Nach mehreren Anläufen wurde am 12. Dezember 2022 politische Einigung hinsichtlich der Richtlinie zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union gefunden und damit die Umsetzung von Pillar 2 beschlossen. Nach längeren Verhandlungen konnte nun auch die Zustimmung Ungarns und damit die notwendige Einstimmigkeit erreicht werden.
Ausgangspunkt der nunmehr auf EU-Ebene beschlossenen globalen Mindestbesteuerung sind die im letzten Jahr von der OECD veröffentlichten Musterregeln zum so genannten Zwei-Säulen-Modell, welche nunmehr basierend auf der letzten Entwurfsfassung der Richtlinie des Rates der Europäischen Union vom 25. November 2022 von den Mitgliedsstaaten in 2023 umzusetzen sind. Während durch die erste Säule (Pillar 1) ein neuartiges System zur Zuordnung internationaler Besteuerungsrechte im Lichte neuer (digitaler) Geschäftsmodelle entwickelt wurde, sieht die zweite Säule (Pillar 2) eine Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmen vor. Abweichend von den OECD-Musterregeln für Pillar 2 gilt die Richtlinie auch für große inländische Gruppen.
Das Ziel der Pillar 2 Regelungen besteht darin, für Unternehmen eine Besteuerung der weltweiten Gewinne mit einem effektiven Steuersatz von mindestens 15% sicherzustellen. Dies soll durch eine Ergänzungssteuer (so genannte „Top-Up Tax“) gewährleistet werden, die in Höhe der Differenz zwischen dem globalen Mindeststeuersatz von 15% und dem niedrigeren Effektivsteuersatz eingehoben wird. Technisch umgesetzt wird die globale Mindestbesteuerung, die auf Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2023 beginnen, Anwendung finden soll, durch die Primärergänzungssteuerregelung (PES) und die Sekundärergänzungssteuerregelung (SES) (Income Inclusion Rule oder IIR bzw Undertaxed Profit Rule oder UTPR).
Anwendbar sind die Pillar 2 Regelungen grundsätzlich für Konzerne mit einem jährlichen Konzernumsatz von mindestens EUR 750 Millionen, welcher in mindestens zwei der vier vorangehenden Wirtschaftsjahre erfüllt sein muss. Von der Richtlinie umfasst sind ua auch in Minderheitseigentum stehende Geschäftseinheiten, Joint Ventures und multinationale Unternehmensgruppen mit mehreren Muttergesellschaften. Weiters sind zahlreiche Erleichterungs- und Übergangsvorschriften vorgesehen. Von der EU-Richtlinie ausgenommen sind jedoch bestimmte Rechtsträger wie staatliche oder gemeinnützige Organisationen sowie Investment- oder Pensionsfonds.
Ab Inkrafttreten ist grundsätzlich für jede in eine multinationale bzw. nationale Gruppe, welche die Größenkriterien erfüllt, einbezogene Geschäftseinheit eine standardisierte Top-Up Tax Erklärung abzugeben, auch wenn im Ergebnis für den ganzen Konzern oder die einzelnen Geschäftseinheit keine Top-Up Tax anfällt. Die Steuererklärung ist innerhalb von 15 Monaten nach Ende des Konzerngeschäftsjahres einzureichen, im ersten Jahr des Inkrafttretens gilt eine verlängerte Frist von 18 Monaten.
Für nähere Details zu den neuen Regelungen verweisen wir auf unsere Tax & Legal News vom 20.07.2022.
Neben Erklärungs- und Anzeigepflichten bedeuten die umfangreichen und teils hoch komplexen Regelungen zur globalen Mindestbesteuerung insbesondere auch einen erhöhten Compliance-Aufwand für die betroffenen Unternehmen, um die Datenerhebung und den Informationsaustausch für die Ermittlung der maßgeblichen Gewinne, des effektiven Steuersatzes bzw gegebenenfalls der Top-Up Tax sicherzustellen. Je nach individueller Unternehmensstruktur können sich daraus nicht nur Herausforderungen für Rechnungswesen und Steuern, sondern auch für die IT-Landschaft bei der Einrichtung der erforderlichen Technologien und Prozesse ergeben.
Bei Fragen zu den einzelnen Regelungen im Detail sowie weiterführenden Fragestellungen zur Umsetzung in Ihrem Unternehmen stehen Ihre Ansprechpersonen bei Deloitte selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Karin Andorfer ist Partnerin in der Steuerberatung bei Deloitte in Wien. Sie ist Steuerberaterin und betreut zahlreiche nationale und internationale Klienten in verschiedenen Branchen. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen insbesondere in den Bereichen der nationalen und internationalen Steuerberatung sowie im Bereich Transfer Pricing / Verrechnungspreise.
Katharina Luka ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen insbesondere in den Bereichen Körperschaftsteuer, internationales Steuerrecht und in der Umgründungsberatung. Sie ist zudem als Fachautorin und Fachvortragende tätig.