Posted: 10 Nov. 2023 4 min. read

Richtlinienentwurf zu Verrechnungspreisen

EU-Kommission veröffentlicht Richtlinienentwurf zur Harmonisierung der Verrechnungspreisregeln

Überblick

 

Die Europäische Kommission hat am 12.9.2023 einen Richtlinienentwurf zu Verrechnungspreisen (Verrechnungspreisrichtlinie) veröffentlicht. Der Entwurf sieht eine EU-weite Harmonisierung der Verrechnungspreisregeln vor, wodurch Compliance-Kosten und Streitigkeiten iZm Verrechnungspreisen reduziert werden sollen. Inhaltlich baut die Verrechnungspreisrichtlinie auf den OECD-Verrechnungspreisleitlinien (OECD-VPL) auf. Dies zeigt sich insbesondere im Hinblick auf die Vorschriften zu den anwendbaren Verrechnungspreismethoden, zur Vergleichbarkeitsanalyse und zur Bestimmung der interquartilen Bandbreite. Vereinzelt finden sich jedoch Besonderheiten, welche mitunter auch Auswirkungen auf die Verrechnungspreispraxis in Österreich haben könnten.

 

Ausgewählte Aspekte der Verrechnungspreisrichtlinie

 

Anders als die OECD-VPL sieht der Richtlinienentwurf eine eigene Definition von verbundenen Unternehmen (und damit der erfassten Transaktionen) vor. Als verbundenes Unternehmen soll demnach eine Person gelten, wenn diese mit einer anderen Person auf eine der folgenden Arten verbunden ist:

  1. eine Person ist an der Geschäftsführung einer anderen Person beteiligt, indem sie in der Lage ist, einen erheblichen Einfluss auf die andere Person auszuüben;
  2. eine Person ist an der Kontrolle einer anderen Person durch eine Beteiligung von mehr als 25 % der Stimmrechte beteiligt;
  3. eine Person ist am Kapital einer anderen Person durch ein Eigentumsrecht beteiligt, das direkt oder indirekt 25 % des Kapitals überschreitet;
  4. eine Person hat Anspruch auf 25 % oder mehr des Gewinns einer anderen Person.

In Österreich wird im Hinblick auf die Verbundenheit bereits auf einen Schwellenwert von 25 % abgestellt, weshalb sich hier insbesondere Anpassungsbedarf für jene Mitgliedstaaten ergeben dürfte, die einen anderen Schwellenwert (zB 50 %) verwenden. 

Eine weitere Besonderheit findet sich in Bezug auf Gegenberichtigungen, das sind Verrechnungspreiskorrekturen, welche von einer Steuerbehörde aufgrund einer Änderung der Verrechnungspreise durch eine andere Steuerbehörde vorgenommen werden (sog Corresponding Adjustments). So ist die Möglichkeit einer „Gegenberichtigung auf kurzem Wege“ vorgesehen. Demnach hat die zur Gegenberichtigung aufgeforderte Steuerbehörde innerhalb von 30 Tagen ab Antragstellung zu entscheiden, ob der entsprechende Gegenberichtigungsantrag des:der Steuerpflichtigen zulässig ist (sprich ob alle Informationen, die erforderlich sind, um die in der anderen Rechtsordnung vorgenommene primäre Anpassung zu beurteilen, zur Verfügung gestellt wurden). Des Weiteren hat die zur Gegenberichtigung aufgeforderten Steuerbehörde innerhalb von 180 Tagen mit Begründung zu entscheiden, ob dem Antrag inhaltlich gefolgt wird. Gegenberichtigungen auf kurzem Wege sind zwar bereits in den österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien (öVPR) verankert. Die oa Fristsetzung würde allerdings zu einer deutlichen Beschleunigung der Verwaltungsverfahren zur Vermeidung von Doppelbesteuerung führen.

Compensating Adjustments, also nachträgliche Verrechnungspreiskorrekturen des:der Steuerpflichtigen im Rahmen von Jahresendanpassungen (year-end adjustments), sollen unter den folgenden Bedingungen möglich sein:

  • der:die Steuerpflichtige unternimmt angemessene Anstrengungen zur Erreichung eines fremdvergleichskonformen Ergebnisses,
  • der:die Steuerpflichtige wendet in allen beteiligten EU-Mitgliedsstaaten die gleiche Berichtigungslogik an,
  • im Jahresverlauf wird konsequent der gleiche Korrekturansatz angewendet,
  • die Berichtigung erfolgt vor Abgabe der Steuererklärung und
  • der:die Steuerpflichtige kann die Abweichung vom geplanten Ergebnis erklären.

Auch Jahresendanpassungen sind grundsätzlich bereits in den öVPR vorgesehen, diese sind aber mitunter an andere Voraussetzungen gebunden (zB dass die ex-ante-Preisfestsetzung mit wesentlichen Unsicherheiten behaftet ist; siehe auch hier).

 

Ausblick

 

Nach dem Vorschlag der EU-Kommission soll die Richtlinie bis zum 31.12.2025 in nationales Recht implementiert und ab dem 1.1.2026 angewendet werden. Dazu bedarf es allerdings noch der einstimmigen Zustimmung durch den Rat der Europäischen Union.

Für innerhalb der EU tätige Unternehmen könnte die neue Richtlinie insofern Vereinfachungen bringen, als unterschiedliche Auffassungen einzelner Mitgliedstaaten – zB in Bezug auf die Definition der Verbundenheit oder im Hinblick auf Jahresendpassungen – vereinheitlicht werden. Ebenso hat die unionsrechtliche Verankerung des Fremdvergleichsgrundsatzes das Potential zu einer erhöhten Rechtssicherheit durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs beizutragen. Gleichzeitig besteht mitunter das Risiko, dass dadurch ein vom OECD-Fremdvergleichsgrundsatz abweichender EU-Fremdvergleichsgrundsatz geschaffen werden könnte.

Eine wesentliche Änderung für Österreich würde sich im Hinblick auf Betriebsstätten ergeben. Laut Verrechnungspreisrichtlinie wären Betriebsstätten wie ein mit dem Stammhaus verbundenes Unternehmen zu behandeln. Demnach ist der Fremdvergleichsgrundsatz auch auf die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte uneingeschränkt anzuwenden, was zumindest aufgrund des Anwendungsvorranges von Unionsrecht bei Einheiten in der EU eine Abkehr von der in den österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen verankerten eingeschränkten Selbständigkeitsfiktion (AOA light) bedeuten würde.

 

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Ihr Kontakt

Maximiliane Krämer

Maximiliane Krämer

Consultant I Deloitte Österreich

Maximiliane Krämer ist in der Steuerberatung im Transfer Pricing Team bei Deloitte Wien beschäftigt. Als Teil des Verrechnungspreis Teams unterstützt sie in der Beratung von multinational agierenden Unternehmen. Ihre Tätigkeiten umfassen die Erstellung von Verrechnungspreisdokumentationen und der Beantwortung verrechnungspreisspezifischer Fragestellungen.

Dr. Florian Navisotschnigg, BSc (WU)

Dr. Florian Navisotschnigg, BSc (WU)

Senior Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Florian Navisotschnigg ist in der Steuerberatung im Transfer Pricing Team bei Deloitte Wien beschäftigt. Dabei berät er multinationale Unternehmen bei verrechnungspreisspezifischen Fragestellungen.