Infrastrukturquote

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Neue 5%-Infrastrukturquote

Geänderte Anlageverordnung erleichtert Infrastrukturinvestitionen

Auf einen Blick:

  • Einführung einer neuen Infrastruktur- Mischungsquote in Höhe von 5 %.
  • Erleichterung von direkten und indirekten Anlagen in „Infrastrukturanlagen und Infrastrukturunternehmen“.
  • Erhöhung der Risikokapitalanlagenquote von 35% auf 40% des Sicherungsvermögens.
  • Erweiterung der sog. Öffnungsklausel

 

Positive Neuigkeiten für regulierte Investoren: Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 06. Februar 2025 durch die Achte Verordnung zur Änderung von Verordnungen nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (8. VAGVÄndV)1  wichtige Neuerungen in der Anlageverordnung (AnlV) umgesetzt. Kernstück der Novelle ist eine neue Infrastrukturquote, die es regulierten Investoren erlaubt, bis zu 5% ihres Sicherungsvermögens gesondert in Infrastrukturprojekte zu investieren.

Damit wird einer der gesetzgeberischen Vorschläge umgesetzt, der Anreize schaffen soll, mehr Gelder der privaten Wirtschaft und der Kapitalsammelstellen in Infrastrukturprojekte zu lenken. Die Änderungen vergrößern den Spielraum für direkte und indirekte Anlagen in „Infrastrukturanlagen und Infrastrukturunternehmen“ von kleinen Versicherungsunternehmen, Pensionskassen und Versorgungswerken, die bei der Verwaltung ihres Sicherungsvermögens die AnlV einhalten müssen.

Diese Änderungen der AnlV waren bereits neben Gesetzesänderungen im Entwurf über das Zweite Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz)2  vorgesehen. Das Gesetzgebungsverfahren für das Zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz geriet, wie andere Vorhaben auch, durch das Ende der Ampelkoalition ins Stocken. Nun verkündete das BMF am 06. Februar 2025 die 8. VAGVÄndV und nahm durch diese Verordnung die Umsetzung der im Markt bereits länger erwarteten Erleichterungen in der AnlV vor. Das BMF übernimmt die Änderungen wortgleich aus dem Entwurf des Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz und verweist ebenfalls für die Begründung auf die entsprechenden Passagen im Regierungsentwurf.

Kurz zum rechtlichen Hintergrund:

Die AnlV regelt die Anlage des Sicherungsvermögens von Pensionskassen, kleinen Versicherungsunternehmen und Sterbekassen sowie, aufgrund landesrechtlicher Regelungen, bestimmten Versorgungswerken (im Folgenden als „AnlV-Investoren“ bezeichnet). Die AnlV-Investoren müssen u.a. Ausschlüsse, Anlagegrenzen sowie Mischungs- und Streuungsquoten gemäß der AnlV einhalten. Da AnlV-Investoren eine bedeutende Kundengruppe für die deutsche und internationale Asset-Management-Industrie darstellen, ist die AnlV nicht nur für die Investoren selbst ein zentrales Regelwerk, sondern muss auch von den Produktanbietern beachtet werden, um ihren Kunden konforme Produkte, wie etwa Investmentfonds, nach Maßgabe der AnlV anbieten zu können.

Einführung einer Infrastruktur-Mischungsquote

Die neue Infrastrukturquote in Höhe von 5 % des Sicherungsvermögens (§ 3 Abs. 7 AnlV) ist richtungsweisend für die Erleichterung von Infrastrukturinvestitionen. Es handelt sich dabei um eine separate Mischungsquote, gemäß der direkte und indirekte Investitionen in Infrastrukturanlagen und -unternehmen allokiert werden können. Dies führt dazu, dass diese nicht (mehr) auf die bestehenden Mischungsquoten nach § 3 Abs. 1 bis 6 AnlV (wie z.B. die Beteiligungsquote) angerechnet werden müssen, die oft bereits durch andere Investitionen ausgeschöpft sind. Die Infrastrukturquote ist auch nicht Teil der Risikokapitalanlagenquote gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 AnlV. Damit reduziert sich die Konkurrenz von Investitionen in mit anderen Anlagen. Dementsprechend werden die bestehenden, strikten quotalen Beschränkungen des Sicherungsvermögens, denen Infrastrukturinvestitionen bislang unterlagen, abgemildert. Dies soll eine größere Flexibilität innerhalb der asset allocation für Infrastrukturinvestitionen schaffen und zu einer höheren Rechtssicherheit für AnlV-Investoren führen.
Zu beachten ist, dass es sich bei der Infrastrukturquote nicht um eine eigenständige Anlageform handelt, sondern um eine neue Mischungsquote. Nach der Begründung zum 8. VAGVÄndV können sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalinstrumente geeignete Investitionen für diese Quote sein. Voraussetzungen für die Einordnung unter diese Mischungsquote sind, dass

  1. die Anlagen nach § 2 AnlV zulässig sind, also unter eine der dort aufgeführten Anlageformen fallen, und

  2. die Anlagen der Errichtung, dem Ausbau, der Sanierung, der Erhaltung, dem Bereitstellen, dem Halten, dem Betreiben oder dem Bewirtschaften von Infrastruktur dienen.

Aus der Begründung zur Einführung der Infrastrukturquote geht hervor, dass die Anlage des Sicherungsvermögens in Infrastruktur in Summe nicht auf 5 % begrenzt sein soll.3 Anlagen in Infrastruktur können weiterhin entsprechend ihrer Anlageform nach § 2 Abs. 1 AnlV in den anderen Mischungsquoten berücksichtigt werden. Sie müssen nicht – auch nicht vorrangig – unter die Infrastrukturquote gezogen werden.

Infrastruktur: Fehlende Definition?

Hervorzuheben ist, dass auch Investitionen in Infrastrukturunternehmen ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Infrastrukturquote erfasst sind. Diese Erweiterung ist vor allem im Kontext der indirekten Anlage über Infrastrukturfonds, die sowohl in Infrastrukturprojekte als auch in Infrastrukturunternehmen fließen, als eine positive Weiterentwicklung des ursprünglich vorgeschlagenen Anwendungsbereichs zu betrachten.
Eine Definition des Begriffs “Infrastruktur” ist in der geänderten AnlV nicht enthalten. Auch die Begründung zum Regierungsentwurf definiert diesen nicht, ebenso wenig wie das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), in dem dieser Begriff auch verwendet wird. Dies kann dahingehend verstanden werden, dass eine sektorspezifische Begrenzung des Begriffs „Infrastruktur“ von der AnlV nicht vorgesehen ist. Generell bietet § 1 Abs. 19 Nr. 23a KAGB eine Orientierung für die Einordnung des Begriffs “Infrastruktur”. Danach handelt es sich bei Infrastruktur-Projektgesellschaften „um dem Funktionieren des Gemeinwesens dienende“ Einrichtungen, Anlagen, Bauwerke oder jeweils Teile davon zu errichten, zu sanieren, zu betreiben oder zu bewirtschaften.4  Für das allgemeine Verständnis des Begriffs „Infrastruktur“ kann zudem § 2 Abs. 10 des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz) herangezogen werden. Diese Anlehnung wurde bereits von der BaFin zur Auslegung des § 1 Abs. 19 Nr. 23a KAGB vorgeschlagen. Infrastrukturen im Sinne des BSI-Gesetzes sind Einrichtungen, Anlagen oder Teile davon, die den Sektoren Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung, Finanz- und Versicherungswesen sowie Siedlungsabfallentsorgung angehören und von hoher Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens sind, weil durch ihren Ausfall oder ihre Beeinträchtigung erhebliche Versorgungsengpässe oder Gefährdungen für die öffentliche Sicherheit eintreten würden.

Erhöhung der Risikokapitalanlagenquote

Die Risikokapitalanlagenquote gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 AnlV wurde von 35% auf 40% des Sicherungsvermögens angehoben. In diese Quote fallen bspw. Beteiligungen an Private Equity-Fonds und Hedge-Fonds, Rohstoffanlagen sowie Aktien und High Yield-Anlagen. Andere Mischungsquoten, die für Anlagen innerhalb der Risikokapitalanlagenquote zusätzlich beachtet werden müssen, wie beispielsweise die sog. Beteiligungsquote (15 %) bleiben jedoch unverändert. Die Ausweitung der Risikokapitalanlagenquote bewirkt, dass die einzelnen Mischungsquoten, die sich in zu der Risikokapitalanlagenquote summieren, besser ausgeschöpft werden können. Die neue Infrastrukturquote ist, wie oben bereits geschildert, nicht Bestandteil der Risikokapitalanlagenquote. Diese Erhöhung soll für mehr Spielraum in der Kapitalanlage sorgen. In welchem Maß der erweiterte Anlagespielraum genutzt werden kann, wird nach wie vor vom Anlage- und Risikomanagement sowie der Risikotragfähigkeit der jeweiligen AnlV-Investoren bestimmt.

Nutzung der Öffnungsklausel für Überschreitung der Streuungsgrenzen

Bislang konnte aufgrund der in § 2 Abs. 2 AnlV verankerten sog. Öffnungsklausel, das Sicherungsvermögen auch in an sich unzulässigen Anlagen angelegt werden, soweit nicht gegen die absoluten Anlageverbote des § 2 Abs. 4 AnlV verstoßen wurde. Die sog. Öffnungsklausel ist nun dahingehend erweitert, dass auch Anlagen unter die Öffnungsklausel gefasst werden können, die die Streuungsgrenzen nach § 4 Abs. 1 bis 4 AnlV übersteigen. Dies soll mehr Flexibilität im Hinblick auf die Anlagen bei einzelnen Schuldnern und einzelnen Investments schaffen sowie die Möglichkeiten zu Anlagen mit höheren Renditen erweitern. Der letzte Halbsatz von § 3 Abs. 2 Nr. 4 AnlV wurde ersatzlos gestrichen, der die Einhaltung der Streuungsgrenze nach § 4 Abs. 4 AnlV anordnete.

Vereinfachte Übersicht über die Mischungsquoten der AnlV einschließlich der Änderungen

Für eine größere Ansicht, bitte hier klicken.

Ausblick und weiterer Handlungsbedarf

Die Vorteile der Änderungen für AnlV-Investoren einerseits und für die Asset-Management-Industrie als Anbieter von Infrastrukturinvestments andererseits, liegen auf der Hand. Ob die in der 8. VAGVÄndV umgesetzten Änderungen jedoch ausreichen, um das Ziel, mehr Investitionen in Infrastrukturprojekte zu lenken, zu erreichen, wird sich erst in der kommenden Zeit zeigen. Es ist aber sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Der nächste sinnvolle Schritt könnte eine Überarbeitung des mit auf die AnlV Bezug nehmende Kapitalanlagerundschreiben (11/2017 VA) der BaFin sein. Dies wäre nicht nur im Hinblick auf die neuesten Änderungen in der AnlV anzupassen, sondern sollte vor allem im Hinblick auf die Voraussetzungen für Anlagen über Investmentfonds entschlackt und an die bestehenden Gegebenheiten angepasst werden.

 

Dieser Artikel wurde von Matthias Meinert, Lisa Baumann und Maren Collmann verfasst.

 

Stand: Februar 2025

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1Achte Verordnung zur Änderung von Verordnungen nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz, abrufbar unter

2Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze, abrufbar unter

3Begründung des neuen § 3 Abs. 7 AnlV im Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze, abrufbar unter

4BaFin-Konsultation des Entwurfs eines FAQ zu Infrastruktursondervermögen gem. §§ 260a ff KAGB, abrufbar hier

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