Posted: 15 Apr. 2024 8 min. read

Pillar Two: Anforderungen an ein Qualifiziertes CbCR

Erhöhte Anforderungen an die Datenqualität in Bezug auf die temporären CbCR-Safe Harbours

Überblick

 

Durch Umsetzung von Pillar Two kommt auf die betroffenen Unternehmen neben zusätzlichen Erklärungs- & Anzeigepflichten auch ein erheblicher Compliance-Mehraufwand zu. Dem soll durch gewisse Erleichterungen - sog Safe Harbours - entgegengewirkt werden. Die von der OECD erarbeiteten Safe Harbour Regelungen finden auch in Österreich im Mindestbesteuerungsgesetz („MinBestG“) Niederschlag.

Die in der Praxis höchste Relevanz kommt aktuell den (zeitlich befristeten) temporären CbCR-Safe Harbours zu, für deren Anwendbarkeit je Steuerjurisdiktion einer von drei Tests erfüllt werden muss, um die Ergänzungssteuer mit Null ansetzen zu können (siehe auch unsere Tax & Legal News vom 17. Mai 2023). Dies verschafft den betroffenen Unternehmensgruppen idR mehr Zeit, um einen vollumfänglichen Pillar Two Berechnungs- und Reportingprozess aufzusetzen. 

Die temporären CbCR-Safe Harbour Berechnungen basieren überwiegend auf bereits vorhandenen Daten, bspw aus dem Country-by-Country Report („CbCR“) der Unternehmensgruppe, sodass die Berechnung vergleichsweise einfach vorgenommen werden kann. Um trotz näherungsweiser Ermittlung eine gewisse Datenqualität sicherzustellen, werden gewisse Anforderungen an die herangezogenen Daten gestellt.

 

Qualifiziertes CbCR und Qualifizierte Finanzberichterstattung

 

In Bezug auf jene Werte, die für die Berechnung der temporären CbCR-Safe Harbour Tests aus dem CbCR entnommen werden, hat ein sog „qualifiziertes“ CbCR vorzuliegen. Hierbei handelt es sich um einen CbCR der auf Grundlage einer qualifizierten Finanzberichterstattung der einzelnen Geschäftseinheiten erstellt wird.

Bei einer qualifizierten Finanzberichterstattung kann es sich einerseits um jene Finanzkonten handeln, die für die Erstellung des Konzernabschlusses der obersten Muttergesellschaft herangezogen werden (dh Reporting Package inkl Anpassungen auf den Konzernrechnungslegungsstandard). Eine qualifizierte Finanzberichterstattung liegt aber auch vor, wenn die Jahresabschlüsse der einzelnen Geschäftseinheiten verwendet werden. Diese müssen aber entweder nach einem anerkannten oderzugelassenen Rechnungslegungsstandard erstellt werden und verlässlich sein. Ausnahmen hiervon bestehen für Geschäftseinheiten, die mangels Größe oder Wesentlichkeit nicht in den Konzernabschluss der Unternehmensgruppe einbezogen werden, sowie für Betriebsstätten.

Aus dem qualifizierten CbCR werden für die relevanten Tests die Erträge („Revenues“) sowie der Gewinn vor Steuern („Profit before Tax“) entnommen. Jene Felder des CbCR, welche für die Berechnung der temporären CbCR-Safe Harbours nicht verwendet werden, müssen nicht auf einer qualifizierten Finanzberichterstattung beruhen. Für diese dürfen all jene Datenquellen herangezogen werden, die gem lokalen Anforderungen an den CbCR verwendet werden können, ohne hierbei die Anwendbarkeit der temporären CbCR-Safe Harbours zu gefährden.

Im MinBestG ist darüber hinaus eine Verordnungsermächtigung vorgesehen, um die Voraussetzungen einer qualifizierten Finanzberichterstattung bzw eines qualifizierten CbCR später weiter zu definieren. Damit sollte eine Möglichkeit geschaffen werden, bspw von der OECD veröffentlichte weitere Leitlinien zu dieser Thematik einfließen zu lassen. Es ist davon auszugehen, dass ua auch die Leitlinien aus Dezember 2023 derart berücksichtigt werden.

 

Einheitliche Datengrundlage der einzelnen Geschäftseinheit

 

Um die temporären CbCR-Safe Harbour Regelungen in Anspruch nehmen zu können, müssen die für eine einzelne Geschäftseinheit herangezogenen Daten – unabhängig davon, ob sie dem CbCR (bspw Erträge, Ergebnis vor Steuern) oder einer anderen Basis (bspw Steueraufwand, Personalaufwand, Buchwert des Anlagevermögens) entnommen werden - aus derselben Datenquelle stammen, dh entweder aus dem Reporting Package oder dem Jahresabschluss der einzelnen Geschäftseinheit.

Verwendet eine Unternehmensgruppe für eine Geschäftseinheit unterschiedliche Datenquellen zur Berechnung der temporären CbCR-Safe Harbour-Tests, qualifiziert dies nicht für die Anwendung eines temporären CbCR-Safe Harbours, selbst wenn die herangezogenen Datenquellen individuell betrachtet den Anforderungen einer qualifizierten Finanzberichterstattung entsprechen.

 

Einheitliche Datengrundlage aller Geschäftseinheiten in einer Steuerjurisdiktion

 

Als zusätzliche Anforderung sehen die Regelungen vor, dass nicht nur die für eine Geschäftseinheit, sondern auch die für eine Steuerjurisdiktion herangezogenen Daten auf einer einheitlichen Datenquelle beruhen müssen. Es ist daher für alle Geschäftseinheiten in einer Steuerjurisdiktion, für die ein temporärer CbCR-Safe Harbour in Anspruch genommen werden soll, einheitlich vorzugehen, sodass die erforderlichen Daten entweder auf dem Reporting Package oder dem Jahresabschluss der einzelnen Geschäftseinheit basieren.  

Lediglich für Geschäftseinheiten, die mangels Größe oder Wesentlichkeit nicht in den Konzernabschluss der Unternehmensgruppe einbezogen werden (Non-Material Constituent Entities, NMCE), sowie für Betriebsstätten (Permanent Establishments, PEs) besteht hiervon eine Ausnahme. Für mangels Größe oder Wesentlichkeit nicht in den Konzernabschluss einbezogene Geschäftseinheiten (NMCE) wird der für die Erstellung des CbCR herangezogene Jahresabschluss als ausreichend erachtet. Für Betriebsstätten (PEs) können auch solche Abschlüsse herangezogen werden, die für Rechnungslegungs-, regulatorische-, Tax Reporting oder interne Management Reporting-Zwecke erstellt wurden.

 

Anpassungen des CbCR für Pillar Two Zwecke

 

Für Zwecke der temporären CbCR-Safe Harbour-Tests sind Anpassungen zu den aus dem CbCR herangezogenen Daten grds nicht vorgesehen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Anpassungen dazu dienen sollen, die im CbCR gemeldeten Daten an den Mindeststeuer-Gewinn/-Verlust gem den Pillar Two Regelungen anzugleichen. Selbiges gilt für Anpassungen der übrigen für die Berechnung der temporären CbCR Safe Harbour-Tests herangezogenen Daten. Ausgenommen von diesem Grundsatz sind lediglich Anpassungen, die in den Regelungen explizit vorgesehen sind.

Werden hingegen nicht vorgesehene Anpassungen vorgenommen, qualifizieren die Daten nicht mehr für die Inanspruchnahme der temporären CbCR-Safe Harbours.

 

Anpassungen iZm PPA Adjustments

 

Darüber hinaus kann sich beim Erwerb von Anteilen an einer Geschäftseinheit iR eines Unternehmenszusammenschlusses eine Anpassung des Buchwertes von Vermögenswerten und Schulden der erworbenen Geschäftseinheit mittels Erwerbsmethode / Purchase Price Accounting (PPA) ergeben. Abhängig davon ob derartige Anpassungen erst auf Gruppenebene vorgenommen werden (und damit nicht Teil des Jahresüberschusses/-fehlbetrags der Geschäftseinheit sind) oder in den relevanten Finanzdaten der einzelnen Geschäftseinheit enthalten sind (bspw im Reporting Package), können sich unterschiedliche Anpassungserfordernisse für die Pillar Two Berechnungen ergeben.

Für die Erstellung des CbCR ist gem VPDG bzw BEPS Aktionspunkt 13 eine Anpassung um ggf in der verwendeten Datengrundlage enthaltene PPA Adjustments nicht vorgesehen. Derartige PPA Adjustments wären für CbCR Zwecke dann im Gewinn vor Steuern enthalten und können so zu Verzerrungen zwischen der temporären CbCR-Safe Harbour-Berechnung und der vollen Pillar Two Berechnung (für den Fall der Nicht-Anwendbarkeit eines Safe Harbours) führen. Für Zwecke der temporären CbCR-Safe Harbour Berechnungen werden Reporting Packages und Einzelabschlüsse, die PPA Adjustments beinhalten, daher grds nicht als qualifizierte Finanzberichterstattung angesehen. Eine Ausnahme besteht lediglich, wenn eine konsistente Berichterstattung („Consistent reporting condition“) vorliegt und eine Anpassung der Firmenwertabschreibung vorgenommen wird.

Für eine konsistente Berichterstattung darf die Unternehmensgruppe für Wirtschaftsjahre, die am oder nach dem 31.12.2022 beginnen keinen CbCR eingereicht haben, der bereits um PPA Adjustments bereinigt wurde. Im Umkehrschluss bedeutet das uE, dass wenn bisher (dh für Wirtschaftsjahre, die vor dem 31.12.2022 beginnen) in der Datengrundlage des CbCR PPA Adjustments enthalten waren und keine Bereinigung vorgenommen wurden, solche auch künftig nicht vorgenommen werden müssen.

Bei Verwendung einer Datengrundlage, die PPA Adjustments enthält, ist der Gewinn vor Steuern („Profit before Tax“) für Zwecke des Routinegewinntests und für Zwecke des Effektivsteuertests um evtl Ergebniseffekte, die sich aus der Berücksichtigung einer Firmenwertabschreibung aus Beteiligungserwerben nach dem 30.11.2021 ergeben, zu bereinigen. Eine Ausnahme besteht lediglich für jene Fälle, in denen latente Steuerpositionen iZm dem Firmenwert analog angepasst werden.

Sind die beiden genannten Voraussetzungen erfüllt (dh konsistente Berichterstattung und Anpassung der Firmenwertabschreibung), können die so angepassten Finanzdaten für die Berechnung der temporären CbCR-Safe Harbour Tests herangezogen werden.

 

Fazit

 

Es zeigt sich, dass der Gestaltungsspielraum, der Unternehmen bei der Erstellung des CbCR in Bezug auf die herangezogene Datenquelle zukommt, für Zwecke der temporären CbCR-Safe Harbours unter Pillar Two nicht ausgenutzt werden kann. Die Anforderungen insbesondere der temporären CbCR-Safe Harbour Regelungen an die Qualität der den Berechnungen zugrundeliegenden Daten sind um einiges höher als die Anforderungen für Zwecke des CbCR. Es ist daher empfehlenswert, bestehende CbCR-Prozesse zu evaluieren und derart anzupassen, dass die Qualität der für die Berechnung herangezogenen Daten und insbesondere des CbCR für eine Einordnung als „qualifiziert“ ausreicht.

 

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Ihr Kontakt

Stefanie Miklos, MSc (WU) LLB (WU)

Stefanie Miklos, MSc (WU) LLB (WU)

Senior Managerin Steuerberatung | Deloitte Österreich

Stefanie Miklos ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der laufenden steuerlichen Beratung nationaler und internationaler Unternehmen und Konzernen vor allem im Bereich der betrieblichen Steuern sowie in der Unterstützung bei Sonderprojekten und im Rahmen von Außenprüfungen. Ein weiterer Fokus ihrer Tätigkeit liegt in der Umsetzung von Projekten und der steuerlichen Beratung zu Fragestellungen iZm Pillar Two.

Mag. Karin Andorfer

Mag. Karin Andorfer

Partner Steuerberatung | Deloitte Österreich

Karin Andorfer ist Partnerin in der Steuerberatung bei Deloitte in Wien. Sie ist Steuerberaterin und betreut zahlreiche nationale und internationale Klienten in verschiedenen Branchen. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen insbesondere in den Bereichen der nationalen und internationalen Steuerberatung sowie im Bereich Transfer Pricing / Verrechnungspreise.