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Aktueller Gesetzesentwurf zur Reform des arbeitsrechtlichen Befristungsrechts

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat einen ersten Entwurf für eine Reform des arbeitsrechtlichen Befristungsrechts veröffentlicht. Wir haben die vorgeschlagenen Änderungen in den Blick genommen, zusammengefasst und bewertet.

Zum Ende der aktuellen Legislaturperiode zieht das Bundesarbeitsministerium das Tempo an: Nach dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz (wir berichteten) soll nun das allgemeine arbeitsrechtliche Befristungsrecht reformiert werden. Was die Regierung konkret plant, geht aus einem derzeitigen Referentenentwurf hervor. Wir verschaffen einen Überblick:


Reduzierung von sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnissen

Nach dem Gesetzesentwurf soll durch den neuen § 14 Abs. 5 TzBfG die Anzahl der zulässigen sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisse einschränkt werden: Arbeitgeber, die in der Regel mehr als 75 Arbeitnehmer beschäftigen, dürfen höchstens 2,5% der Belegschaft sachgrundlos befristet beschäftigen. Stichtag für die Berechnung der 2,5 % Regelung soll der erste Kalendertag des vorangegangenen Quartals sein. Alle sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisse, die nach Erreichen der 2,5%-Grenze eingegangen werden, sind rechtlich nicht wirksam befristet und werden daher unbefristet eingegangen. Bereits bestehende sachgrundlos befristete Arbeitsverträge, die nach dem Inkrafttreten der Änderungsregelung verlängert werden, sollen bei Berechnung der Quote zu berücksichtigen sein, ebenso wie die bei dem Arbeitgeber beschäftigten Leiharbeitnehmer, deren Einsatz auf einem in der Regel vorhandenen Personalbedarf beruht. Für einen solchen in der Regel vorhanden Personalbedarf ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Beschäftigungslage maßgeblich, die im Allgemeinen für den Betrieb kennzeichnend ist. Es kommt nicht auf die zufällige tatsächliche Anzahl der Beschäftigten an, vielmehr bedarf es eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke des Betriebs und einer Einschätzung seiner zukünftigen Entwicklung.


Verkürzung der Höchstdauer von sachgrundlosen Befristungen

Daneben sollen auch die zeitlichen Höchstgrenzen von sachgrundlosen (kalendermäßigen) Befristungen verkürzt werden: Anstelle der bisher zulässigen Befristung mit dreifacher Verlängerungsmöglichkeit über einen Gesamtzeitraum von 2 Jahren soll nur noch eine einmalige Verlängerungsmöglichkeit bestehen und die Befristungshöchstdauer auf 18 Monate beschränkt werden. Eine Ausnahme gilt nur für Befristungen, auf die ein Tarifvertrag Anwendung findet: Tarifvertragsparteien sollen die Möglichkeit erhalten, die maximale Beschäftigungsdauer auf bis zu 54 Monate (= 4,5 Jahre) zu erweitern.


Befristung mit Sachgrund nur noch bis zu 5 Jahren

Zukünftig sollen Befristungen, die auf einem Sachgrund beruhen, nur noch für eine Gesamtdauer von bis zu 5 Jahren zulässig sein. Hierbei sind sämtliche Vorbeschäftigungen bei demselben Arbeitgeber sowie auch Einsätze als Leiharbeitnehmer aufgrund einer Überlassung an denselben Arbeitgeber zu berücksichtigen, sofern nicht mehr als 3 Jahre zwischen den Arbeitseinsätzen liegen. Letzteres würde zu einem Neubeginn des 5-Jahreszeitraum führen.

Ausnahmen von der Geltung des 5-Jahreszeitraums soll es nur für die Sachgründe „Eigenart der Arbeitsleistung“ (z.B. Profifußballer) und „Befristungen aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs“aus sowie für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses bis zum Renteneintritt und für Beamtenverhältnisse geben.

Die Beschränkung auf den 5-Jahreszeitraum bei demselben Arbeitgeber soll auch beim Sonderfall der sachgrundlosen Befristung älterer, zuvor beschäftigungsloser Arbeitnehmer gelten, unabhängig davon ob es sich um vorangegangene sachgrund- oder sachgrundlose befristete Arbeitsverhältnisse handelte.


Hinweispflicht bei sachgrundlosen Befristungen (Zitiergebot)

Sachgrundlose Befristungen sollen künftig einen ausdrücklichen Hinweis über das Fehlen eines Sachgrundes sowie ggf. das Vorliegen eines besonderen Befristungsfalls (bisher § 14 Abs. 2a, 3 TzBfG) enthalten, um Klarheit über den Grund für die Befristung des Arbeitsvertrags zu schaffen und eine Überprüfungsmöglichkeit der 2,5 % Regelung zu ermöglichen. Wird kein entsprechender Hinweis aufgenommen, so soll sich der Arbeitgeber, z.B. in einem Gerichtsprozess, nicht auf eine Befristung des Arbeitsvertrags berufen können mit dem Ergebnis, dass die Befristung so zu behandeln ist, als sei diese unwirksam vereinbart worden.


Neue Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat

Zudem soll der Arbeitgeber nach dem Gesetzesentwurf zukünftig am ersten Kalendertag jedes Quartals den Betriebsrat über die Anzahl der sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisse informieren.


Fazit und Auswirkungen auf die Praxis

Sollte das Änderungsvorhaben realisiert werden, würden die beabsichtigten Änderungen eine nicht unerhebliche Belastung für Arbeitgeber mit mehr als 75 Arbeitnehmern und einen Einschnitt in deren Flexibilität mit sich bringen. In die unternehmerische Möglichkeit, sachgrundlos befristete Arbeitsverträge abzuschließen, würde in erheblichem Umfang eingegriffen werden.

Es wird zu klären bleiben, ob die 2,5 % Regelung sowie die Grenze von 75 Arbeitnehmern im Fall einer zu erwartenden Überprüfung tatsächlich als verfassungsmäßig bewertet werden würden. Dies insbesondere im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz und die dem Arbeitgeber zustehende unternehmerische Berufsfreiheit.

Wünschenswert wäre gewesen, dass sich der Referentenentwurf auch mit einer Konkretisierung des Vorbeschäftigungsverbots gem. § 14 Abs.2 S.2 TzBfG beschäftigt und die diesbezügliche Unsicherheit beseitigt hätte, anstatt neue Quoten einzuführen.

Es bleibt daher abzuwarten, welche Änderungen im Befristungsrecht tatsächlich so vorgenommen werden und ob der Gesetzesentwurf noch vor der Bundestags-Wahl im Herbst das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen wird.

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