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Auf dem Weg zum Mietendeckel – der Gesetzesentwurf zum „MietenWoG Bln“
Mit dem Berliner Mietendeckel sollen – zunächst begrenzt auf fünf Jahre - die Wohnraummieten in Berlin „eingefroren“, Bestandsmieten abgesenkt und Mietobergrenzen festgelegt werden. Der nachstehende Beitrag stellt die Inhalte des Entwurfs des Gesetzes zur Mietbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin („MietenWoG Bln“) und den aktuellen Meinungsstand überblicksmäßig dar.
Inhaltsübersicht
- I. Überblick
- II. Hintergrund
- III. Die Regelungen des Gesetzesentwurfs
- IV. Reaktionen auf den Mietendeckel
- V. Fazit
I. Überblick
Am 26. November 2019 hat der Berliner Senat, nun bereits zum zweiten Mal, auf Vorlage der Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher, den Entwurf eines „Gesetzes zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln)“ beschlossen. Um Gesetzeskraft zu erlangen muss der Gesetzesentwurf nun vom Abgeordnetenhaus, dem er zur Beschlussfassung vorgelegt wurde, verabschiedet werden.
Das MietenWoG Bln soll bereits ab März 2020 in Kraft treten. Als Stichtag für das „Einfrieren“ der Mieten ist allerdings der 18. Juni 2019 vorgesehen. Vom MietenWoG Bln wären ca. 1,6 Millionen Berliner Wohnungen betroffen. Nach dem 1. Januar 2014 fertiggestellte Neubauten und preisgebundenen Wohnraum erfasst der Gesetzesentwurf jedoch nicht.
Der Gesetzesentwurf ist derzeit Gegenstand von intensiven Diskussionen in Wohnungsverbänden, der Wohnungswirtschaft und Mietervereinen. Er ist auf vielseitige Kritik gestoßen. Teilweise wird bereits die Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin für das MietenWoG Bln verneint, überwiegend wird jedoch die materielle Verfassungsmäßigkeit des Entwurfs in Zweifel gezogen.
II. Hintergrund
Wie andere deutsche Großstädte auch, verzeichnete Berlin in den letzten Jahren einen erheblichen Anstieg der Wohnraummieten. Während die Angebotsmiete – also die Miete, die für den Fall eines Neuabschlusses des Mietvertrages gefordert wird - in der Hauptstadt im Jahr 2009 durchschnittlich EUR 5,51 pro Quadratmeter betrug, wurden Wohnungen in Berlin im Jahr 2018 durchschnittlich zu einem Quadratmeterpreis von EUR 9,87 angeboten. Die Berliner Median-Miete liegt laut dem Berliner Mietspiegel 2019 allerdings noch immer bei - vergleichsweise moderaten - EUR 6,72 pro Quadratmeter.
Die wesentlichen Ursachen für den Mietenanstieg dürften im Wachstum der Bevölkerung Berlins und dem damit steigenden Bedarf an Wohnraum sowie den steigenden Baulandpreisen liegen. Zwischen 2011 und 2017 hat sich die Einwohnerzahl Berlins um fast 300.000 Personen erhöht. Das entspricht nahezu dem Doppelten der in Berlin-Kreuzberg lebenden Personen.
Um die Steigungsraten der Wohnraummieten in deutschen Großstädten einzudämmen, verabschiedete der Bundestag am 21. April 2015 das Mietrechtsnovellierungsgesetz und damit die sogenannte „Mietpreisbremse“ (vgl. BGBl. I 2015, 160). Mit der Mietpreisbremse wurden Vorschriften ins Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eingefügt, die die Miethöhe beim Neuabschluss eines Wohnraummietvertrages auf einen Betrag begrenzen, der die ortsübliche Vergleichsmiete um maximal zehn Prozent übersteigen darf.
Anwendbar ist die Mietpreisbremse auf Wohnraummietverträge in Gebieten, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Diese Gebiete können durch die Landesregierungen mittels Rechtsverordnungen für einen Geltungszeitraum von fünf Jahren festgelegt werden. Mit der Mietbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015 (vgl. GVBl. 2015, 101) hat die Berliner Landesregierung von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht. Die Mietpreisbremse wurde in Berlin für den Zeitraum vom 1. Juni 2015 bis zum 31. Mai 2020 für anwendbar erklärt.
Zudem befindet sich der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verlängerung (um weitere fünf Jahre) und Verschärfung der „Mietpreisbremse“ auf dem parlamentarischen Weg, der vom Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die ortsübliche Vergleichsmiete (von vier auf sechs Jahre) flankiert wird.
Am 26. November 2019 beschloss der Berliner Senat nun, noch einen Schritt weiter zu gehen und mit einem sogenannten „Mietendeckel“ bzw. - so die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher - einer „Mietpreisbremse plus“, die Wohnraummieten in Berlin für die Dauer von fünf Jahren „einzufrieren“ und Obergrenzen für Miethöhen festzulegen. Der Gesetzesentwurf soll für alle Wohnraummietverträge gelten mit Ausnahme von Mietverträgen für öffentlich geförderten Wohnraum, Wohnheime, Wohnraum für die Bedarfe sozialer Träger (etwa Gemeinschaftsunterkünfte) sowie Neubauten, die ab dem 1. Januar 2014 erstmalig bezugsfertig wurden.
III. Die Regelungen des Gesetzesentwurfs
1. Mietenstopp
Wie in keinem anderen Bundesland zuvor, sollen in Berlin die Kaltmieten gemäß § 3 des Gesetzesentwurfes für die Dauer von fünf Jahren auf dem Stand des 18. Juni 2019 (Stichtag) „eingefroren“ werden. Vermieter sollen innerhalb dieses Fünf-Jahres-Zeitraums nicht berechtigt sein, die Mieten nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarungen (z.B. Staffel- oder Indexmieten) sowie der Mieterhöhungsvorschriften des BGB zu erhöhen. Für Wohnraum, der zum Stichtag nicht vermietet war, soll die Miete zum Ende der letzten Vermietung vor dem Stichtag maßgebend sein.
Vor Abschluss eines neuen Mietvertrags sollen Vermieter den Mietern unaufgefordert die zum Stichtag bzw. zum Ende der letzten Vermietung vereinbarte Miete mitteilen. Diese Mitteilungspflicht besteht auch bei laufenden Vertragsverhältnissen jederzeit auf Verlangen der Mieter oder des zuständigen Bezirksamts.
Eine Anpassung der Kaltmiete an die Inflationsrate durch eine jährliche Erhöhung um maximal 1,3 Prozent (sogenannter „atmender Mietendeckel“) soll nach dem Gesetzesentwurf erst ab dem 1. Januar 2022 möglich sein. Der genaue Anpassungsbetrag soll von der für das Wohnungswesen zuständigen Senatsverwaltung durch Rechtsverordnung festgelegt werden.
2. Mietobergrenzen
Neben dem „Einfrieren“ der Wohnraumkaltmieten, sieht der Gesetzesentwurf in § 5 Mietobergrenzen vor, die je nach Baujahr und Ausstattung des Wohnraums zwischen EUR 3,92 und EUR 9,80 pro Quadratmeter betragen. Diesen im Gesetzgebungsverfahren höchst umstrittenen Obergrenzen liegt – mindestens ebenso umstritten - der Berliner Mietspiegel aus dem Jahr 2013 zugrunde.
Die jeweiligen Mietobergrenzen dürfen - sowohl im Falle der erstmaligen Vermietung nach dem Stichtag, als auch im Falle der Wiedervermietung nach dem Inkrafttreten des MietenWoG Bln sowie im Falle des Inflationsausgleichs - nicht überschritten werden (vgl. § 3 Abs. 2, 3 und 4 MietenWoG Bln). Sollte im Falle der Wiedervermietung die Stichtagsmiete des 18. Juni 2019 unterhalb der einschlägigen Mietobergrenze liegen, ist die Stichtagsmiete für die Wiedervermietung maßgeblich. Dies ist allein dann nicht der Fall, wenn die Stichtagsmiete unterhalb von EUR 5,02 pro Quadratmeter liegt und die Wohnung eine moderne Ausstattung gemäß § 5 Abs. 3 MietenWoG Bln aufweist. In diesem besonderen Falle darf die Stichtagsmiete bei einer Wiedervermietung um EUR 1,00 pro Quadratmeter angehoben werden, sofern sie infolgedessen den Betrag von EUR 5,02 pro Quadratmeter nicht übersteigt.
§ 5 Abs. 4 MietenWoG Bln verpflichtet einen Vermieter, dem Mieter unaufgefordert, innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten des MietenWoG Bln sowie vor Abschluss eines neuen Mietvertrags, Auskunft über die zur Berechnung der jeweils einschlägigen Mietobergrenze maßgeblichen Umstände zu erteilen.
3. Absenkungsanspruch
Die wohl einschneidendste Regelung des geplanten Gesetzes, der § 4 des Gesetzesentwurfes, sieht darüber hinaus einen Absenkungsanspruch der Mieter im Fall von sogenannten „überhöhten Mieten“ vor. Dieser Anspruch soll neun Monate nach dem Inkrafttreten des MietenWoG Bln geltend gemacht werden können. Eine Miete soll dann „überhöht“ sein, wenn sie die unter Berücksichtigung der Wohnlage einschlägige Mietobergrenze um mehr als 20 Prozent überschreitet und die Überschreitung nicht nach den Ausnahmetatbeständen des Gesetzesentwurfs (Modernisierung und Härtefälle gemäß § 6 und § 7 des MietenWoG Bln) genehmigt ist.
Zur Berücksichtigung der Wohnlage werden bei „einfachen Wohnlagen“ EUR 0,28 pro Quadratmeter und bei „mittleren Wohnlagen“ EUR 0,09 pro Quadratmeter von der jeweils einschlägigen Obergrenze abgezogen. Bei „guten Wohnlagen“ werden EUR 0,74 pro Quadratmeter zu der jeweils einschlägigen Mietobergrenze hinzuaddiert. Die für das Wohnungswesen zuständige Senatsverwaltung wird im Gesetzesentwurf ermächtigt, die Wohnlagezuordnung durch Rechtsverordnung erst noch festzusetzen.
Sofern ein Absenkungsanspruch des Mieters besteht, soll die Kappung der jeweiligen Miete auf Antrag des Mieters durch die für das Wohnungswesen zuständige Senatsverwaltung mit Wirkung ab dem auf den Tag der Antragstellung folgenden Kalendermonat erfolgen.
In einem ersten Referentenentwurf zum MietenWoG Bln hatte die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher, den Absenkungsanspruch zunächst noch an soziale Kriterien geknüpft. Entsprechend der sozialen Lage des Mieters sollte ein Absenkungsanspruch nur dann in Betracht kommen, wenn die Miethöhe mehr als 30 Prozent des anrechenbaren Gesamteinkommens des Mieterhaushaltes beträgt. Dies wurde im finalen Gesetzesentwurf fallengelassen. Der Absenkungsanspruch wurde nunmehr sogar einkommensunabhängig ausgestaltet.
4. Modernisierungen
Gemäß § 6 des Gesetzesentwurfs sollen Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierungen allein dann noch möglich sein, wenn die Modernisierungen die in § 6 Abs. 1 MietenWoG Bln aufgezählten Tatbestände (etwa Klimaschutz und Barrierefreiheit) erfüllen, die Mieterhöhungen infolge der Modernisierungen maximal EUR 1,00 pro Quadratmeter betragen und die jeweils einschlägige Mietobergrenze um nicht mehr als EUR 1,00 pro Quadratmeter überschritten wird. In diesem Falle sollen Modernisierungen genehmigungsfrei und lediglich - gegenüber der Investitionsbank Berlin - anzeigepflichtig sein. Dies soll auch für mehrfache Modernisierungen im Geltungszeitraum des MietenWoG Bln dann der Fall sein, sofern die Mieten durch die Modernisierungsumlagen insgesamt nicht um mehr als EUR 1,00 pro Quadratmeter erhöht werden.
Sofern die Modernisierungen die vorgenannten Voraussetzungen nicht erfüllen, sollen sie nicht auf die Miete umlegbar sein. Gemäß § 6 Abs. 2 MietenWoG Bln soll der Senat für Modernisierungskosten „bis zu maximal einem weiteren Euro pro Quadratmeter Wohnfläche“ Förderprogramme anbieten.
5. Härtefälle
Für Härtefälle regelt § 7 des Gesetzesentwurfes, dass Vermieter auf Antrag eine Genehmigung von der Investitionsbank Berlin für eine „angemessene Erhöhung“ der nach Maßgabe des MietenWoG Bln maximal zulässigen Miete erhalten können. Ein Härtefall soll nach § 7 Abs. 2 MietenWoG Bln insbesondere dann vorliegen, wenn die Beibehaltung der nach dem MietenWoG Bln maximal zulässigen Miete auf Dauer zu Verlusten für den Vermieter oder zur Substanzgefährdung des Mietgegenstands führen würde. Die für das Wohnungswesen zuständige Senatsverwaltung wird in dem Gesetzesentwurf ermächtigt, die für einen Härtefall entscheidenden Kriterien durch Rechtsverordnung näher zu bestimmen.
Wird eine Mieterhöhung aufgrund eines Härtefalls genehmigt, so sollen Mietern gegebenenfalls Mietzuschüsse gemäß § 8 MietenWoG Bln in Verbindung mit § 2 des Wohnraumgesetzes von Berlin zustehen. Diese Zuschüsse sollen Mieter bei der Investitionsbank Berlin beantragen. Die Höhe der Zuschüsse soll maximal die Differenz zwischen der jeweils einschlägigen Mietobergrenze und der aufgrund eines Härtefalls jeweils genehmigten erhöhten Miete betragen.
6. Sanktionen
Verstöße gegen die sich aus dem MietenWoG Bln ergebenden Pflichten sollen Ordnungswidrigkeiten darstellen, die gemäß § 10 Abs. 2 des Gesetzesentwurfes mit einer Geldbuße von bis zu EUR 500.000,00 geahndet werden sollen.
IV. Reaktionen auf den Mietendeckel
Der geplante Berliner Mietendeckel hat eine erhebliche und über die Grenzen Berlins hinausgehende Kontroverse ausgelöst. Selbst die Berliner Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher, räumte ein, dass mit dem Mietendeckel „juristisches Neuland“ betreten werde. In der Diskussion werden nicht nur rechtliche Bedenken gegen das Mietendeckel-Konzept (mehr dazu unter 1.) vorgebracht, sondern auch die Zweckmäßigkeit des Mietendeckels (mehr dazu unter 2.) in Frage gestellt.
1. Rechtliche Bedenken
a) Gesetzgebungskompetenz
Im Hinblick auf die Bewertung der rechtlichen Zulässigkeit des geplanten Mietendeckels stellt sich zunächst die Frage nach der Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin für den Erlass des MietenWoG Bln.
Nach Art. 70 des Grundgesetzes (GG) sind grundsätzlich die Länder für die Gesetzgebung zuständig, es sei denn, das Grundgesetz weist die Gesetzgebungskompetenz für einen bestimmten Bereich dem Bund zu. Im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz (Art. 72 GG) sind die Länder nur dann für die Gesetzgebung in bestimmten in Art. 74 GG aufgezählten Bereichen zuständig, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat. Statt vieler seien hier kurz die nachfolgenden Stellungnahmen vorgestellt:
Nach Ansicht des früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, soll der geplante Mietendeckel dem Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG und damit der konkurrierenden Gesetzgebung unterfallen. Das soziale Mietpreisrecht sei demnach der Materie des bürgerlichen Rechts zuzuordnen. Der Bund habe aber mit der Mietpreisbremse bereits Regelungen über die Miethöhe in Wohnraummietverhältnissen getroffen. Zwar beruft sich der Berliner Landesgesetzgeber auf Art. 28 Abs. 1 der Verfassung von Berlin (VvB) und das darin verankerte Recht auf angemessenen Wohnraum, dieses könne aber Handlungspflichten oder Handlungsermächtigungen für den Landesgesetzgeber nur im Rahmen der grundgesetzlichen Kompetenzordnung begründen.
Dr. Max Putzer, Richter am Verwaltungsgericht Berlin, hält demgegenüber den Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG für unanwendbar. Die Gesetzgebungskompetenz für die Einführung des geplanten Mietendeckels ergebe sich aus dem Kompetenztitel für das Wohnungswesen (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG a.F.); die Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich sei im Jahr 2006 mit der Föderalismusreform I in weiten Teilen auf die Länder übergegangen, sodass der Berliner Landesgesetzgeber das Berliner MietenWoG zulässigerweise erlassen könne.
Der Staats- und Verwaltungsrechtler Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis meint in seinem Gutachten, das er im Auftrag der Senatskanzlei verfasste, das „Einfrieren“ der Mieten sei „als Teil eines wohnungspolitischen Konzepts zur Wiederherstellung eines ausgeglichenen Wohnungsmarktes“ von der Gesetzgebungskompetenz des Landes gedeckt. Anders beurteilt er jedoch die vorgesehenen Mietabsenkungen und die Festlegung von Mietobergrenzen, für die dem Landesgesetzgeber die Gesetzgebungskompetenz auch nach seiner Ansicht fehlen soll.
b) Vereinbarkeit mit den Grundrechten
Auch die Vereinbarkeit des geplanten Mietendeckels mit der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) sowie der von der Verfassung geschützten Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) der Vermieter wird in Frage gestellt. Auch hierzu allein ein Auszug aus dem Stand der Diskussion:
Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Dünchheim legte in einem im Februar 2019 für den Zentralen Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA) abgefassten Gutachten dar, dass eine Mietpreisbegrenzung eine unverhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Grundrechtes auf Eigentum darstelle. Die Beschränkung des Mietzinses verstoße gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, denn die Verminderung der Rendite bei der Vermietung von Wohnraum stelle einen die Substanz des Eigentums berührenden Eingriff dar, der mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG unvereinbar sei. Darüber hinaus würde sie den gewerblichen Vermieter auch in seiner Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG beschneiden. Abschließend stellt das Gutachten dar, dass die Privatautonomie der Vermieter (Art. 2 Abs. 1 GG) durch eine staatliche Regulierung des Mietzinses unzulässig eingeschränkt würde.
Anders werden diese Fragen in einem Gutachten, das von Prof. Dr. Franz. C. Mayer und Prof. Dr. Markus Artz für die SPD-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses erstellt wurde, bewertet: Die Verfasser stellen darin fest, dass eine zeitlich befristete Einschränkung des Mieterhöhungsrechts nach dem BGB sowohl sinnvoll als auch angemessen erscheint, soweit sie der Sicherung des landesverfassungsrechtlichen Rechts auf Wohnen diene. Ihrer Einschätzung nach hätte ein zeitlich begrenzter Mietendeckel, wie im Gesetzesentwurf vorgesehen, auch über dessen Dauer hinaus positive Folgewirkungen auf den Wohnungsmarkt Berlins.
Der Deutsche Anwaltsverein (DAV) mahnt in einer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf zu einer „sorgfältigen Prüfung der Notwendigkeit eines Mietendeckels unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit“. Der Vorsitzende des Ausschusses Miet- und Wohnrecht des DAV, Rechtsanwalt Michael Drasdo, warnt insofern, dass der Senat genau prüfen müsse, ob die Notsituation auf dem Wohnungsmarkt auch tatsächlich bestehe. Dabei könne die Aussage, ob eine Notsituation vorliege, nicht pauschal für die ganze Stadt getroffen werden. Die DAV-Stellungnahme schlägt deswegen eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit bezogen auf einzelne Stadtgebiete vor.
2. Zweckmäßigkeit des Mietendeckels
Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Mietendeckels auf den Berliner Wohnungsmarkt und damit dessen Zweckmäßigkeit werden indes sehr unterschiedlich beurteilt. Kritisiert wird insbesondere, dass keine Differenzierung zwischen den einzelnen Vermietern vorgenommen, Investoren abgeschreckt und damit der Neubau von Wohnungen gehemmt würden.
Diese Beanstandungen kommen nicht nur von umsatzstarken Akteuren der Immobilienwirtschaft, sondern auch von Bau- und Wohnungsgenossenschaften sowie landeseigenen Immobilienunternehmen. Der Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Axel Gedaschko, merkt an, dass eine mögliche Auswirkung des Mietendeckels eine Verunsicherung am Markt sei, die die Kapital- und Beleihungskosten weiter anhebe. Dies ist insoweit als problematisch anzusehen, als dass steigende Finanzierungskosten die Kosten für den Wohnungsneubau ebenfalls mittelbar anheben würden, wodurch dieser unattraktiver würde.
Gerade auch die nicht-gewinnorientiert arbeitenden Bau- und Wohnungsgenossenschaften, deren Nutzungsentgelte unter dem Marktdurchschnitt liegen, sehen sich durch den Mietendeckel beeinträchtigt. Nur durch moderate Mieterhöhungen können sie Überschüsse erzielen, auf die sie für die Instandhaltung und Modernisierung sowie den Neubau von Wohnungen angewiesen sind. Auch bei ihnen könnte der Mietendeckel mittelbar Finanzierungsengpässe, vor allem bei Neubauprojekten, verursachen. Diese Sorge teilen auch landeseigene Vermieter, die befürchten, dass Wohnungsmodernisierungen durch den Mietendeckel für sie schwerer bis kaum bezahlbar werden.
In der öffentlichen Diskussion ist man sich dann jedoch insoweit einig, dass die regional beklagten raschen Mietpreissteigerungen in Berlin insbesondere durch den Neubau von bezahlbarem Wohnraum behoben werden können. Ziel des Senats ist es, mit dem auf fünf Jahre begrenzten Mietendeckel deshalb nach eigenem Bekunden auch, Zeit für den Neubau solcher Wohnungen zu gewinnen. Sollte der Mietendeckel jedoch, wie wohl überwiegend befürchtet, die Kapital- und Beleihungskosten steigen lassen, könnte dadurch auch der Neubau von Wohnungen gehemmt werden.
V. Fazit
Bei dem Berliner Mietendeckel wird es sich um ein bundesweit bislang einzigartiges Konzept handeln, dem die Annahme zugrunde liegt, durch auf die Deckelung und Herabsetzung von Mieten den angespannten Berliner Wohnungsmarkt entlasten zu können. Der Berliner Mietendeckel ist dabei auch im größeren Kontext weiterer wohnungspolitischer Bestrebungen im Land Berlin zu sehen, wie beispielsweise der Vergesellschaftung privater Wohnungsbaugesellschaften unter Anwendung des Art. 15 GG (zur rechtlichen Beurteilung und Einordnung solcher Vorhaben siehe Petersen/Maier, Vergesellschaftung als Rekommunalisierung, ZfIR 2019, S. 737 ff.).
An der Zweckmäßigkeit und Rechtmäßigkeit des Berliner Mietendeckels bestehen erhebliche Bedenken. Zunächst bleibt daher abzuwarten, ob das MietenWoG Bln überhaupt den zahlreichen verfassungsrechtlichen Zweifeln und der bereits angekündigten gerichtlichen Überprüfung standhalten wird.