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Spitäler wirtschaftlich zukunftssicher gestalten

Österreichische Spitäler sind heutzutage mehr denn je mit der erfolgreichen Sicherstellung ihrer Wirtschaftlichkeit konfrontiert. Wie kann diese nicht nur bestmöglich aufrechterhalten, sondern sogar gesteigert werden?

Aufgrund demographischer, politischer und technologischer Veränderungen haben sich Spitäler in Österreich in den nächsten Jahren großen Heraus-forderungen zu stellen. Diese bestehen vor allem darin, in der modernen Medizin weiterhin wettbewerbs- und leistungsfähig und damit wirtschaftlich und finanzierbar zu sein.

Der intramurale Versorgungssektor ist derzeit mehr denn je einem tiefgreifenden Wandel ausgesetzt. Dieser entsteht neben dem medizinischen Fortschritt und der demographischen Entwicklung insbesondere durch folgenden Veränderungsthematiken:

  • Strukturelle und prozessuale Umgestaltungserfordernisse in der Behandlungsform
  • Spezialisierungen von Leistungsangeboten
  • Neue (digitale) Technologien
  • Geändertes Bewusstsein der Patient:innen für Prävention aufgrund selbständigem Gesundheits-Monitoring durch digitale Lösungen
  • Erneuerung der baulichen und technischen Infrastruktur
  • etc.

Vor allem der herrschende Personalmangel von zentralen Berufsgruppen in der Patient:innenversorgung konfrontiert Spitäler mit deutlich spürbaren Schwierigkeiten.

Diese komplexen Bedarfe führen dazu, dass sich Verantwortliche noch nachdrücklicher mit einer notwendigen Neuausrichtung und Optimierung beschäftigen müssen. Nur so wird eine Transformation zur wirtschaftlichen Zukunftssicherheit gelingen. Dabei ist zu beachten, dass eine einseitige Verfolgung ökonomischer Ansätze nicht das alleinige Kriterium zur Gestaltung eines Spitals sein darf: Organisatorische Steuerungs- und Optimierungsaspekte müssen stets in Einklang mit einer qualitätsvollen und leistungsfähigen Versorgung unter attraktiven Arbeitsbedingungen gebracht werden.

Mit bisherigen Strukturen ist es für Spitäler tendenziell kaum mehr zu
bewerkstelligen, den oftmals bestehenden „Teufelskreis“ zu durchbrechen:

Die Entwicklung und Umsetzung von organisatorischen Optimierungs- und
Steuerungsmaßnahmen kann für die Gestaltung der wirtschaftlichen
Zukunftssicherheit von Spitälern wegweisend sein.

Es ist jedoch nicht möglich, Einzelmaßnahmen den oben angeführten Elementen des Teufelskreises gegenüberzustellen, um diese gesondert zu lösen.

Der Schlüssel liegt vielmehr in einer Lösungsfindung durch eine gesamthafte Entwicklung und Umsetzung von organisatorischen Optimierungs- und Steuerungsmaßnahmen.

Diese beispielhaft angeführten Elemente in unten dargestelltem „Lösungsdiamanten“ haben alle eine direkte Schnittelle und damit Auswirkung und Abhängigkeit zueinander:

Folgende ausgewählte Maßnahmen können dazu konzipiert und umgesetzt werden, um einzelne Elemente im „Lösungsdiamanten“ und damit die Sicherung einer wirtschaftlichen Zukunftsfähigkeit zu erreichen:

1. Aufbau einer prozessorientierten Organisation

In der derzeitigen Organisation von Spitälern fehlt es oftmals an einer den gesamten Behandlungsprozess integrierten Sicht mit optimaler Berücksichtigung relevanter Behandlungs- und damit Prozessschnittstellen. Besonders in den Kernprozessen wirken oftmals Teilprozesse in der Planung, Durchführung und Kontrolle nicht zusammen. Dasselbe gilt für das Zusammenspiel zwischen medizinischen und administrativen Prozessen.

Eine prozesshafte (Neu-)gestaltung von medizinisch-organisatorischen Abläufen durch ein flächendeckendes und bereichsübergreifendes Prozess- und Qualitätsmanagement birgt großes Potential: z.B. bewirkt eine Prozesstransparenz das Schaffen von Kostenbewusstsein, wird die bereichsübergreifende Kommunikation und Kooperation verbessert, können Aufenthaltsdauern verkürzt oder die Zufriedenheit von Patient:innen und Mitarbeiter:innen erhöht werden.

2. Aufbau einer „kundenorientierten“ Organisation und Schaffung multiprofessioneller Teams

Empirische Studien zeigen, dass eine generelle Ausrichtung auf „Kundenzentrierung“ in erheblichem Maß die Wirtschaftlichkeit und Zufriedenheit positiv beeinflusst: wenn Patient:innen, Mitarbeiter:innen, Einweiser:innen etc. als „Kunden mit hoher Priorität“ angesehen werden, resultieren daraus positive ökonomische Effekte und deutliche Vorteile in der Personaleffizienz, Verbesserungs- und Veränderungsfähigkeit, Attraktivität als Arbeitgeber etc.

Mit einer Betrachtung des Personals als „Kunden“ und anderen möglichen Maßnahmen, wie z.B. einer Entlastung des Pflegepersonals durch vermehrten Einsatz von Unterstützungskräften wie Abteilungshilfen und Stationssekretariaten oder dem vermehrten Setzen von Personalmarketing-Initiativen für Ein-, Um- und Wiedereinsteigern, können die Spitäler aktiv dem aktuellen Personalmangel entgegensteuern.

Ein durchschnittlich motivierteres Personal mit einer geringeren Fluktuation führt tendenziell zu geringeren Personalkosten beispielsweise durch weniger Einarbeitungen, routinierte Prozessabläufe oder Wissenssicherung.

Darüber hinaus soll künftig eine professionelle Leistungserbringung vermehrt durch neue (analoge und digitale) Formen der Zusammenarbeit von multiprofessionellen Teams aus unterschiedlichen Gesundheitsberufen stattfinden.  

3. Definition von Leistungsschwerpunkten und Kernkompetenzen

Die Stärken und Leistungsqualitäten des Spitals sind zu erheben sowie hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und möglicher Ausdehnung einer Bewertung zu unterziehen. Danach wäre festzulegen, welche Leistungen mit Entwicklungspotential konkret angeboten werden sollen.

Dabei stehen eine qualitätsvolle Versorgung sowie ein Ausschöpfen der ambulanten Potenziale im Mittelpunkt. Um hohe Leistungsqualität gewährleisten zu können, sollten Spitäler ihre bisherigen Strategien, Kulturen, Strukturen etc. überprüfen. Eine Bündelung von Kompetenzen ermöglicht, dass Behandlungsfälle, Erfahrungen und Daten kontinuierlich analysiert, ausgebaut und optimiert werden können. Eine professionelle Routine sowie sinkende Prozesskosten entwickeln sich mit einer steigenden Anzahl entsprechender Behandlungsfälle positiv.

Die entscheidende Frage wird zukünftig nicht nur die personelle und infrastrukturelle Grundausstattung sein. Es soll zusätzlich verstärkt betrachtet werden, wie beispielsweise mithilfe einer Fallkosten- bzw. Kostenträgerrechnung Fallzahlen mit Behandlungsergebnissen und Ressourcenaufwänden in Verbindung stehen. Mit der aus der „kundenorientierten“ Organisation resultierten erhöhten Patient:innenzufriedenheit können Spitäler beispielsweise die Fallzahlen wirtschaftlich attraktiver Leistungen steigern.

4. Bildung von leistungsfähigen Kooperationen

Bereits bestehende (strategische) Kooperationen zur einrichtungsübergreifenden Leistungserbringung sind hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Qualität zu prüfen. Ziel ist ein wirtschaftliches Netzwerk, in dem ambulante, stationäre, poststationäre (inkl. Reha-Einrichtungen und Apotheken) Gesundheitsdiensteanbieter integriert sind. Eine zentrale Anforderung der modernen Medizin ist es, wie gut die integrierte Versorgung über Netzwerke gestalten wird.

5. Etablierung des Controllings als Schlüsselrolle im Transformationsprozess

Die Nutzung der zentralen Elemente des Controllings wie Planung, Steuerung, Kontrolle sowie die Schaffung von Transparenz sind im Rahmen der Definition und Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen unumgänglich. Auch klassische strategische Controllinginstrumente (u.a. die Szenario-, SWOT- oder GAP-Analyse, die Balanced Scorecard etc.) sollen weiterhin parallel dazu angewandt werden. Diese Verbindung der lang- und kurzfristigen Steuerung soll darin resultieren, dass das Spital mittel- und langfristig optimal im Rahmen seines Zielsystems agiert.

Aber folgende ausgewählte Anforderungen des operativen Controllings sind jedenfalls zu erfüllen, um die Gestaltung der wirtschaftlichen Zukunftssicherheit von Spitälern zu unterstützen:

Die Korrelation zwischen Leistungs- und Kostengeschehen sowie die Schaffung einer transparenten und validen Datenlage sind Ergebnisse einer medizinisch-ökonomischen Steuerung als Teil des operativen Controllings: Mithilfe einer Fallkosten- bzw. Kostenträgerrechnung zur Leistungs- und Kostensteuerung werden Redundanzen, Unwirtschaftlichkeiten und andere ineffiziente Versorgungsstrukturen aufgedeckt und vermieden. Somit werden transparente Rückschlüsse auf die Wirtschaftlichkeit der erbrachten medizinischen Leistungen ermöglicht.

Zusammenfassung

Neben dem primären Ziel der Patient:innenversorgung ist in den letzten Jahren vor allem die Wirtschaftlichkeit als entscheidender Erfolgsfaktor für Spitäler getreten. In zunehmend kompetitiveren Märkten stellen technologische und gesellschaftliche Veränderungen, Personalmangel, Kundenunzufriedenheit etc. die Spitäler in Österreich vor die Herausforderung, die strukturellen und organisatorischen Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Zukunftssicherheit zu schaffen.

Dabei gibt es eine Reihe von geeigneten Steuerungsmaßnahmen, die es zu planen und zielgerichtet umzusetzen gilt, um den „Teufelskreis“ zu durchbrechen und einen „Lösungsdiamanten“ mit einer wirtschaftlichen Zukunftssicherheit zu schaffen. Insbesondere im Controlling soll diese Chance der positiven Veränderung genutzt werden. Die Anwendung medizinisch-ökonomischer Steuerungsinstrumente ist dabei die notwendige Grundlage, es werden zukünftig medizinischen Leistungen mit einem effektiven wirtschaftlichen Nutzen erbracht.

Die Spitäler stehen auf dem Prüfstand. Sie müssen sich wandeln, um künftig mehr Gesundheit und Vorsorge, attraktivere Arbeitsbedingungen gegen den Personalmangel sowie eine optimierte ökonomische Versorgung sicherstellen zu können.

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