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Workation – Arbeiten, wo andere Urlaub machen

Workation aus einer lohnabgabenrechtlichen Perspektive behandelt

Überblick

Workation – Arbeiten wo andere Urlaub machen. Die Verlegung des Arbeitsorts an eine Urlaubsdestination ist vor allem in den Sommermonaten bei Dienstnehmer:innen sehr beliebt. Der Begriff Workation setzt sich aus den beiden englischen Begriffen „work“ und „vacation“ zusammen und bezeichnet die Kombination von Arbeit und Urlaub. In der Praxis wird bei Workation die Arbeitsleistung zumeist aus dem Ausland erbracht, weshalb das internationale Steuer- und Lohnabgabenrecht nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Worauf Arbeitgeber:innen bei der Gewährung von Workation aus lohnabgabenrechtlicher Perspektive zu achten haben, dürfen wir im folgenden Beitrag näher behandeln. Wir dürfen anmerken, dass sich die nachstehenden Ausführungen auf Workation innerhalb der Europäischen Union (EU) beziehen.


Allgemeines

Festzuhalten ist, dass Workation unter den Begriff der mobilen Arbeit zu subsumieren ist, welche durch das Fehlen eines fixen physischen Arbeitsplatzes gekennzeichnet ist. D.h. bei mobiler Arbeit kann die Arbeitsleistung grundsätzlich von überall aus erledigt werden. Es besteht kein Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten. Vielmehr ist dieses ausdrücklich zwischen Arbeitnehmer:in und Arbeitgeber:in zu vereinbaren.


Lohnsteuer

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer:innen mit ihrem gesamten Welteinkommen in jenem Staat steuerpflichtig, in dem sie ansässig sind. Wird die Tätigkeit jedoch in einem anderen Staat als dem Ansässigkeitsstaat ausgeübt, kommt es im Tätigkeitsstaat zu einer beschränkten Steuerpflicht. Sowohl der Ansässigkeitsstaat als auch der Tätigkeitsstaat haben das Recht, Einkünfte des:der Arbeitnehmer:in zu besteuern.


Um zu vermeiden, dass Arbeitnehmer:innen in zwei Staaten steuerpflichtig werden, hat Österreich mit einer Reihe von Staaten Doppelbesteuerungsabkommen („DBA“) abgeschlossen. Die meisten Doppelbesteuerungsabkommen enthalten eine dem Artikel 15 Abs. 2 des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung des Einkommens und Vermögens nachgebildete Bestimmung. Diese hält fest, dass bei der Erbringung von unselbständiger Arbeitsleistung im Ausland das Besteuerungsrecht nicht auf den Tätigkeitsstaat übergeht, sondern dem Ansässigkeitsstaat (sprich Österreich) verbleibt, wenn

  • der:die Arbeitnehmer:in sich im Tätigkeitsstaat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres aufhält und
  • die Vergütungen von einem:r Arbeitgeber:in oder für eine:n Arbeitgeber:in gezahlt werden, der nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist, und
  • die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte getragen werden, die der:die Arbeitgeber:in im Tätigkeitsstaat hat.

Wesentliches Kriterium bei der Entscheidung, in welchem Staat die Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit besteuert werden dürfen, ist also die sog. „183-Tage-Regel“. In anderen Worten besagt diese, dass Arbeitnehmer:innen, die weniger als 183 Tage in einem anderen Staat arbeiten und ihr Arbeitsentgelt von einem in Österreich ansässigen Unternehmen erhalten (und keine Weiterverrechnung der Lohnkosten an eine Betriebsstätte des Unternehmens im Tätigkeitsstaat erfolgt), weiterhin nur in Österreich steuerpflichtig sind.


Für die Frage, ob durch die Auslandstätigkeit der Tätigkeitsstaat das Gehalt des:der österreichischen Arbeitnehmer:in besteuern darf, sind in einem ersten Schritt die Aufenthaltstage im Ausland zu ermitteln. Als Aufenthaltstage zählen Tage physischer Anwesenheit, wobei es nicht erforderlich ist, dass an diesen Tagen eine Arbeitsleistung erbracht wird. Irrelevant ist somit, ob die Aufenthaltszeiten in dem Staatsgebiet des anderen Staates dem Arbeitseinsatz gewidmet sind, sodass bspw. auch Sonn- und Feiertage, Urlaubs- und Krankheitstage sowie An- und Abreisetage dazuzählen.


Weiters muss bei Workation jedenfalls sichergestellt sein, dass der:die Dienstnehmer:in die steuerliche Ansässigkeit in Österreich hat, und keinesfalls in dem Staat, in dem er sich aufhalten will.


Sozialversicherung

Hinsichtlich der Sozialversicherung gilt innerhalb der EU das Prinzip der Einfachversicherung, wonach Personen mit Anknüpfungspunkten zu mehreren EU-Staaten nur in einem Staat der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Das Recht, Sozialversicherungsbeiträge einzuheben, liegt dabei grundsätzlich beim Tätigkeitsstaat und nicht beim Wohnsitzstaat. Es sind jedoch in der entsprechenden EU-Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit diverse Ausnahmeregelungen von diesem Grundprinzip implementiert.


Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt bspw. dann vor, wenn Dienstnehmer:innen in mehreren Staaten für den:die Dienstgeber:in tätig sind. Diese bleiben, soweit ein wesentlicher Teil der Tätigkeit im Wohnsitzstaat ausgeübt wird, ausschließlich im Wohnsitzstaat sozialversicherungspflichtig. Die Ausübung „eines wesentlichen Teils“ der Beschäftigung bedeutet, dass der:die Dienstnehmer:in in einem Mitgliedsstaat einen quantitativ erheblichen Teil der Tätigkeit ausübt. Hierbei ist insbesondere auf die Arbeitszeit und/oder das Arbeitsentgelt abzustellen. Gemäß den derzeit geltenden Bestimmungen liegt ein wesentlicher Teil dann vor, wenn im Rahmen einer Gesamtbewertung der Arbeitszeit und/oder dem Arbeitsentgelt ein Anteil von zumindest 25 % in einem Mitgliedsstaat erreicht wird. So muss die Tätigkeit im Urlaubsdomizil unter 25 % verbleiben, damit es zu keinem verpflichtenden Wechsel ins Sozialversicherungsrecht des Urlaubsstaates kommt. Zu beachten ist, dass Österreich mit Deutschland, Tschechien und der Slowakei jüngst bilaterale Abkommen abgeschlossen hat, weshalb hier – mittels eines individuellen Antrags – das Ausmaß der mobilen Arbeit bis zu 40 % betragen darf, ohne dass es zu einem Wechsel des Sozialversicherungsrechts kommt.


Angesichts der Anzahl an kürzlich abgeschlossenen bilateralen Abkommen wird derzeit auf EU-Ebene zum Zwecke der binnenstaatlichen Harmonisierung an einer generelle Neuauslegung des Telearbeits-Ausmaßes gearbeitet, weshalb es bereits ab 01.07.2023 zu einer neuen Telearbeits-Grenze kommen könnte. Mehr Informationen hierzu finden Sie in unserem Beitrag „Multilaterale RV Telearbeit “ unter dem folgenden Link.


Bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten ist jedenfalls ein sog. „A1-Formular“ für den:die Dienstnehmer:in bei der Österreichischen Gesundheitskasse zu beantragen. Der:Die Dienstnehmer:in hat dieses bei jeder Auslandstätigkeit mitzuführen, um bei etwaigen Kontrollen durch die ausländischen Behörden die Sozialversicherungspflicht in Österreich nachweisen können. Bei Fehlen eines solchen Nachweises können durch die ausländischen Behörden Geldstrafen verhängt werden.


Lohnnebenkosten

Maßgebend für die DB- und DZ Pflicht ist, dass der:die Dienstnehmer:in in Österreich sozialversichert ist. Verbleibt während der Workation die Sozialversicherung in Österreich, so sind auch DB und DZ weiterhin in Österreich abzuführen.


Auch die Kommunalsteuer ist während einer Workation weiterhin zu entrichten, da es in der Regel zu keinem Betriebsstättenwechsel des:der Dienstnehmers:Dienstnehmerin kommt.


Auch die Pflicht zur Entrichtung von BV-Beiträgen bleibt bei Workation grundsätzlich bestehen.


Betriebsstätte

Abschließend ist zu prüfen, ob die Tätigkeit der Arbeitnehmer:innen eine Betriebsstätte begründen würde. Dies wäre grundsätzlich nach dem Recht des jeweiligen Staates zu beurteilen. Die OECD (Organization for Economic Co-operation and Development) geht aber davon aus, dass ein Homeoffice in der Regel keine abkommensrechtliche Betriebsstätte begründet, sofern der Dienstgeber den:die Dienstnehmer:in nicht auffordert, dauerhaft aus dem Homeoffice zu arbeiten und diesem:r keinen Arbeitsplatz im Ausland zur Verfügung stellt, wovon bei einer klassischen Workation nicht auszugehen ist. Dennoch dürfen wir anmerken, dass dadurch nicht ein allfälliges Betriebsstättenrisiko im jeweiligen Staat ausgeschlossen werden kann.


Fazit

Mit Workation erhalten Dienstnehmer:innen die Möglichkeit aus ihrer alltäglichen Arbeitsumgebung herauszukommen. Nichtsdestotrotz bedarf die Umsetzung von Workation ein gewisses Maß an Vorlaufzeit sowie gewissenhafte Vorbereitung, um aus lohnabgabenrechtlicher Sicht nicht ausländischen Rechtsvorschriften zu unterliegen. Festzuhalten ist, dass nur ein gewisses Ausmaß an Workation den Dienstnehmer:innen bereitgestellt werden kann, da ansonsten die steuerliche Ansässigkeit sowie die Pflichtversicherung unter Umständen an das Urlaubsziel übergehen. Weiters empfehlen wir im Rahmen der Vereinbarung über Workation insbesondere die nachfolgenden Punkte festzuhalten:

  • Ankündigung der Workation (Welche Ankündigungsfrist ist von Ihren Dienstnehmer:innen zu beachten?)
  • Jahreskontigent (z.B. max. 25 Tage jährlich)
  • Zeitliche Befristung (z.B. max. eine Arbeitswoche)
  • Steuer- sowie sozialversicherungsrechtliche Aspekt (z.B. Pflicht zur Mitführung des A1-Bescheids des:der Dienstnehmer:in)
  • Rückkehrpflicht
  • Erreichbarkeit

Gerne unterstützen wir Sie bei der Ausarbeitung einer für Sie geeigneten Workation-Vereinbarung und stehen für Fragen iZm Workation bzw. grenzübergreifender Tätigkeit selbstverständlich gerne zur Verfügung.

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