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Eine neue Zeitrechnung für Bitcoin, Ether & Co.
Die verschärfte Regulierung von Kryptowährungen in Deutschland
Ab dem 1. Januar 2020 sollen Geschäfte mit Kryptowährungen in Deutschland vollständig reguliert werden. Die strengen nationalen Vorschriften erfordern wesentliche strukturelle Änderungen, auf die sich die Anbieter bereits jetzt einstellen müssen.
Am 31. Juli 2019 wurde der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie veröffentlicht. Neben rein geldwäscherechtlichen Vorgaben beinhaltet der Regierungsentwurf eine umfassende Regulierung von Geschäften mit Kryptowährungen. Inhaltlich geht der Gesetzentwurf weit über die europarechtlich erforderlichen Regelungen hinaus und setzt den deutschen Sonderweg für die aufsichtsrechtliche Behandlung von Bitcoin, Ether und anderen Formen virtueller Währungen (virtual currencies) fort.
Regulierung des Geschäfts mit Kryptowährungen
Durch den Gesetzesentwurf wird sowohl der Tatbestand der Finanzinstrumente erweitert als auch eine neue Finanzdienstleistung eingeführt.
Zu den Finanzinstrumenten im Sinne des KWG zählen zukünftig auch Kryptowerte (§ 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 10, Satz 4 KWG-E). Bereits die BaFin hatte in ihrer Verwaltungspraxis Kryptowährungen als Rechnungseinheiten erfasst, was jedoch in Rechtsprechung und Literatur auf Widerstände stieß (vgl. vor allem das Urteil des Kammergerichts Berlin vom 25. September 2018 – (4) 161 Ss 28/18 (35/18)). Diese Diskussion um die aufsichtsrechtliche Erfassung von virtuellen Währungen dürfte durch den vorliegenden Gesetzentwurf ihr Ende finden. Nach dem Entwurf stellen Kryptowerte (zu denen verschiedenste Formen von Token und Coins zählen können) zukünftig Finanzinstrumente dar und jegliche Formen des Handels mit ihnen wird erlaubnispflichtig.
Zusätzlich führt der Gesetzesentwurf mit dem Kryptoverwahrgeschäft eine neue Finanzdienstleistung ein (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG-E). Das Kryptoverwahrgeschäft bildet das Pendant zum klassischen herkömmlichen Depotgeschäft, das sich lediglich auf Wertpapiere bezieht.
Damit werden Geschäfte mit Kryptowerten in Deutschland vollständig reguliert und insbesondere erlaubnispflichtig. Diese Neuregelung wird sowohl in Deutschland ansässige Anbieter als auch Anbieter, die den Handel mit Kryptowährungen oder deren Verwahrung grenzüberschreitend anbieten, treffen. Ein wesentlicher Unterschied zu Geschäften mit herkömmlichen Finanzinstrumenten unter Geltung der MiFID II ist, dass aufgrund der fehlenden europäischen Harmonisierung eine Nutzung des europäischen Passports nur schwer möglich sein dürfte. Auch Anbieter aus dem EWR benötigen daher zukünftig eine deutsche (Sonder-)Erlaubnis, was grundsätzlich den Sitz oder eine Zweigstelle in Deutschland voraussetzt (§ 53 KWG).
Gesellschaftsrechtliche Trennung des Krypotverwahrgeschäfts
Eine wichtige Besonderheit der Neuregelung stellt die Tatsache dar, dass es zukünftig unzulässig sein soll, als Kryptoverwahrgeschäft zu qualifizierende Finanzdienstleistungen zusammen mit anderen erlaubnispflichtigen Geschäften zu erbringen (§ 32 Abs. 1g KWG-E). Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber andere Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen von den Risiken der Geschäfte mit Kryptowerten abschirmen.
Seinem Wortlaut nach erfasst dieses Verbot nur das gleichzeitige Betreiben des Kryptoverwahrgeschäfts und anderer erlaubnispflichtiger Geschäfte nach KWG. Zulässig sollte es daher sein, das Kryptoverwahrgeschäft mit einer Erlaubnis für Zahlungsdienste nach ZAG zu kombinieren und so sowohl die (Krypto-)Asset- als auch die Geldseite derartiger Geschäfte abzubilden. Nicht ohne weiteres möglich ist zukünftig hingegen das Angebot eines integrierten Depots, das gleichzeitig sowohl herkömmliche Wertpapiere als auch Kryptowerte umfasst.
Übergangsregelungen
Nach derzeitigem Stand soll das Gesetz am 1. Januar 2020 in Kraft treten.
Übergangsvorschriften sind für solche Unternehmen vorgesehen, die entsprechende Geschäfte bereits betreiben, aber zukünftig aufgrund der Erweiterung des Finanzinstrumentebegriffs um Kryptowerte und der Einführung der neuen Finanzdienstleistung des Kryptoverwahrgeschäfts eine Erlaubnis benötigen (§ 64y KWG-E). Die erforderlichen Erlaubnisse gelten als vorläufig erteilt, wenn der BaFin zunächst bis zum 1. Februar 2020 die Absicht angezeigt wird, einen entsprechenden Erlaubnisantrag zu stellen und bis zum 30. Juni 2020 ein vollständiger Erlaubnisantrag eingereicht wird. Die Übergangsregeln greifen somit nicht von selbst, sondern erfordern ein Tätigwerden der Anbieter, die (auch) zukünftig Geschäfte mit Kryptowerten erbringen wollen.
Keine separate Übergangsregelung gilt für Anbieter, die das Kryptoverwahrgeschäft derzeit (erlaubnisfrei) neben anderen erlaubnispflichtigen Geschäften nach KWG in einer Einheit betreiben. Diese müssen das Kryptoverwahrgeschäft vor dem 1. Januar 2020 in eine separate Gesellschaft überleiten und betreiben, um in den Genuss der Übergangsregelungen zu kommen.
Ausblick
Mit der umfassenden Erlaubnispflicht von Geschäften mit Kryptowährungen wird ein deutscher Sonderweg fortgesetzt und die – europarechtlich nicht harmonisierte – Regulierungsdichte noch einmal deutlich erhöht. Anbieter, die zukünftig Geschäfte mit Kryptowerten, insbesondere als Kryptoverwahrgeschäft zu qualifizierende Leistungen, erbringen wollen, müssen umgehend handeln. Erforderlich sind strategische Grundsatzentscheidungen, welche Geschäfte zukünftig von welchen Einheiten betrieben werden sollen und ggf. entsprechende gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen. Um in den Genuss der Übergangsregelungen zu kommen, muss die entsprechende Einheit die Geschäfte bereits vor dem 1. Januar 2020 betreiben. Spätestens im Januar 2020 muss eine Anzeige der Absicht, eine Erlaubnis zu beantragen, an die BaFin erfolgen. Hieran schließt sich die Vorbereitung eines (vollständigen) Erlaubnisantrags bis spätestens zum 30. Juni 2020 an. Der durch den Gesetzesentwurf vorgegebene Zeitplan ist umsetzbar, bedarf aber eines zeitnahen und zielgerichteten Vorgehens. Die hohen aufsichtsrechtlichen Anforderungen stellen die bisherigen Anbieter vor hohe Herausforderungen, bieten jedoch auch Chancen, sich durch durchdachte aufsichtsrechtliche Konzepte erfolgsversprechend zu positionieren.
Stand: August 2019