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Wesentlichkeitsanalyse und weiter…?

Die Bedeutung der Wesentlichkeitsanalyse für eine zukunftsorientierte Unternehmensstrategie

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) stellt viele österreichische Unternehmen vor neue Herausforderungen. Ab dem Berichtsjahr 2025 sind diese verpflichtet, umfassende Nachhaltigkeitsberichte vorzulegen. Dabei spielt die doppelte Wesentlichkeitsanalyse eine zentrale Rolle, um die relevanten Themen aus der Perspektive der Nachhaltigkeit zu identifizieren.

In diesem Interview erläutern die Experten Christoph Obermair und Albrecht Rauchensteiner, wie Unternehmen diese Anforderungen nicht nur erfüllen, sondern auch strategisch nutzen können, um ihre Geschäftsmodelle zukunftssicher zu gestalten und Wettbewerbsvorteile zu erzielen.

Die CSRD kommt mit großen Schritten – Was sollten Unternehmen jetzt tun?

Obermair: Viele österreichische Unternehmen sind für das Berichtsjahr 2025 gemäß der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) berichtspflichtig. Einen wichtigen Startpunkt zur Erfüllung dieser Berichtsanforderungen stellt die sogenannte doppelte Wesentlichkeitsanalyse dar, im Rahmen derer die aus Nachhaltigkeitssicht relevanten Themenstellungen identifiziert werden. Dies erfolgt einerseits auf Basis der Auswirkungen, die das unternehmerische Handeln auf die Umwelt hat, andererseits auf Basis der Chancen und Risiken, die sich für das Unternehmen möglicherweise ergeben. Die sich daraus resultierenden Themenstellungen, bilden die Grundlage für die Berichterstattung im Lagebericht. Gleichzeitig zeigen sie den Lesern, dass das Unternehmen einen klaren Pfad für die Optimierung definiert hat und diese Themen in der Ausrichtung des Unternehmens verankert sind. 

Was bedeutet die Umsetzung der Berichtspflichten für die strategische Ausrichtung eines Unternehmens? 

Rauchensteiner: Die Umsetzung der Berichtspflichten allein bringt keinen Mehrwert. Es ist wichtig, dies mit einem gewissen Weitblick zu tun und sich darauf einzulassen. Durch die Anpassung der Parameter an das unternehmerische Handeln und Geschäftsmodell können Entwicklungsmöglichkeiten abgeleitet werden. Es erst gar nicht zu probieren, ist der einzige Fehler, den man hier machen kann. Eine strukturierte Betrachtung in 1-2 Workshops ist empfehlenswert, ohne dass es in einer wissenschaftlichen Arbeit ausarten muss.  

Obermair: Ein Aspekt, der traditionell in Strategieprozessen oft vernachlässigt wird, ist die inside-out Betrachtung. Durch die strukturierte Auseinandersetzung des Unternehmens mit der eigenen Wirkung auf sein Umfeld können auch Chancen, die sich nicht direkt im aktuellen Geschäftsumfeld zeigen identifiziert werden und so einen Innovationsprozess anstoßen. 

Ist es immer so, dass die Wesentlichkeitsanalyse eine Adaptierung der Strategie auslöst?

Obermair: Im Idealfall haben sich Unternehmen bereits vor Einführung der CSRD-Berichtspflicht mit der Nutzung von Chancen aus dem Klimawandel und der Nachhaltigkeit allgemein auseinandergesetzt. In Realität ist es aber leider oft so, dass die Vielzahl der vergangenen Krisen (Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation,) die langfristige Steuerung ein wenig in den Hintergrund gedrängt hat, weil die Geschäftsführung mit der Aufrechterhaltung des Bestandsgeschäfts beschäftigt war. Die verpflichtende Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitsthemen bietet daher eine gute Chance, sich über die Ausrichtung des eigenen Geschäftsmodells Gedanken zu machen.  

Wie kann man sich praktisch die Integration der Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse in die Unternehmensstrategie vorstellen?

Rauchensteiner: Die Bewertung von Chancen und Risiken unter diesem besonderen Blickwinkel eignet sich hervorragend, um in neue oder bestehende Strategieprozesse integriert zu werden. Hier können Ergebnisse mit den Stärken des eigenen Unternehmens abgeglichen werden und so Ansätze liefern, die man weiter vertiefen kann. Ähnlich wie bei der „Digitalisierung“ durchdringt das Thema Nachhaltigkeit alle Unternehmensbereiche. Es sollte daher nicht isoliert betrachtet, sondern ganzheitlich in die Unternehmensstrategie eingebunden werden. 

Bedeutet es, dass Unternehmen, die sich diesen Prozess antun, künftig resilienter sind?

Obermair: Resilienz bedeutet, auf potenzielle Risiken und Herausforderungen in der Zukunft vorbereitet zu sein. Ein diverses Geschäftsmodell erlaubt es Unternehmen, flexibel auf unvorhersehbare Entwicklungen zu reagieren und entsprechende „Fall-backs“ zu haben. Es ist entscheidend, die eigenen Stärken und Fähigkeiten zu berücksichtigen und gleichzeitig die identifizierten Veränderungen in die strategische Planung zu integrieren.  

Die Aufwände für die Einhaltung der Berichtspflichten sollten nicht zur Erfüllung regulatorischer Vorgaben betrieben werden. Vielmehr sollte die Neuausrichtung der Organisation ein Ergebnis dieses Prozesses sein.   

Im Rahmen der Auszeichnung „Best Managed Companies“ zeichnen wir seit Jahren österreichische Unternehmen aus, die hervorragend aufgestellt sind. Häufig zeichnen sich diese Unternehmen durch eine starke Diversifizierung aus, sei es in Bezug auf Produkte, Märkte oder Lieferantenbeziehungen. Diese Unternehmen sind widerstandsfähiger in Krisenzeiten und verfügen über mehr Flexibilität bei der gezielten Ressourcenallokation. Die Erkenntnisse aus einer Wesentlichkeitsanalyse können hier Ansätze liefern, wie ein zukunftsfähiger Schritt in Richtung Diversifizierung aussehen kann. 

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