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Kapitalleistungen, (Teil-)Kapitalisierung und Kapitalwahlrecht als Gestaltungsoption für bAV-Zusagen: Update 2025

Flexibilisierung von bAV-Zusagen zur Risikoreduzierung für Arbeitgeber

Die (Teil)Kapitalisierung von Versorgungsleistungen in Zusagen der betrieblichen Altersversorgung (bAV-Zusagen) steht weiterhin im Fokus der betrieblichen Praxis – insbesondere bei Modifizierungen von bestehenden bAV-Zusagen. Dies u.a. im Zusammenhang mit den jüngeren Urteilen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 17.01.2023 (3 AZR 501/21 und 3 AZR 220/22) und vom 20.06.2023 (3 AZR 231/22).

In diesem Client Alert geben wir ein Update zu den aktuellen betriebsrentenrechtlichen Rahmenbedingungen und Gestaltungsoptionen.

Kapitalleistungen als Leistungsinhalt der bAV-Zusage beinhalten Versorgungs-leistungen, die der Arbeitgeber entweder als Einmalbetrag oder in mehreren – in der Praxis regelmäßig jährlichen – Raten gewährt, und mit deren Gewährung er seine Versorgungsverpflichtungen aus der bAV-Zusage vollständig erfüllt und damit zum Erlöschen bringt. Dieser zeitlich abgeschlossene Charakter grenzt sie vom alternativen Leistungsinhalt der monatlichen Rentenleistungen ab, die der Arbeitgeber bis zum ‚letzten Atemzug‘ des versorgungsbegünstigten Mitarbeiters – sowie im Fall von zugesagten Hinterbliebenenleistungen auch den begünstigten Hinterbliebenen – zu gewähren hat und damit das Langlebigkeits-risiko für den begünstigten Personenkreis übernimmt. Kapitalleistungen erhöhen die Planungssicherheit für Arbeitgeber erheblich. Aus Sicht der Versorgungsbegünstigten sind sie gegenüber monatlichen Rentenleistungen oft kommerziell nicht so attraktiv: Aufgrund der bestehenden Steuerpflicht nach § 1 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) sind Leistungen aus bAV-Zusagen nach Maßgabe des § 19 EStG zu versteuern. Kapitalleistungen sind angesichts des progressiven Einkommenssteuertarifs nach § 32a EStG, auch unter Berücksichtigung der sog. Fünftelregelung des § 34 EStG im Einzelfall, oft mit einer höheren Steuerlast versehen als die monatlichen Rentenleistungen.

1. Kapitalleistungen vs. Rentenleistungen im Vorteilhaftigkeitsvergleich

Der Gesetzgeber hat keine Vorgabe zur ausschließlichen Gewährung von Renten- oder Kapitalleistungen gemacht, so dass der Arbeitgeber bei der Konzeption oder Modifikation von bAV-Zusagen gefordert ist, einen Vorteilhaftigkeitsvergleich vorzunehmen. Das BAG hat in seiner Rechtsprechung bereits mehrere Rechtssätze zur wirksamen Ausgestaltung eines etwaigen Kapitalwahlrechts in Neuzusagen sowie zur wirksamen Modifizierung von bestehenden bAV-Zusagen mit Rentenleistungen zur optionalen bzw. alternativlosen Änderung des Leistungsinhalts zur Kapitalleistung aufgestellt, die der Arbeitgeber in seiner Entscheidungsfindung zu berücksichtigen hat.

Für den Arbeitgeber ergeben sich für Kapitalleistungen gegenüber Rentenleistungen folgende betriebsrentenrechtliche und kommerzielle Vorteile:

  • Kapitalleistungen unterliegen nicht der Anpassungs(prüfungs)pflicht aus § 16 BetrAVG. Der Anwendungsbereich des § 16 BetrAVG erfasst nur laufende Versorgungsleistungen (§ 16 Abs. 1 BetrAVG). In der Praxis bereitet im Einzelfall die Abgrenzung dieser von Kapitalleistungen Herausforderungen, in denen die Kapitalleistungen ratierlich ausgezahlt oder verrentet werden. Das BAG hatte bisher, soweit ersichtlich, keine Gelegenheit, hierüber zu entscheiden und allgemein anwendbare Rechtssätze aufzustellen. Zutreffenderweise ist die Abgrenzung nach dem konkreten Versorgungszweck der Versorgungsleistung vorzunehmen und auch eine ratierlich gewährte Kapitalleistung nicht als laufende Versorgungsleistung im Sinne des § 16 Abs. 1 BetrAVG zu qualifizieren, wenn der Versorgungszweck über die Deckung des (monatlichen) Unterhalts hinaus auch der Kapitalbildung beim Versorgungsbegünstigten dienen soll. Dies kann – unverändert – nach einer typisierenden Betrachtungsweise angenommen werden jedenfalls für Kapitalleistungen, die in bis zu 10 jährlichen Raten gewährt werden.

  • Der Arbeitgeber übernimmt nicht das Langlebigkeitsrisiko für den einzelnen Versorgungsbegünstigten, der bei der Gewährung von Hinterbliebenenleistungen in der bAV-Zusage neben der Langlebigkeit des Mitarbeiters auch die Langlebigkeit der Hinterbliebenen umfasst. Hat der Arbeitgeber die Kapitalleistung gegenüber dem Mitarbeiter vor dessen Tod vollständig gewährt und damit sämtliche Versorgungsverpflichtungen aus der konkreten bAV-Zusage erfüllt, haben Hinterbliebene keine Ansprüche (mehr) aus der bAV-Zusage.

  • Die Nicht-Anwendung des § 16 BetrAVG und Nicht-Übernahme des Langlebigkeitsrisikos bringt zudem für den Arbeitgeber im Einzelfall oft eine günstigere Bilanzierung der Versorgungsverpflichtungen gegenüber der Gewährung von monatlichen Rentenleistungen mit sich, in dem die Nichtberücksichtigung der mit einer unverändert steigenden Langlebigkeitswahrscheinlichkeit behafteten Sterbetafeln und der für § 16 BetrAVG maßgeblichen Rentenanpassungsfaktoren bei der Ermittlung der Pensionsrückstellungen den (Rechnungs-)Zinseffekt aus der früheren Fälligkeit der Kapitalleistungen gegenüber den monatlichen Rentenleistungen oft überkompensieren.

  • Bei Durchführung der bAV-Zusage in einem externen Durchführungsweg (v.a. in den Durchführungswegen der Direktversicherung, der Pensionskasse und des Pensionsfonds) bietet die Kapitalleistung im Einzelfall oft einen kommerziellen Vorteil und führt entsprechend auch in der Kalkulation der – monatlichen/jährlichen – Beträge zu geringeren Finanzierungskosten in der Anwartschaftsphase, wenn die Kapitalleistung als alleinige Leistungsform zugesagt ist. Dies auch unter Berücksichtigung der in § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG bestimmten Anpassungserleichterungen in den Durchführungswegen der Direktversicherung und der Pensionskasse (= Erfüllung der Anpassungspflicht durch ausschließliche Verwendung der relevanten Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen).

Spiegelbildlich sind für die Versorgungsbegünstigten mit dem jeweiligen reziproken Argument Rentenleistungen generell zumeist vorteilhafter. Dies vor allem aufgrund der geringeren Steuerlast, die sich bei Rentenzahlungen meist milder auswirkt. Zudem unterliegen Rentenleistungen aus Sicht des Versorgungsbegünstigten einem stärkeren Pfändungsschutz nach Maßgabe des § 850c ZPO (= Berücksichtigung der Pfändungsfreigrenzen von Amts wegen) gegenüber dem (nur) aus § 850i ZPO folgenden Pfändungsschutz für Kapitalleistungen (= gesonderter gerichtlicher Pfändungsschutz nur auf Antrag des Versorgungsbegünstigten).

Ausnahmsweise sind Kapitalleistungen für den einzelnen Versorgungsbegünstigten günstiger, wenn der Versorgungsbegünstigte eine signifikant geringere Lebenserwartung aufweist als die vom Arbeitgeber zur Bestimmung des Leistungsinhalts ursprünglich angewendete Kalkulation. In diesem Fall beinhaltet die Kapitalleistung einen materiell höheren Vermögenszuwachs als die kumulierte Summe der bis zu seinem Tod vom Arbeitgeber gewährten Rentenleistungen.

2. Status Quo der Konzeptionierung von neuen bAV-Zusagen I: Kapitalleistungen als praxisübliche Versorgungsleistung – uneingeschränkt möglich bei ausschließlicher Gewährung oder bei Einräumung eines arbeitnehmerseitigen Wahlrechts

Rechtlich uneingeschränkt zulässig ist die Vereinbarung von Kapitalleistungen als alleinige Leistungsform in einer neu konzipierten bAV-Zusage und wird von Arbeitgebern aufgrund der betriebsrentenrechtlichen und steuerlichen Ausgangslage oft auch in dieser Weise bestimmt.

Ebenfalls uneingeschränkt zulässig ist die Einräumung eines Wahlrechts für den Versorgungsbegünstigten, die konkrete Versorgungsleistung als Kapitalleistung oder als Rentenleistung zu erhalten. In der Praxis wird dieses Wahlrecht regelmäßig mit einer zeitlichen Ausübungsfrist (in der Regel zwischen drei und sechs Monate vor dem Eintritt des Versorgungsfalls) versehen, damit der Arbeitgeber die erforderlichen administrativen Vorkehrungen für die reibungslose Erfüllung der Versorgungsleistungen treffen kann.

Der zeitliche Vorlauf zur Ausübung des Wahlrechts ist von besonderer rechtlicher Relevanz, da die Ausübung des Kapitalwahlrechts nach der Rechtsprechung des BAG den Anforderungen des § 3 BetrAVG unterliegt und eine Wahl der Kapitalleistung (erst) zum Zeitpunkt der Beendigung oder sogar nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 3 BetrAVG unwirksam wäre.

Entsprechende ‚ältere‘ (insb. bei KMUs bestehende) bAV-Zusagen enthalten in der Praxis aktuell (noch) überwiegend Rentenleistungen als Regelleistungen, die der Versorgungsbegünstigte mit der Ausübung des Wahlrechts ganz oder teilweise durch eine Kapitalleistung ersetzen kann. Für den Fall der nur teilweisen Kapitalisierung hat das BAG bereits entschieden, dass der verbleibende Teil der als Renten gewährten Versorgungsleistungen der Anpassungs(prüfungs)pflicht nach § 16 BetrAVG unterliegt (s. nur BAG Urt. v. 20.06.2023, 3 AZR 231/22).

Alternativ können bAV-Zusagen auch die Kapitalleistung als Regelleistung vorsehen, die der Versorgungsbegünstigte mit der Ausübung des Wahlrechts ganz oder teilweise durch eine Rentenleistung ersetzen kann. Bisher von der Rechtsprechung nicht entschieden ist für diese Fallgruppe die Frage, ob die nach entsprechender Ausübung des Wahlrechts als Rente gewährte Versorgungsleistung der Anpassungs(prüfungs)pflicht nach § 16 BetrAVG unterliegt. In der Praxis wird teilweise eine Anwendung des § 16 BetrAVG mit der Erwägung verneint, dass das eingeräumte Wahlrecht des Versorgungsbegünstigten nichts an der vom Arbeitgeber gewählten Ausgangssystematik der Ausgestaltung als Kapitalleistung ändern dürfe. Risikokonservative Arbeitgeber können die hierzu bestehende Rechtsunsicherheit eliminieren, indem sie das Wahlrecht nicht auf eine zur Kapitalleistung alternative Rentenleistung beziehen, sondern dem Versorgungsbegünstigten in der bAV-Zusage (allein) die Optionen der einmaligen oder ratierlichen Kapitalleistung offerieren.

3. Status Quo der Konzeptionierung von neuen bAV-Zusagen II: Arbeitgeberseitiges Wahlrecht nur bei mindestens gleich hohem versicherungsmathematischen Barwert der Versorgungsleistungen

Behält sich der Arbeitgeber in der neu gestalteten bAV-Zusage mit der Rente als Regel-Versorgungsleistung ein einseitiges Wahlrecht zur alternativen Gewährung der Versorgungsleistungen als Kapitalleistung vor, ist für die wirksame Ausübung des Wahlrechts nach der Rechtsgrundlage der bAV-Zusage zu unterscheiden:

Das BAG hat bereits für die Rechtsgrundlage der bAV-Zusage als Einzelzusage bzw. Gesamtzusage entschieden, dass ein solches Wahlrecht den Anforderungen der §§ 308 Nr. 4 und 315 BGB genügen muss und daher die Ausübung des Wahlrechts als Kapitalleistung dem Versorgungsbegünstigten – unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers – zumutbar sein muss (BAG Urt. v. 17.01.2023, 3 AZR 220/22, 3 AZR 501/21). Das BAG hat diese allgemeinen Anforderungen an die Zumutbarkeit in seinen Urteilen vom 17.01.2023 weiter konkretisiert, demnach (1) die im Versorgungsfall gewährte Kapitalleistung mindestens dem versicherungsmathematisch ermittelten Barwert der laufenden Renten zu entsprechen hat, und (2) die Ausübung des vorbehaltenen Kapitaloptionsrechts im Rahmen billigen Ermessens zu erfolgen hat, wofür eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an der Ausübung des Wahlrechts als Kapitalleistung und dem Interesse des Versorgungsbegünstigten am Erhalt der Versorgungsleistung als Rentenleistung (insbesondere im Hinblick auf die unter Ziffer 1. ausgeführten Vorteile gegenüber der Kapitalleistung) vorzunehmen ist. Das BAG hat dabei als allgemeine berücksichtigungsfähige Interessen des Arbeitgebers anerkannt: Unwägbarkeiten in der Leistungsphase, Änderungen der wirtschaftlichen und/oder rechtlichen Rahmenbedingungen, Kalkulierbarkeit der Leistung, Reduzierung des Verwaltungsaufwandes, Ermöglichung eines Unternehmensverkaufs und/oder Gewährung als Kapitalleistung zur allgemeinen Leistungsverbesserung. Das BAG fordert für die konkrete Interessenabwägung eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller Umstände. Die Beurteilung der gleichwertigen versicherungsmathematischen Höhe des Barwertes der Kapitalleistung gegenüber den kumulierten Rentenleistungen soll der Arbeitgeber nach der Auffassung des BAG zum Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls durchführen. Diese Anforderung birgt für Arbeitgeber in der Praxis oft erhebliche Unsicherheiten; vor allem bei Ausübung des Kapitalwahlrechts mit einem entsprechenden zeitlichen Vorlauf vor dem Versorgungsfall.

Das BAG hatte bisher keine Möglichkeit zu einer Entscheidung, ob die vorgenannten Rechtsgrundsätze auch für ein in einer kollektiven Rechtsgrundlage (Betriebsvereinbarung/Dienstvereinbarung/Tarifvertrag) eingeräumtes Wahlrecht des Arbeitgebers gelten sollen. Es sprechen aus rechtlicher Sicht materielle Gründe dafür, die für die Inhalts- und Billigkeitskontrolle von Betriebsvereinbarungen bzw. von Dienstvereinbarungen maßgeblichen gesetzlichen Rechtsgrundlagen des § 75 BetrVG bzw. des jeweiligen Personalvertretungsgesetzes mit inhaltlich vergleichbaren Anforderungen zu konkretisieren.

Das BAG hat zudem in seinen Urteilen vom 17.01.2023 erkannt, dass die vorgenannten Rechtssätze nicht gelten sollen, wenn die Entscheidung des Arbeitgebers über den Inhalt der Versorgungsleistung als Wahlschuld gemäß § 262 BGB ausgestaltet ist. Eine Wahlschuld besteht, wenn der Arbeitgeber zwischen den vorgesehenen Auszahlungsvarianten frei wählen kann, also in der Rechtsgrundlage kein Rangverhältnis zwischen den Auszahlungsoptionen der Altersvorsorgeleistungen implementiert worden ist, diese etwa mit dem Wort „oder“ verbunden sind. In diesem Fall konkretisiere sich die Leistungsverpflichtung des Arbeitgebers erst mit der Ausübung des Wahlrechts. Es sei für den Versorgungsbegünstigten bereits bei Erteilung der bAV-Zusage erkennbar, dass die Gewährung der Versorgungsleistungen nach freier Entscheidung des Arbeitgebers auf unterschiedlicher Weise erfolgen kann und jede Auszahlungsform für sich genommen als Hauptleistung zu erachten ist. Die Klausel und die Entscheidung des Arbeitgebers sind nach der Auffassung des BAG dann auch der AGB-Kontrolle entzogen.

4. Modifizierung von bestehenden bAV-Zusagen auf der Grundlage einer Betriebs-/Dienstvereinbarung: Allgemeine Verhältnismäßigkeitsprüfung

In der Praxis sehen bAV-Zusage zumeist noch die ausschließliche Gewährung von monatlichen Rentenzahlungen vor. Arbeitgeber haben mit Blick auf die unter Ziffer 1. ausgeführten Vorteilhaftigkeitserwägungen oft ein Interesse, die bestehenden bAV-Zusagen nachträglich um die Möglichkeit der Kapitalleistung zu erweitern. In der Praxis erfolgt eine solche Ergänzung teilweise durch die Aufnahme eines entsprechenden Wahlrechts des Arbeitgebers in die bAV-Zusage oder sogar durch die direkte Modifizierung der Versorgungsleistung von der Renten- zur Kapitalleistung in der Ergänzungsvereinbarung.

Beruht die ursprüngliche bAV-Zusage auf einer Betriebsvereinbarung/ Dienstvereinbarung, kann diese aus formaler Sicht unter Anwendung des kollektivrechtlichen Ablösungsprinzips mit einer kollektiv abgeschlossenen Ergänzungsvereinbarung versehen werden. Von der Modifizierung der bAV-Zusage durch die weitere Betriebs-/Dienstvereinbarung werden dabei generell nur versorgungsbegünstigte Mitarbeiter in einem aktiven Arbeitsverhältnis erfasst, da nur diese vom Betriebsrat/Personalrat zum Zeitpunkt des Abschlusses der Ergänzungsvereinbarung vertreten werden. Bereits ausgeschiedene Versorgungsbegünstigte werden von der Ergänzungsvereinbarung nur dann erfasst, wenn die ursprüngliche Betriebs-/Dienstvereinbarung einen dynamischen Verweis zu ihrer möglichen Ergänzung/Ablösung enthält.

Inhaltlich hat die ablösende Betriebs-/Dienstvereinbarung nach der Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 20.06.2023, 3 AZR 231/22 sowie Urt. v. 15.05.2012, 3 AZR 11/10) im Ergebnis den unter Ziffer 3. angeführten materiellen Kriterien zu genügen und daher (1) die Höhe der Kapitalleistung einen mindestens gleichwertigen versicherungsmathematisch ermittelten Kapitalwert aufzuweisen wie die Rentenleistungen, und (2) der Arbeitgeber für die wirksame Modifizierung zur Kapitalleistung bzw. die Einfügung des Wahlrechts zur Kapitalleistung und seine Ausübung die umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Das BAG hat in seinem Urteil vom 20.06.2023 erkannt, dass sich bei einer nur teilweisen Kapitalisierung der Versorgungsleistungen (etwa, indem nur die ab dem Zeitpunkt des Abschlusses der Ergänzungsvereinbarung erdienbaren weiteren Anwartschaften aus der bAV-Zusage (future services) als Kapitalleistung gewährt werden und die bereits erdienten Anwartschaften (past service) unverändert als Rentenleistung gewährt werden) die unter Ziffer 2. angeführten Nachteile für den Versorgungsbegünstigten relativieren und sein Interesse an der Beibehaltung der ursprünglich ausschließlich zugesagten Rentenleistungen geringer zu gewichten sind.

5. Modifizierung von bAV-Zusagen aufgrund einer individualrechtlichen Rechtsgrundlage: Generell nur einvernehmliche Änderung und Ablösung durch Betriebsvereinbarung/Dienstvereinbarung (nur) bei risikoaffiner Vorgehensweise)

Beruht die ursprüngliche bAV-Zusage auf einer individualrechtlichen Rechtsgrundlage (einzelvertragliche Vereinbarung mit dem Versorgungsbegünstigten/Gesamtzusage/betriebliche Übung/arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz), lässt sich eine wirksame Modifizierung im Ausgangspunkt (nur) durch eine Ergänzungsvereinbarung mit dem Versorgungsbegünstigten herbeiführen.

Lehnt der Versorgungsbegünstigte den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung ab, können risikoaffine(re) Arbeitgeber für Gesamtzusagen/Einzelzusagen mit einseitig vom Arbeitgeber vorgegebenen Inhalt/betriebliche Übung eine Modifizierung durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung/Dienstvereinbarung unter Heranziehung der Rechtssätze der jüngeren Rechtsprechung des – für die bAV zuständigen – Dritten Senats des BAG zur Ablösung von solchen individual-rechtlichen Rechtsgrundlagen mit kollektivem Einschlag durch eine Betriebsvereinbarung (Urt. v. 13.01.2025 (3 AZR 897/12, Gesamtzusage), Urt. v. 21.02.2017 (3 AZR 452/15, Einzelzusage), Urt. v. 23.02.2016 (3 AZR 44/14, betriebliche Übung)) versuchen. Bei der Entscheidung über eine solche Ablösung durch eine Betriebsvereinbarung hat der Arbeitgeber zu beachten, dass der Vierte Senat des BAG eine Ablösbarkeit von individualrechtlichen Rechtsgrundlagen durch eine Betriebsvereinbarung generell ablehnt (BAG Urt. v. 11.04.2018, 4 AZR 119/17). Zudem haben Arbeitgeber auch in dieser Fallgruppe bei der Modifizierung durch eine Betriebs-/Dienstvereinbarung zu beachten, dass diese generell nur versorgungsbegünstigten Mitarbeiter in einem aktiven Arbeitsverhältnis erfassen kann. Inhaltlich hat die die ursprüngliche bAV-Zusage modifizierende Dienstvereinbarung/Betriebsvereinbarung die unter Ziffer 4. ausgeführten Anforderungen zu erfüllen.

6. Folgen für die Praxis: Risikogerechte Ausgestaltung der Kapitaloption in Neu-Zusagen und gebotene sorgfältige Modifizierung von bestehenden bAV-Zusagen

Arbeitgeber sollten zukünftig bei der Ausgestaltung von neuen bAV-Zusagen die Kapitalleistung entweder als alleinige Versorgungsleistung oder als Wahloption vorsehen. Bei bestehenden bAV-Zusagen ohne Kapitalisierungsoption kann im Einzelfall eine Ergänzung oder sogar eine direkte Umstellung auf die Kapitalleistung erfolgen – vorausgesetzt die Versorgungsleistungen werden mit dem gleichwertigen versicherungsmathematischen Barwert kalkuliert und der Arbeitgeber bringt in der Interessenabwägung möglichst viele der vom BAG bereits anerkannten Interessenpositionen ein. Sofern kollektivrechtliche Rechtsgrundlagen betroffen sind, ist es erforderlich, den Betriebsrat bzw. Personalrat von dem Erfordernis der Modifizierung zu überzeugen. Darüber hinaus haben Arbeitgeber die allgemeinen „drei Kernprinzipien der Modifizierung von bAV-Zusagen“ anzuwenden: (1) Sorgfältige und vollständige Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen für die Modifizierung (Papierspur „auch für die Nachwelt“), (2) bedarfsgerechte Kommunikation gegenüber den Versorgungsbegünstigten (Alternativlose Notwendigkeit der Modifizierung), (3) konsequente Durchführung der modifizierten bAV-Zusage (widerspruchsfreie Vorgehensweise).


 

Stand: April 2025

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