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Klare Aussagen zu CO2-Ausstoss, Arbeitsbedingungen und verantwortungsvoller Unternehmensführung

Prüfunternehmen sind dazu prädestiniert, nicht nur Finanzzahlen unter die Lupe zu nehmen, sondern auch die Leistungen von Organisationen im Klimaschutz, bei den Arbeitsbedingungen und bei Fragen der Corporate Governance kritisch zu hinterfragen. Marcel Meyer, Leiter Sustainability Services Deloitte Schweiz über einen sich rasch entwickelnden Markt mit kontinuierlich sich vereinheitlichenden Kriterien.

Dieser Text basiert auf einem Interview mit der Zeitung Le Temps vom Dezember 2021.

Wie entwickelt sich das Geschäft rund um die Prüfung und Testierung von Nachhaltigkeitskennzahlen von Unternehmen?

Der Markt wächst rasch: Die Notwendigkeit einer genauen, vergleichbaren und soliden Berichterstattung über Leistungen für Umwelt und Gesellschaft sowie zur verantwortungsvollen Unternehmensführung ist zurzeit wichtiger denn je. Die von Wirtschaftsprüfern zu prüfenden Inhalte haben seit Mitte des letzten Jahrhunderts regelmässige Ergänzungen und Präzisierungen erfahren, aus meiner Sicht ist die wachsende Transparenz rund um die Nachhaltigkeit die seither umfassendste und bedeutendste Veränderung.

Als eine erfahrene und unabhängige Wirtschaftsprüferin ist Deloitte Schweiz gut positioniert, um die Kundschaft bei dieser ESG-Berichterstattung zu unterstützen und dabei Prüfungsleistungen zu erbringen, die zu qualitativ hochwertigen, relevanten und zuverlässigen nichtfinanziellen Angaben führen. Wir helfen Organisationen und ihren Stakeholdern dabei, dass die von ihnen offengelegten nichtfinanziellen Elemente korrekt sind und sie damit Vertrauen schaffen können.

Deloitte unterstützt nicht nur Organisationen beim Übergang zu einer nachhaltigeren Zukunft. Wir leisten auch über Verbände und Organisationen einen aktiven Beitrag, um die notwendigen Rahmenbedingungen zu gestalten und die Standards zu entwickeln, die Unternehmen einhalten müssen. Zu den Organisationen gehören auch das neue International Sustainability Standards Board (ISSB) und die Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) der G20-Staatengruppe. Expertinnen und Experten von Deloitte Schweiz stellen ausserdem gemeinsam mit EXPERTsuisse, economiesuisse und SwissHoldings den Behörden ihr Wissen und ihre Erfahrung zur Verfügung und evaluieren deren Vorschläge zur Umsetzung des Gegenvorschlags zur Konzernverantwortungsinitiative.

Wir helfen Organisationen und ihren Stakeholdern dabei, dass die von ihnen offengelegten nichtfinanziellen Elemente korrekt sind und sie damit Vertrauen schaffen können.

Marcel Meyer, Leiter Nachhaltigkeitsdienstleistungen Deloitte Schweiz

Erfordert dieses sich rasch entwickelnde Geschäft Investitionen in neue Fähigkeiten bei den Mitarbeitenden? Braucht es zusätzliche Schulungen für die Expertinnen und Experten?

Deloitte hat weltweit einen Plan ausgearbeitet, wie die Mitarbeitenden im Audit & Assurance zu ESG-Prüferinnen und -Prüfern werden. Intern beginnt dies mit Befähigung und Schulung. Wir haben bereits etliche massgeschneiderte E-Learnings im Angebot und viele weitere werden folgen. Es ist uns sehr wichtig, dass unser Mitarbeitenden immer nahe an den Entwicklungen am Markt sind.

Weiterbildung zu Nachhaltigkeit ist aber für alle Mitarbeitenden von Deloitte ein Thema, wir sind ebenfalls sehr stark im Consulting und behalten dabei das Querschnittthema Nachhaltigkeit immer auch im Blickfeld.: So haben wir im August 2021 ein neues Schulungsprogramm für alle unsere 345’000 Mitarbeitende weltweit eingeführt, das in Zusammenarbeit mit dem World Wildlife Fund WWF entwickelt wurde.

Der Grundgedanke hinter der Ausbildungsoffensive ist klar: Um den Klimawandel zu bekämpfen, müssen wir ihn zunächst verstehen. Das Programm mit dem WWF ist das erste seiner Art in einem grossen globalen Unternehmen und zielt darauf ab, die Mitarbeitenden von Deloitte über die Auswirkungen des Klimawandels zu informieren, sie herauszufordern in ihrer Denkweise und auch zu inspirieren. Es soll sie ausserdem in die Lage versetzen, ihre Kundinnen Kunden selbstbewusst zu beraten und auch einen eigenen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels zu leisten.

Aber es geht uns gleichzeitig natürlich auch um unsere Kundschaft und ein besseres Verständnis für ihre Herausforderungen. Deshalb arbeiten wir mit ihnen zusammen, insbesondere mit den Geschäftsleitungen und den Verantwortlichen für die Unternehmensführung und -entwicklung, um zu verstehen, wie sie die Auswirkungen auf ihr Unternehmen und ihre Branche sowie die damit verbundenen Risiken und Chancen einschätzen. Sobald wir vollständig verstehen, in welchem Ausmass eine bestimmte Organisation vom Klimawandel betroffen ist, können wir Prüfungsstrategien entwickeln und entscheiden, welche Prüfungsverfahren erforderlich sind, um die identifizierten Risiken anzugehen.

Wie unterscheidet sich dieses neue Geschäft rund um ESG von der Ihrer traditionellen Wirtschaftsprüfung?

Die wachsende Nachfrage der Öffentlichkeit und von Investorinnen und Investoren nach ESG-Rechenschaftspflichten zwingt Organisationen dazu, Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen sowie den entsprechenden Offenlegungspflichten mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Diese wachsende Nachfrage nach Transparenz beinhaltet auch die Erwartung, dass die nichtfinanziellen Angaben eines Unternehmens qualitativ und quantitativ genauso hochwertig, relevant und zuverlässig sind wie die Finanzberichterstattung und auch mit diesen Zahlen konsistent sind. Hierbei kommt den Wirtschaftsprüfern eine Schlüsselrolle zu. Denn ohne ordnungsgemässe Offenlegung können die Märkte die Risiken nicht bewerten und die Stakeholder keine fundierten Entscheidungen treffen.

Die Rolle der Wirtschaftsprüfung verändert sich immer mehr dahin, dass sie auch die Auswirkungen von ESG-Entscheiden bewerten muss. Dies beinhaltet mehr vorausschauende Annahmen als dies heute bei Prüfungen der Fall ist. ESG-Prüferinnen und -Prüfer müssen auch ein gründliches Verständnis der ESG-Vorschriften und -Entwicklungen haben, um die inhärenten Risiken, denen Unternehmen ausgesetzt sein können, beurteilen zu können.

Viele Firmen veröffentlichen schon seit Jahren einen Nachhaltigkeitsbericht, der die Leistung und Zielsetzung von Firmen bezüglich Umwelt, Gesellschaft und den Mitarbeitenden aufzeigt. Bald wird dieser sogar ein notwendiger Bestandteil der allgemeinen Berichterstattung von grösseren Unternehmen: Der indirekte Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative und auch die im Frühling erwartete Ausführungsverordnung sehen vor, dass ab dem Geschäftsjahr 2023 das oberste Organ einer Organisation die Nichtfinanzielle Berichterstattung genehmigen muss.

Deloitte hat weltweit einen Plan ausgearbeitet, wie die Mitarbeitenden im Audit & Assurance zu ESG-Prüferinnen und -Prüfern werden.

Marcel Meyer, Leiter Nachhaltigkeitsdienstleistungen Deloitte Schweiz

Zeichnet sich bereit ein allgemein gültiger Rahmen ab für ein ESG Accounting?

Grundsätzlich gilt: Man kann nicht managen, was man nicht messen kann. In diesem Zusammenhang hat Deloitte zusammen mit dem Weltwirtschaftsforum (WEF) und den anderen Big4-Unternehmen eine Reihe von universellen ESG-Angaben veröffentlicht, darunter 21 Kernkennzahlen und 34 erweiterte Kennzahlen, über die Unternehmen unabhängig von ihrer Branche oder Region berichten können. Dieses gemeinsame Set von Kennzahlen für die Bereiche Unternehmensführung, Umwelt , Menschen und Finanzen – ist eine Basis für ein einheitliches und umfassendes globales System der Unternehmensberichterstattung.

Das neu gegründete International Sustainability Standards Board (ISSB) der International Financial Reporting Standards Foundation (IFRSF) wird darüber hinaus die Grundlagen für einen Klimaberichterstattungsstandard erarbeiten. Er wird ein wesentlicher Bestandteil des notwendigen Systemwechsels sein, um eine Basis von Nachhaltigkeitsinformationen zu schaffen, die den Bedürfnissen der globalen Kapitalmärkte entsprechen. Die weltweite Übernahme der ISSB-Standards ist notwendig, um eine echte Harmonisierung zu erreichen und die Vielfalt der freiwilligen Standards und Rahmenwerke durch einen robusten Satz von grünen Rechnungslegungsstandards zu ersetzen.

Auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft wird ein einheitlicher Standard dazu beitragen, dass individuellen Bemühungen und Ambitionen von Unternehmen und Organisationen in kollektive, messbare Massnahmen umgesetzt werden.

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