Posted: 11 Nov. 2021 6 min. read

ÖSTERREICHISCHE VERRECHNUNGSPREISRICHTLINIEN 2021 – TEIL 2

Im Anschluss an unseren Artikel zum Erscheinen der österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien 2021 (VPR 2021) setzen wir unsere Serie über die VPR 2021 mit den wesentlichen Änderungen der Kapitel zu den Rechtsgrundlagen sowie zur Methodik der Verrechnungspreisermittlung fort.

Erfordernis schriftlicher Verträge. Vor dem Hintergrund der Angehörigenjudikatur des VwGH gingen Finanzverwaltung und Praxis bisher stehts davon aus, dass sämtliche Verträge zwischen verbundenen Parteien schriftlich abzuschließen sind. Dieses Schriftlichkeitserfordernis wird in den VPR 2021 nun dahingehend aufgeweicht, dass klargestellt wird, dass nach nunmehriger Ansicht der Finanzverwaltung für konzerninterne Transaktionen, für welche keine Verträge bestehen, die wesentlichen Vertragsbedingungen auch aus dem tatsächlichen Verhalten der Beteiligten abgeleitet werden können. Dies ist gegeben, wenn fremde Dritte für derartige Transaktionen ebenfalls keine Verträge abschließen würden.

Diese Anpassung sollte jedoch keinesfalls als Freibrief dafür angesehen werden, konzernintern keine schriftlichen Verträge mehr abzuschließen. Vielmehr wird klargestellt, dass es in bestimmten Situationen zulässig sein kann keine schriftlichen Verträge abzuschließen. In einigen Branchen ist es zB üblich für bestimmte Warentransaktionen keine formalen Verträge abzuschließen, sondern Verträge lediglich durch telefonische Bestellungen oder Bestellungen via E-Mail abzuschließen. Wenn dies zwischen fremden Dritten derart gelebt wird, kann es nach Ansicht der Finanzverwaltung auch zulässig sein, konzernintern Verträge in dieser Form abzuschließen. In der Praxis empfiehlt es sich jedoch weiterhin zu Dokumentationszwecken möglichst für alle konzerninternen Transaktionen formale Verträge abzuschließen.

Gruppierung von gleichartigen Geschäftsvorfällen. Erstmals äußern sich die VPR 2021, mit Verweis auf die OECD-VPL, explizit zur Gruppierung von gleichartigen Geschäftsvorfällen. Grundsätzlich sind alle Verrechnungspreismethoden nur geschäftsvorfallbezogen anzuwenden, wobei aber ähnliche Geschäftsvorfälle für Dokumentationszwecke zusammengefasst werden dürfen. Die VPR 2021 führen den Vertrieb von Elektrogeräten als Beispiel für die Gruppierung von gleichartigen Geschäftsvorfällen an. Daher kann es nach Ansicht der Finanzverwaltung angemessen sein, die jeweils verwendete Verrechnungspreismethode für den gesamten Geschäftsvorfall „Vertrieb von Elektrogeräten“ anzuwenden, anstatt die Elektrogeräte für Dokumentationszwecke noch weiter zu unterteilen (zB separate Dokumentation jeder Art von Elektrogerät oder gar jedes Modells). Im Einzelfall wird hier wohl zu beurteilen sein, ob bestimmte Geschäftsvorfälle als vergleichbar angesehen werden können oder nicht.

In den VPR 2021 wurde ebenfalls klargestellt, dass die Anwendung einer einzigen Methode auf die gesamten Nettogewinne einer Konzerngesellschaft aus verschiedenen Geschäftszweigen (zB Vertrieb und Produktion) nicht zulässig ist.

Anpassungen zum Jahresende. Die VPR 2021 beziehen in der aktualisierten Fassung zu Verrechnungspreisanpassungen (zB Year-End-Adjustments oder Compensating Adjustments) zwischen verbundenen Unternehmen Stellung. Grundsätzlich werden diese kritisch gesehen, da fremde Dritte im Normalfall keine Maßnahmen vereinbaren werden, um das Ergebnis einer unabhängigen Vertragspartei zu korrigieren. Die VPR 2021 geben daher einem gewissenhaften unterjährigen Monitoring der Transaktion, wodurch erst gar keine Notwendigkeit für Anpassungen entsteht, den Vorzug.

Unter folgenden Gesichtspunkten können zum Jahresende Anpassungen vorgenommen werden:

  • die preisbestimmenden Faktoren werden vorab vereinbart,
  • die ex-ante-Preisfestsetzung ist mit wesentlichen Unsicherheiten behaftet (etwa hinsichtlich der Umsatzzahlen und Betriebsausgaben oder bei Auslastungsschwankungen in der Produktion) und
  • vom Abgabepflichtigen wurden unterjährig angemessene Anstrengungen unternommen, einen fremdüblichen Verrechnungspreis zu erzielen (unterjähriges Monitoring).

Derartige Anpassungen sind jedoch nur innerhalb einer – mit ex-ante Wissensstand – ermittelten Bandbreite zulässig.

Kontrolle über Risiko („control over risk“). Ebenfalls wurde das von der OECD vorgesehene Konzept hinsichtlich der Analyse und Zuordnung von Risiken von den VPR 2021 übernommen. Im Wesentlichen besagt dieses, dass Risken bei der Analyse von Transaktionen jener Gesellschaft zuzuordnen sind, welche die entsprechenden Kontroll- und Risikominimierungsfunktionen tatsächlich ausübt, welche die positiven und negativen Konsequenzen der Risikoentwicklung betreffen und welche auch über die finanzielle Kapazität verfügt, das entsprechende Risiko zu tragen. In Anlehnung an die OECD-VPL stellen auch die VPR 2021 klar, dass jedoch die laufende Tätigkeit zur Risikominimierung ausgelagert werden kann.

Hintergrund des nun übernommenen Control-over-Risk Konzeptes ist, dass hierdurch die künstliche Verschiebung von Risiken und damit auch die Verschiebung von Gewinnpotential durch konzerninterne Vereinbarungen eingeschränkt werden soll. In erster Linie sind nicht mehr die vertraglichen Vereinbarungen für die Zuordnung von Risiken ausschlaggebend, sondern die personelle und fachliche Kapazität, diese Risikoentscheidungen treffen zu können, sowie die finanzielle Kapazität, das Risiko auch tragen zu können.

Fazit

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei den VPR 2021 in den Bereichen Rechtsgrundlagen und Methodik der Verrechnungspreisermittlung in erster Linie Angleichungen an die OECD-VPL vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel dargestellten Änderungen sind nur jene, welche uns für die betriebliche Praxis am Bedeutsamsten erscheinen und stellen daher keine abschließende Auflistung aller Änderungen dar.


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Stefan Käppl, LL.B. (WU)

Stefan Käppl, LL.B. (WU)

Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Stefan Käppl ist in der Steuerberatung bei Deloitte Wien beschäftigt. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Verrechnungspreisunterstützung.