche mittelfristig auf große Umbrüche einstellen. Dieser Fachbeitrag beleuchtet die wichtigsten Systeme zur Steuererhebung und wagt neben internationalen Vergleichen auch einen Ausblick in die Zukunft.

Neue Technik – alte Prozesse

Die elektronische Übermittlung von Steuererklärungen war in den Augen vieler Deutscher eine Revolution: Weniger Papierkram, schnellere Übermittlung und weniger Fehlerquellen. Mit Effizienzgewinnen für Unternehmen ging dieser Prozess aber nicht zwingend einher. Der Veranlagungsprozess bleibt im Kern unverändert. Einzig die Anzahl der eingesetzten Medien kann auf diesem Wege reduziert werden.

Auch Betriebsprüfungen werden immer häufiger elektronisch durchgeführt. Aber auch dadurch ändert sich an der Systematik des Veranlagungssystems nichts.


Führt Automation zum Wegfall der Steueranmeldung?

Der globale Trend geht aus Sicht der Finanzverwaltung zur Automation von Prozessschritten und zu einer Reduktion der Bürokratiekosten. Ein Beispiel ist die Einführung der E-Bilanz in Deutschland. Einige europäische Länder haben die Übermittlung von elektronischen USt-Registern für bestimmte Steuerpflichtige eingeführt. Zur Einhaltung gesetzlicher Vorgaben geschieht dies unter Anwendung des SAF-T Standards. In solchen Fällen besteht im Grunde keine Notwendigkeit mehr für die Abgabe einer Steueranmeldung. Dies könnte wiederum langfristig zu einer Abschaffung der USt-Anmeldung führen.

Länder mit Selbstveranlagungssystemen könnten sich aufgrund der beschriebenen Trends direkt Richtung postmoderner Systeme entwickeln. Bei der postmodernen, digitalen Veranlagung findet eine direkte Verzahnung des EPR-/FiBu-Systems des Steuerpflichtigen mit der Finanzverwaltung statt. Transaktionen können so seitens der Finanzverwaltung in Echtzeit nachvollzogen werden. Die Notwendigkeit von Steueranmeldungen bzw. –erklärungen würde so wegfallen.

Internationaler Vergleich
 
Veranlagung (VA)
Selbst-VA (Salden)
Selbst-VA (Details)
Digitale VA
Prozess-schritte


(Informations-)
Steuererklärung
Veranlagung
Steuerzahlung

Steuererklärung
(Salden) mit Selbstzahlung
Desk Review
Betriebsprüfung


Steuererklärung (Transaktion)
mit Selbstzahlung
RMS (automatisch)
Betriebsprüfung

ERP-/FiBu-Zugriff (Transaktionen)
für Fiskus-Veranlagung
Zahlung oder Verteidigung

Werttreiber

Erfahrungen
Mitarbeiter

Technologie
Risikomanagement

Datenbanken
Nutzerdaten

Prognostik
Nutzerverhalten

Komponenten

Belegprüfung
Fallauswahl
Fallgruppen
Kennzahlen (z.B. Einkommen)

Verkennzifferung
E-Bilanz
Datenbanken
Risikomanagement
Risikoklassen

Verkennzifferung
E-Bilanz
Datenbanken
Risikomanagement
Analytik

Standardkontenplan (SPED)
Datenbanken
Transaktionale Steuerung

Länder

Deutschland, Österreich
(v.a. für Ertragsteuern)

Deutschland (nur USt und E-Bilanz)
USA, UK, NL, AUS (für alle Steuern)

Portugal für USt
Osteuropa (z.B. PL, CZ, SL)
für USt

Brasilien (E-Bilanz/ESt, USt)
Mexiko (E-Bilanz/ESt, USt)

Abbildung: Globale Trends in der steuerlichen Eingriffsverwaltung: Ausgehend von einer Unterscheidung der Veranlagung ergeben sich unterschiedliche Ausprägungen hinsichtlich der steuerlichen Eingriffsverwaltung.
Vorbild Brasilien

Erste Ansätze für die Anwendung einer „real time“ Prüfung sind in Brasilien zu finden. Die brasilianische Finanzverwaltung ist ein Vorreiter im Bereich der digitalisierten Prüfung. Deren digitales Buchhaltungssystem „SPED“ besteht aus verschiedenen Berichtszweigen. Darunter befinden sich auch ein digitales, steuerliches Rechnungswesen (ECD) inklusive Hauptbuch, tax accounting Daten und Jahressteuererklärung.

Hervorzuheben ist der elektronische Rechnungserstellungs- bzw. -prüfungsprozess namens Nota Fiscal Eletrônica (NF-e), welchem aufgrund der „real time“ Prüfung eine besondere Bedeutung zukommt.

Der NF-e Prozess beginnt auf Ebene des Verkäufers im Zeitpunkt des Versands der Ware an den Käufer. Sobald eine Rechnung generiert wird oder eine Warenbewegung die NF-e-Rechnungsstellung auslöst, wird die NF-e im XML-Format zusammen mit einem Zertifikat an die brasilianische Finanzverwaltung „Secretaria da Fazenda Estadual“ (SEFAZ) übermittelt. Sobald das SEFAZ die Datenanfrage bestätigt oder ablehnt, erfolgt eine elektronische Statusaktualisierung, die z.B. auch in ERP-Systeme wie SAP eingespielt werden kann. Im Fall einer Ablehnung der NF-e können die Daten überprüft und erneut zum SEFAZ zur Bestätigung übersandt werden. Die NF-e wird auch an den Käufer übermittelt, damit dieser die NF-e noch vor Wareneingang prüfen kann.

Sofern die NF-e von dem SEFAZ rückbestätigt wurde, wird ein Bestätigungsformular (DANFE) generiert, ausgedruckt und der Fracht beigefügt. Dieses Dokument muss bei Kontrollen während des Liefervorgangs z.B. von einer Spedition vorgewiesen werden können. Nach Ankunft der Fracht bei dem Käufer muss dieser den Empfang bei dem SEFAZ melden. Für den Fall, dass eine bereits NF-e bestätigte Rechnung storniert wird, muss innerhalb von 24 Stunden eine Stornierungsmeldung an das SEFAZ übermittelt werden. Diese Stornierungsmeldung wird wiederum vom SEFAZ bestätigt oder abgelehnt.

Laden Sie sich den Prozess als Grafik herunter.
Ausblick

Technologischer Fortschritt, politischer Druck, mehr staatliche Kontrolle der Besteuerungsprozesse, Ausbau der Meldepflichten: All das macht ein höheres Maß an Automation und Effizienz notwendig. Aus diesem Grund müssen sowohl Besteuerungsprozesse als auch die entsprechenden Technologien in diesem Bereich laufend verbessert werden. Neue Richtlinien, Besteuerungsprozesse und Technologie und gehen dabei eine Art Symbiose ein:

  1. Neue Richtlinien machen neue Besteuerungsprozesse notwendig
  2. Die Technologie passt sich den Prozessen an
  3. Die Prozesse können durch die Technologie optimiert und rationalisiert werden

Die Digitalisierung wird im Bereich Tax weltweit weiter Einzug halten. Auf globaler Ebene konnten sich die Finanzverwaltungen bereits teilweise auf einheitliche Datenstandards einigen. Weitere Fortschritte sind schon bald zu erwarten. Diese Entwicklungen werden die Unternehmen vor zusätzliche Herausforderungen stellen. Wesentliche Folgen werden ein verstärktes Tax Compliance Management und der Zwang zu einem ein konzernweit einheitlichem Reporting sein.

 

Autoren: Dr. Rainer Eismayr, Andreas Kirsch


Dieser Artikel ist angelehnt an den Beitrag „Globale Entwicklungen bei der Automation von Besteuerungsprozessen“, DER BETRIEB Beilage 04 zu Heft Nr. 47 25.11.2016, S. 40 ff..Die Ausgabe mit dem vollständigen Beitrag können Sie hier erwerben.

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