Corona-Krise beschleunigt die Verbreitung von Home-Office

Perspektiven

Corona-Krise beschleunigt die Verbreitung von Home-Office

Der Anteil der Schweizer Beschäftigten, die von zu Hause arbeiten, ist seit der Corona-Krise von 25% auf 50% gestiegen und hat sich damit verdoppelt. Die Pandemie dürfte dem Home-Office aber auch nach der Krise zu einem permanenten Aufschwung verhelfen. Für eine überwältigende Mehrzahl der Befragten, die derzeit von zu Hause arbeiten, hat die Arbeitsproduktivität dadurch nicht abgenommen. Trotzdem bleiben viele Hürden und Hindernisse bestehen, und Unternehmen müssen Massnahmen ergreifen, um ihre Mitarbeitenden ausreichend zu unterstützen.

Infolge der Coronavirus-Krise und der darauffolgenden Stilllegungsmassnahmen, die von der Schweizer Regierung im März 2020 eingeführt wurden, arbeiten derzeit Tausende Schweizer von zu Hause. In einer repräsentativen Umfrage befragte Deloitte Schweiz 1'500 Personen im ganzen Land zu den Auswirkungen dieser plötzlichen Veränderung der Arbeitssituation.

Verstärkter Trend zum Home-Office

Klar ist: Der Trend zum Home-Office hat bereits vor dem Ausbruch der Pandemie eingesetzt, da immer mehr Unternehmen flexible Arbeitsplatzmodelle eingeführt haben. Daten des Bundesamtes für Statistik zeigen, dass die Zahl der Beschäftigten, die mindestens einen halben Tag pro Woche im Home-Office arbeiteten, bereits zwischen 2013 und 2018 von 18% auf 24% anstieg. Durch die aktuelle Corona-Krise dürfte diese Kurve einen noch steileren Verlauf nach oben nehmen. Gemäss Umfrage von Deloitte arbeiten derzeit etwa 50% der Beschäftigten von zu Hause – noch kurz vor der Corona-Krise betrug dieser Wert 25%. Obwohl viele dieser Personen früher oder später wieder in ihre Büros zurückkehren werden, dürfte der Home-Office-Anteil nicht auf das Vorkrisen-Niveau zurückfallen. Im Gegenteil: 34% der Befragten gaben an, dass sie auch nach der Corona-Krise weiterhin von zu Hause aus arbeiten werden.

Anteil der Schweizer Beschäftigten, die von zu Hause arbeiten (mindestens einen halben Tag pro Woche)

Dieser Anstieg wird erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmen haben und viele von ihnen dazu bewegen, flexiblere Arbeitsmodelle einzuführen oder auszubauen. Man kann die gegenwärtige Krise auch als Experiment im grossen Stil sehen: Es zeigt sich jetzt, was im Home-Office funktioniert und was nicht. Insgesamt hat dieser beschleunigte Trend zu flexibleren Arbeitsplatzmodellen positive Auswirkungen auf die Gesellschaft, weil die Beschäftigten ortsunabhängiger werden und ihr Zeitmanagement selbst in die Hand nehmen können. Zusätzlich wird die Strassen- und Schieneninfrastruktur einer geringeren Belastung ausgesetzt.

Keine negativen Auswirkungen auf die Produktivität

Ein grosser Vorteil für die Beschäftigten ist zweifelsohne auch die ruhigere Umgebung. Viele Beschäftigten können in den eigenen vier Wänden konzentrierter und damit auch produktiver arbeiten als im Büro, wo sie in grossen Räumen neben ihren Arbeitskollegen sitzen müssen. Das zeigt auch die Deloitte-Umfrage: Über 70% der Befragten gaben an, zu Hause effizienter oder genauso effizient arbeiten zu können wie im Büro. Nur 25% der Befragten sahen ihre Produktivität durch das Home-Office gefährdet. Die meisten Befragten wissen flexible Arbeitsplatzmodelle also durchaus zu schätzen, weil sie das Gefühl haben, ausserhalb des Büros produktiver zu sein. Das kann auch positive Auswirkungen auch die Mitarbeiterzufriedenheit haben.

Home-Office und Produktivität

Herausforderungen für Beschäftigte

Trotz positiver Auswirkungen auf die Produktivität und Zufriedenheit der Beschäftigten ist das Arbeiten von Zuhause auch mit Herausforderungen verbunden. Gemäss unserer Umfrage bezeichneten fast die Hälfte der Befragten die fehlende persönliche Interaktion mit Kollegen und Kunden als einen der grössten Nachteile des Home-Office. 20% sehen sogar ihr mentales Wohlbefinden gefährdet, fühlen sie sich im Home-Office doch oft isoliert. Etwa ein Drittel betrachtet die Ablenkung durch Kinder oder Familienangehörige als eine der grössten Herausforderungen und 16% haben zu Hause keinen eigenen Arbeitsbereich, sodass sie besonders anfällig für Störungen und Ablenkungen durch Familienmitglieder oder Mitbewohner sind.

Diese Ergebnisse müssen im Kontext der gegenwärtigen Pandemiekrise interpretiert werden. Viele Menschen befinden sich in einer Extremsituation, in der sie Arbeitsraum improvisieren und gleichzeitig Kinder betreuen müssen. Die Umfrage zeigt deutlich: Befragte, die ihre Kinder betreuen müssen und dadurch abgelenkt werden, sind tendenziell viel weniger produktiv im Home-Office. Die von den Beschäftigten wahrgenommene Produktivitätssteigerung dürfte deshalb nach der Öffnung der Schulen noch deutlicher ausfallen. Eine Situation wie die jetzige dürfte wohl kaum zur Norm für Menschen mit Kindern werden. Einige der heutigen Herausforderungen können jedoch als praktische Lektionen dienen, wenn in Zukunft über die Umsetzung flexibler Arbeitsplatzmodelle nachgedacht werden soll und entschieden werden muss

Was Unternehmen berücksichtigen sollten

Neben den Beschäftigten sind natürlich auch die Unternehmen gefordert. Um sicherzustellen, dass die Mitarbeitenden nach der Corona-Krise produktiv von Zuhause aus arbeiten können, gilt es, einige wichtige Punkte zu berücksichtigen.

Unternehmen, die bereits Home-Office eingesetzt und ihre Mitarbeitenden mit den dazu notwendigen virtuellen Ressourcen und Technologien ausgerüstet haben, sind hier klar im Vorteil und können rasch und flexibel auf neue Situationen reagieren. Für Unternehmen ist es deshalb entscheidend, aktiv zu werden und ihre Technologielücken zu schliessen, indem sie etwa technische Geräte sowie unternehmensweit standardisierte digitale Tools und Plattformen für virtuelle Zusammenarbeit einführen.

Technologie ist jedoch nicht der einzige Aspekt, den es beim Home-Office zu berücksichtigen gilt. Genauso wichtig sind die «menschlichen» Aspekte. Dazu gehören Koordination, Zusammenarbeit und Teamführung – Unternehmen und ihre Mitarbeitenden müssen beispielsweise Mittel und Wege finden, wie Teammeetings produktiv durchgeführt und wie effiziente Teamarbeiten gewährleistet werden können.

Gefordert sind auch die Führungskräfte. Sie müssen sicherstellen, dass ihre Teams im Home-Office den Sinn ihrer Arbeit sowohl auf individueller Ebene als auch auf Teamebene verstehen. Selbst in disruptiven Zeiten sollten sich Vorgesetzte regelmässig mit ihren Teams austauschen und neue Arbeitsrhythmen einführen, damit das gesamte Team seine bestmögliche Leistung erzielen kann. Vorgesetzte müssen erkennen, dass es unterschiedliche Bedürfnisse gibt und jedes Teammitglied anders ist. Es ist deshalb wichtig, auf die Bedürfnisse der Einzelnen zu hören und zu verstehen, dass deren Leistung stark davon abhängen kann, wie gut sich die betreffende Person auf die neue Situation einstellt. Um den Teamgeist auch in einer virtuellen Umgebung am Leben zu erhalten, sollten Führungskräfte Wege finden, um gute Arbeit anzuerkennen und zu belohnen. Und schliesslich muss die Geschäftsleitung selbst mit gutem Vorbild vorangehen: Es gilt, die Vorbildfunktion wahrzunehmen und den Mitarbeitenden den Weg in eine gesündere und nachhaltigere Arbeitsumgebung aufzuzeigen. Nur so kann das Home-Office seinen maximalen Nutzen entfalten.

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