Mit dem Digitale Plattformen-Meldepflichtgesetz (DPMG) wurde die im März 2021 beschlossene Erweiterung der EU-Amtshilferichtlinie (DAC 7 – siehe Tax News vom 12.4.2022) [GM1] in nationales Recht umgesetzt. Das DPMG trat bereits mit 1.1.2023 in Kraft und regelt die Melde-, Sorgfalts- und in bestimmten Fällen Registrierungspflichten von Plattformbetreiber:innen sowie den automatischen Informationsaustausch anbieterbezogener Daten innerhalb der EU. Für Unternehmen, welche im Bereich von Online-Plattformen tätig sind, ist es daher notwendig zu evaluieren, ob ein Handlungsbedarf besteht. Denn seit 1.1.2023 müssen möglicherweise Daten der auf den Plattformen tätigen Anbieter:innen gesammelt werden!
Ziel des Gesetzes ist es, die Transparenz im Steuerbereich zu erweitern und damit der Steuerverwaltung ein Instrument zur Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung im Binnenmarkt vor dem Hintergrund eines kontinuierlichen Voranschreitens der Digitalisierung der Wirtschaft in die Hand zu geben. Neben den bisherigen nationalen Vorschriften im Bereich der Umsatzsteuer hat die Finanzverwaltung nunmehr auch auf Ebene der Ertragsteuern die Möglichkeit, auf Informationen von Plattformbetreibern zurückzugreifen, um so eine ordnungsgemäße steuerliche Veranlagung der Ertragsteuern gewährleisten zu können.
Vom Anwendungsbereich des DPMG sind grundsätzlich Plattformbetreiber:innen erfasst, sofern über ihre Plattform eine relevante Tätigkeit durch eine:n Anbieter:in angeboten oder ausgeübt wird.
Eine relevante Tätigkeit iSd DPMG ist nur dann gegeben, wenn es sich um eine im Gesetz explizit genannten Tätigkeiten gegen Vergütung handelt. Zu den im Gesetz explizit genannten Tätigkeiten zählen (i) der Verkauf von Waren, (ii) die Erbringung von persönlichen Dienstleistungen, (iii) die Vermietung von Verkehrsmitteln sowie (iv) die Vermietung von unbeweglichem Vermögen. Demgegenüber wird der Begriff Plattform weit ausgelegt – es sind davon jegliche digitalen Schnittstellen umfasst, die es Anbieter:innen ermöglicht, mit potenziellen Nutzer:innen in Verbindung zu treten.
Meldepflichtig sind also stets die Plattformbetreiber, die Anbieter:innen mit Kunden zusammenbringen. Die Plattformbetreiber:innen haben darüber hinaus auch die Verpflichtung, alle jene Anbieter:innen, die von der Meldepflicht erfasst sind, vor jeder Meldung über diese zu informieren und ihnen mitzuteilen, welche Daten/Informationen gemeldet werden. Auf persönlicher Ebene ist der Anwendungsbereich erfüllt, wenn entweder (i) der Sitz, der Ort der Geschäftsleitung oder die Betriebsstätte des Plattformbetreibers innerhalb der EU gelegen ist oder (ii) die Anbieter:innen, welche auf einer solchen Plattform tätig sind, in der EU ansässig sind bzw dort gelegenes unbewegliches Vermögen besitzen.
Von der Meldepflicht befreit sind Plattformbetreiber:innen, die ausschließlich (i) Zahlungen verarbeiten, (ii) die genannten meldepflichtigen Tätigkeiten selbst anbieten, (iii) die lediglich eine Bewerbung durch Nutzer:innen für deren Tätigkeiten zulassen oder (iv) die Nutzer:innen nur auf eine andere Plattform um- bzw weiterleiten. Demnach fallen reine Zahlungsdienstleister ebenso wenig unter die Meldepflicht wie die Online-Shops bzw Online-Buchungsplattformen, über welche Dienstleistungen und Produkte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vertrieben werden. Auch das reine "Online-Stellen" eines Angebots fällt nicht unter die Meldepflicht, wenn nicht auch der Geschäftsabschluss durch den:die Plattformbetreiber:in abgewickelt wird.
Ist ein:e Plattformbetreiber:in grundsätzlich meldepflichtig, können dennoch bestimmte Anbieter:innen auf der Plattform von der Meldepflicht ausgenommen sein. Nicht meldepflichtig sind die Daten staatlicher Rechtsträger, börsennotierter Aktiengesellschaften und jener Rechtsträger, für die der:die Plattformbetreiber:in während des Meldezeitraums mehr als 2.000 Vermietungen einer inserierten Immobilieneinheit durchgeführt hat. So sind etwa die Buchungen eines großen Hotelbetriebs, die über eine:n Plattformbetreiber:in abgewickelt werden, nicht meldepflichtig, wenn über diese:n spezifischen Plattformbetreiber:in mehr als 2.000 Buchungen durchgeführt werden. Auch Daten von besonders kleinen Anbieter:innen sind von der Meldepflicht ausgenommen: sofern weniger als 30 Verkäufe von Waren über die Plattform durchgeführt wurden und die dabei erzielten Vergütungen EUR 2.000 insgesamt nicht übersteigen, besteht keine Meldeverpflichtung. Diese Ausnahmen beziehen sich jedoch nur auf die Datensätze betreffend bestimmte Anbieter:innen, die auf der Plattform tätig werden. Die Plattform selbst ist nur von der Meldepflicht befreit, wenn sie ausschließlich befreite Anbieter:innen auf ihrer Plattform betreut. Allgemeine Umsatzschwellen existieren hingegen weder auf der Ebene der:die Plattformbetreiber:in noch bei den Anbieter:innen, weswegen auch kleinere Unternehmen in den Anwendungsbereich des DPMG fallen können.
Der:die Plattformbetreiber:in ist dazu verpflichtet, zahlreiche personenbezogene Informationen über die Anbieter, welche auf seiner:ihrer Plattform tätig sind, zu sammeln und diese in weiterer Folge an die Finanzverwaltung zu melden, sofern keine Ausnahmen oder Freistellungen bestehen. Die meldepflichtigen Daten sind im Gesetz taxativ aufgezählt und umfassen beispielsweise Name, Hauptanschrift, Steueridentifikationsnummer, Geburtsort und, falls der Anbieter eine juristische Person ist oder im Bereich der Vermietung von unbeweglichem Vermögen tätig ist, noch zusätzliche Informationen, wie Firmenname, Handelsregisternummer, ausgeübte relevante Tätigkeiten und Anschrift der inserierten Immobilieneinheit. Gemeldet werden müssen einerseits personenbezogene Informationen über den Plattformbetreiber selbst, wie dessen Name, Anschrift und Steueridentifikationsnummer und andererseits die im Gesetz taxativ aufgezählten anbieterbezogenen Informationen (vgl oben) sowie die Summe der Vergütungen pro Quartal und die in diesem Zeitraum einbehaltenen Steuern/Provisionen und Vergütungen. Die erstmalige Meldung der Daten an die Finanzverwaltung hat bis zum 31.1.2024 unter Verwendung eines Standardformulars (XML-Schema) zu erfolgen. Für bestimmte Plattformbetreiber:innen (Drittstaatsplattformbetreiber:in) besteht darüber hinaus eine Registrierungspflicht.
Die Verletzung der Registrierungs- und Meldepflicht stellt jeweils ein Finanzvergehen dar. Bei vorsätzlicher Verletzung droht eine Geldstrafe von bis zu EUR 200.00, bei grober Fahrlässigkeit verringert sich dieser Betrag auf bis zu EUR 100.000. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige vom Gesetzgeber explizit ausgeschlossen wurde.
Die Verletzung der Sorgfaltspflichten beim Sammeln und Überprüfen der meldepflichtigen Daten stellt hingegen eine Finanzordnungswidrigkeit dar und wird bei vorsätzlicher Begehung mit einer Geldstrafe von bis zu EUR 20.000, bei grob fahrlässiger Begehung mit einer Geldstrafe von bis zu EUR 10.000 geahndet.
Da die Bestimmungen des DPMG bereits seit 1.1.2023 in Kraft getreten sind und daher auch die im Gesetz auferlegten Verpflichtungen seit diesem Zeitpunkt bestehen (insbesondere die Sorgfaltsverpflichtung zur Erfassung der vom Gesetz auferlegten Daten), ist es dringend geboten, zu evaluieren, ob man vom Anwendungsbereich des DPMG erfasst ist oder nicht. Weiterführend sollten die internen Systeme dahingehen untersucht werden, ob die zu erfassenden Informationen in der vom Gesetzgeber vorgegeben Form zu Verfügung stehen, um der durch den Gesetzgeber auferlegten Meldeverpflichtung gerecht werden zu können, oder ob die internen Systeme gegeben falls adaptiert werden müssen.
Mag. Robert Rzeszut ist Steuerberater und Partner im Bereich Tax Litigation bei Deloitte Österreich in Wien. Er ist Experte für Abgaben-Verfahrensrecht und führt insbesondere komplizierte und umfangreiche Beschwerden und Revisionen an die Verwaltungsgerichte, an Höchstgerichte sowie internationale Verständigungsverfahren. Als zertifizierter Finanzstrafrechtsexperte ist er überdies auf Selbstanzeigen und finanzstrafrechtliche Verteidigung spezialisiert.Als stv. Leiter der Arbeitsgruppe Verfahrensrecht im Fachsenat für Steuer- und Sozialrecht der Kammer der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen (KSW) ist Mag. Rzeszut bestens mit akteullen Entwicklungen in seinen Spezialgebieten betraut. Darüber hinaus ist Mag. Rzeszut Herausgeber des KSW-Leitfadens für Betriebsprüfungen sowie des großen „Stoll“-Kommentars zur Bundesabgabenordnung (BAO). Weiters ist Mag. Rzeszut Autor zahlreicher Fachpublikationen im Steuerrecht und als Fachvortragender tätig. Als solcher leitet er den renommierten Lehrgang zum Verfahrensrecht auf der Akademie der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen.
Anna-Magdalena Gleixner ist Berufsanwärterin in der Steuerberatung bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Abgabenverfahrensrecht, Rechtsmittelverfahren und Finanzstrafrecht.