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Die steuerliche Anerkennung der bilanzrechtlichen Kreditrisikovorsorgen von Kreditinstituten

Ein großer Wurf für Österreichs Bankenbranche auf Basis des COVID-19 Steuermaßnahmengesetzes

Im Zuge des COVID-19 Steuermaßnahmengesetzes wurde das generelle Verbot für die Bildung von pauschalen Wertberichtigungen und Verbindlichkeitsrückstellungen aufgehoben. Spät aber doch wurde damit auch einer langjährigen Forderung des Bankensektors entsprochen und ein wesentlicher Schritt in Richtung Einheitsbilanz gesetzt. Der Wartungserlass 2021 der Einkommensteuerrichtlinien (veröffentlicht am 17.5.2021) liefert erste Präzisierungen zu den steuerlichen Voraussetzungen.

Hintergrund

Bisher waren pauschale Wertberichtigungen bzw Rückstellungen nur unternehmensrechtlich zulässig. Eine steuerliche Abzugsfähigkeit war lediglich für sogenannte pauschale Einzelwertberichtigungen gegeben. In der Praxis wurden die im Bankenbereich eingesetzten Bewertungsmodelle, die zur (sachgerechten) Berücksichtigung des Ausfallsrisikos statistisch valide Erfahrungswerte herangezogen haben, durch die Außenprüfung nicht anerkannt. Der daraus resultierende Körperschaftsteueraufwand hat den Cash Flow insbesondere jener Kreditinstitute belastet, die bereits vor dem RÄG 2014 derartige Risikomanagementsysteme implementiert hatten und daher von der Möglichkeit einer Zuschreibungsrücklage nicht Gebrauch machen konnten.

Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 beginnen, wird nun die steuerwirksame Bildung pauschaler Forderungswertberichtigungen und Verbindlichkeitsrückstellungen unter gewissen Voraussetzungen zugelassen. Über einen zeitlich befristeten Übergangszeitraum kommt es außerdem zu einer Nachholung von pauschalen Vorsorgen, die vor dem 1.1.2021 entstanden sind. Weiterhin nicht abzugsfähig sind pauschale Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.

Voraussetzungen

Die steuerliche Abzugsfähigkeit von pauschalen Wertberichtigungen und Verbindlichkeitsrückstellungen wird ausdrücklich auf den unternehmensrechtlichen Grundsatz der verlässlichen Schätzung iSd § 201 Abs 2 Z 7 UGB gestützt. Es erfolgt keine eigenständige steuerliche Beurteilung. Für Kreditinstitute als Gewinnermittler nach § 5 Abs 1 EStG gilt daher das Maßgeblichkeitsprinzip.

Die Bewertung muss auf einer umsichtigen Beurteilung nach dem bestmöglichen Verfahren und auf objektiver Grundlage beruhen. Bei Vorliegen von statistisch ermittelbaren Erfahrungswerten aus gleichgelagerten Sachverhalten sind diese berücksichtigen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind pauschal ermittelte Prozentsätze kaufmännisch auf 2 Nachkommastellen zu runden. Für Kreditinstitute bedeutet die Neuregelung eine Anerkennung der spätestens seit dem RÄG 2014 zum Einsatz gelangenden und aufsichtsrechtlich gebotenen Risikomanagementsysteme und damit einen Entfall der steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnung.

Übergangsregelung

Pauschalvorsorgen, die sich auf bereits vor dem 1.1.2021 entstandene Forderungen bzw Rückstellungen beziehen, dürfen steuerlich nicht sofort im vollen Umfang nachgeholt werden, sondern sind bei einem Regelwirtschaftsjahr ab 2021 gleichmäßig über 5 Jahre zu verteilen. Da der Gesetzgeber bei der Abgrenzung von Alt- und Neubestand grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Entstehens der Forderung bzw der Verursachung der Rückstellung abstellt, wäre hinsichtlich der erstmaligen steuerlichen Dotierung eine exakte zeitliche Trennung der per 31.12.2021 bestehenden Bestände vorzunehmen. Die auf den Altbestand per 31.12.2021 gebildeten Pauschalvorsorgen sind auf 5 Jahre zu verteilen. Neuzuführungen sind zur Gänze abzugsfähig.

Im Bankenbereich wird diese Differenzierung oft nicht ohne größere systemseitige Änderungen möglich sein. Der endgültige Wartungserlass sieht optional eine vereinfachte Methode für die Ermittlung des Verteilungsbetrages vor:

  • Bei der erstmaligen Bildung wird der auf den Forderungsbestand zum 31.12.2020 (fiktiv) entfallende Wertberichtigungsbetrag 2021 ermittelt.
  • Wurden im UGB bereits in vorangegangenen Wirtschaftsjahren pauschale Forderungswertberichtigungen vorgenommen, ist dieser Altbestand an Pauschalvorsorgen auf 5 Jahre zu verteilen.
  • Bei pauschalen Verbindlichkeitsrückstellungen ist analog vorzugehen.

Die auf den Forderungsaltbestand ermittelte Pauschalwertberichtigung ist „eingefroren“. Ein Wertberichtigungsbedarf per 31.12.2021, der diesen Betrag übersteigt, ist sofort abzugsfähig. Liegen die Pauschalvorsorgen per 31.12.2021 unter dem eingefrorenen Wert, ist der Differenzbetrag zur Gänze steuerwirksam.

Die vereinfachte Ermittlung des Altbestandes bewirkt, dass im verteilungspflichtigen Nachholungsbetrag auch Forderungen bzw Wertberichtigungen enthalten sein können, die zum 31.12.2021 nicht bzw nicht in voller Höhe bestehen. Im Vergleich zu einer exakten Trennung von Alt- und Neubestand kann daher eine Verbesserung des Kreditrisikoportfolios bzw ein teilweiser oder gänzlicher Wegfall von Altbestandforderungen zu Inkongruenzen führen: Eine unternehmensrechtliche Auflösung von Pauschalvorsorgen ist nämlich sofort zu versteuern, obwohl die Wertberichtigung, die dieser Auflösung zugrunde liegt, nur auf 5 Jahre verteilt absetzbar ist. Dementsprechend könnte es zu einer Versteuerung von aufgelösten Pauschalvorsorgen kommen, die steuerlich noch nicht (zur Gänze) als Betriebsausgabe angesetzt wurden.

Fazit

Von einem zeitlich befristeten Übergangszeitraum abgesehen, vereinfacht die Regelung die Forderungsbewertung insbesondere auch für Kreditinstitute, da die unternehmens- und steuerrechtliche Bewertung ab 2021 einheitlich vorzunehmen ist. In der Praxis wird sich im Rahmen von Außenprüfungen zeigen, ob die Auslegung des § 201 Abs 2 Z 7 UGB im Bilanz- und Steuerrecht auch tatsächlich einheitlich erfolgt. Die im Wartungserlass vorgesehene vereinfachte Methode friert den bis 2020 versteuerten Wertberichtigungsbedarf ein. Eine exakte Ermittlung könnte je nach Entwicklung des Altbestandes zu einer sachgerechteren Verteilung von Auflösungen und abzugsfähigem Aufwand führen.

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