B2B – der Zombiemarkt

Perspektiven

Energieversorger haben einen «Zombiemarkt» geschaffen

Der Preisdruck im B2B-Geschäft hat dazu geführt, dass kaum ein Unternehmen noch Geld verdient

Mit dem Stromversorgungsgesetz von 2007 können die Endverbraucher mit mindestens 100 MWh Jahresverbrauch pro Verbrauchsstätte (B2B) in den freien Markt übertreten. Anfänglich machten die potentiellen freien Firmenkunden von diesem Wahlrecht wenig Gebrauch, da die Preise der Grundversorgung oftmals tiefer als die Stromgrosshandelsmarktpreise waren. Die fallenden Stromgrosshandelspreise bewirkten anschliessend einerseits, dass viele B2B-Kunden in den freien Markt übertraten und dass andererseits viele Energieversorgungsunternehmen mit einem grossen inländischen Produktionspark bzw. langfristigen Bezugsverträgen aus Frankreich dadurch auf einer teuren Long-Position sassen. Zum Schutz der grundversorgten Kunden galt hierbei die Durchschnittspreismethode, wonach der oftmals überteuerte Strom insbesondere aus eigenen inländischen Kraftwerken nicht vollumfänglich den gefangenen Kunden verkauft werden konnte, sondern «theoretisch» anteilsmässig auch den freien Kunden abgegeben und somit am Grosshandelsmarkt abgesetzt werden musste. Dieses Konzept erfuhr mit der befristeten Regulierung der Grundversorgung vom 1. Januar 2019 bis Ende 2022, wonach die gesamte inländische erneuerbare Produktion der Grundversorgung zugewiesen werden kann, eine markante Veränderung und führt bis heute zu massiven Marktverzerrungen.

Der Preisdruck im B2B-Geschäft hat sich in letzter Zeit massiv verschärft obwohl die grossen ausländischen Energiehäuser am Schweizer Markt (noch) nicht gross in Erscheinung getreten sind. Dieser zerstörerische Preisdruck hat mehrere Gründe:

Die Energiehäuser, die am B2B-Markt teilnehmen, sind auf ein stattliches Portfolio angewiesen: Einerseits können sie durch ein grösseres Einkaufsvolumen bessere Konditionen im ausserbörslichen Markt erhalten und andererseits erhoffen sie sich durch ein grosses Absatzportfolio einen ausgleichenden Effekt beispielsweise beim Prognosefehler, so dass dadurch die Kosten für die Ausgleichsenergie für sie sinken.

Auf Kundenseite sind in den letzten Monaten auch einige Vergleichsportale wie beispielsweise powermarkt.ch, energy-market.ch oder auch myNewEnergy.ch entstanden, die viel Transparenz in den Markt bringen und den Druck auf die Preise erhöhen.

In dieser Preisschlacht im B2B-Markt verfügen viele Energielieferanten nicht über eine transparente Gewinn und Verlust Rechnung zwischen dem B2C- und B2B-Segment, was dazu führt, dass diese Energieversorgungslieferanten aufgrund dieser mangelnden Transparenz im Unklaren sind, bis zu welchem MWh-Preis sie noch einen positiven EBITDA oder sogar eine positive Bruttomarge mit einem Angebot erwirtschaften. Keine klare Aufteilung der Kosten führt auch ungewollt zu einer Quersubventionierung, da beispielsweise die Kapitalkosten für das Hedging bzw. das allokierte Risikokapital für die offenen Positionen nicht eindeutig zugewiesen werden können.

Daneben gibt es stets auch immer neue Energieunternehmen, die in den B2B-Markt eintreten und ihr «Lehrgeld» in Form von ungenau kalkulierten Angeboten bezahlen und damit für weitere Preisverzerrungen sorgen. Oder es handelt sich für ein Energieversorgungsunternehmen um einen strategischen Kunden, den es unbedingt weiterhin beliefern möchte und deshalb zu einem grossen Rabatt gewillt ist. Grosse Produzenten mit einer signifikanten Long-Position sind zudem im Rahmen eines Produktions-Hedges im OTC-Geschäft eher gewillt, dem Kunden mittels Rabatt einen Teil ihrer Long-Position abgeben zu können und dadurch ihr Preisrisiko zu reduzieren. Diese Punkte führen dazu, dass mit den offerierten Angeboten oftmals nicht einmal die Hedgekosten im B2B-Kundensegment eingespielt werden können.

Als Gegenmassnahme setzt die Branche auf Kostensparmassnahmen sowie die Digitalisierung: Sei es beispielsweise durch White-Label Softwarelösungen, wo ein Energieversorgungsunternehmen auf die Profi-IT eines Dienstleisters zurückgreift und dabei seinen Brand bzw. sein Logo verwenden kann. Ebenfalls beliebt ist die Beauftragung von Service Centers für gewisse Dienstleistungen wie beispielsweise die Multisite-Abrechnung. All diese Massnahmen sind jedoch lediglich Symptombekämpfungen!

Es fehlt eine klare Kostensicht mit einer buchhalterischen Trennung zwischen dem B2C- und B2B-Geschäft, um eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu haben. Es ist jedoch nicht nur die fehlende Profittransparenz zwischen den beiden Geschäftssegmenten B2C und B2B sondern auch die fehlende Transparenz auf die Kapitalkosten, wo oftmals mit Annahmen gearbeitet wird.

Gehen wir beispielsweise von einer jährlichen Lieferung von 20 GWh zu 40 CHF/MWh aus. Basierend auf unseren Analysen, liegt das Verhältnis zwischen Umsatz und Eigenkapital bei börsenkodierten B2B-Stromhändlern grob zwischen 30% bis 40%. Um somit eine angemessene Eigenkapitalrendite von rund 7% zu erhalten, wird aus diesem Geschäft ein EBITDA von ca. 20'000 CHF benötigt. Solche Renditeziele werden nur ganz selten erreicht. Bedingt durch die oftmals lange Dauer von B2B-Stromlieferverträgen - von durchschnittlich ein bis zwei Jahren – im Vergleich zum Handel von anderen Commodities, müssten die Eigenkapitalquote bzw. das Gewinnziel im B2B-Stromsegment deutlich höher sein.

Was wird die Situation ändern und die B2B-Margen wieder auf ein gesundes Niveau bringen? Aus unserer Sicht wird es ein erhöhtes Kostenbewusstsein erfordern, welches durch (i) eine vollständige Marktöffnung, (ii) einen regulatorischen Eingriff (buchhalterische Trennung zwischen B2B- und B2C-Geschäft) oder (iii) einen erhöhten Wunsch nach Kostentransparenz insbesondere durch den jeweiligen Verwaltungsrat erfolgen kann.

Überprüfen Sie jetzt ihre Strategie im B2B um nicht weiter Geld zu verlieren.

Nehmen Sie Kontakt mit uns auf – wir gehen gern in einem Gespräch auf Ihre spezielle Situation ein und erarbeiten mit Ihnen basierend auf unserem reichhaltigen Erfahrungsschatz mögliche Vorgehensweisen.

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